Maglor
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Du hast da schon richtig gelesen, dass ich die Sklaverei in Westafrika bagetellisiere. Die große Grausamkeit des transatlantischen Sklavenhandels liegt vor allem in der Überfahrt über den Atlantik in beeengten Frachtenr. Selbst die üblichen Brandzeichen der Sklaven wurden erst in den Sklavenforts der Europäer in die Haut der Sklaven gebrannt. Das, was in den westafrikanischen Königreichen mit den Sklaven getan wurde, ist natürlich auch grausam, steht aber in keinem Verhältnis zu allem, was den Sklaven danach angetan wurde. Unfreiheit war allgegenwertig in der damaligen Welt. Die Leibeigenen in Europa oder bei den Kontrakthörigen im angloamerikanischen Raum wurden immerhin wie Menschen behandelt, während die afrikanischen Sklaven während der Überfahrt und in den Plantagen schlicht wie Tiere behandelt wurden. Es geht los mit den Brandzeichnen, dann die nackte Verschiffung in Frachträumen, die Versteigerung, das Verfüttern von Mais in Trögen, die Peitsche usw. All das war bei der Sklaverei in der Neuen Welt die Regel, bei Leibeigenen und Kontrakthörigen jedoch nicht.beim lesen des unterstrichenen Satzes hatte ich den Eindruck, dass die schon vor der Einmischung durch die Portugiesen offenbar vorhandene - quasi "traditionelle"? - Sklaverei gleichsam wie eine etwas rustikale Folklore verharmlost dargestellt ist - ich nehme an, dass das nicht deine Intention war.
Als die Holländer den kühnen Einfall hatten für ihr Kolonialreich in Indonesien eine schwarze Kolonialarmee (Belenda Hitam) bei den Aschanti zu bestellen, hat das Aschanti-Königreich auch nur geliefert. Angeblich wurden die Aschanti nicht als Sklaven rekrutiert. Ein großer Teil der späteren Söldner lebte vorher aber als "Sklaven" im Aschanti-Reich. Die Holländer haben jene ehemaligen Sklaven der Aschanti jedoch nicht zu willenlosen Plantagensklaven gebrochen, sondern zu Soldaten gedrillt. Das ist natürlich auch eine Art von Menschenhandel gewesen, nur hat man diese Aschanti eben wie Fremdlegione behandelt, was immerhin schon deutlich besser ist, als das Leben der Plantagensklaven. (Diese Soldaten dürfen z.B. Schuhe tragen und müssen kein Maisschrot aus dem Trog essen. Peitschenhiebe gab es dann auch nur, wenn man was angestellt hatte und nicht einfach so damit man schnelller arbeitet. Verglichen mit den Leben ihrer Stammesbrüdern auf den Plantagen Amerikas, hatte die Aschanti-Söldner auf Java tatsächlich ein vergleichsweise gutes Leben.)
Wie die Sklaverei in Westafrika vor Ankunft der Sklavenhändler aussah, bleibt Spekulation.
Ich muss gestehen, dass ich hier schon wieder beim Spekulieren erwischt wurde. Wie die Sklaverei in Westafrika vor Ankunft der Portugiesen und der anderen Europäer aussah, ist weitgehnd unbekannt bzw. dazu müsste ich erstmal richtig Recherche betreiben.
Klar ist jedoch, dass die Ankunft der Sklavenhändler Westafrika verändert und die Kolonialmächte die Strukturen in Westafrika direkt und indirekt mitgestaltet haben. Das Königreich Kongo wurde von den Portugiesen in den Ruin getrieben, weil die Könige den Sklavenhandel verbieten wollten. Das die Könige des Kongo katholisch waren, hat die Portugiesen jetzt nicht davon abgehalten gegen sie zu intervenieren. Das Königreich Benin hingegen hat immer brav Sklaven geliefert und konnte fast 500 Jahre vom Sklavenhandel "profitieren". Dass es sich bei König von Benin um eine Art Vodoo-Theokraten handelte, der regelmäßig Menschenopfer vollziehen ließ, stand dem Geschäft nie im Wege.
Dass die Region keinen Zugang zum Welthandel hatte und weitgehend isoliert war, ist jedoch gewiss. Es gab keinen Handel. Zu den wenigen frühen Nachrichten gehört die Pilgerfahrt des König von Mali nach Mekka im späten Mittelalter. König Mansa Musa führte große Mengen Gold mit sich, das er unterwegs ausgab oder verschenkte. Die riesige Goldmenge, die er in Ägypten unters Volk streute, führte dort zu einer Inflation. Zuvor war diese große Menge Gold tatsächlich in Mali gehortet worden. Mali fand über den Transahara-Handel wirtschaftlichen Zugang zu den Märkten Nordafrikas und lieferte bald auch Sklaven nach Nordafrika. Zugang zum europäischen Markt erreichten sie aber nicht bzw. erst durch die europäische Eroberung im 19. Jahrhundert.
Auch Elfenbein wurde in West- und Zentralafrika lange Zeit nur gehortet. Als die Portugiesen den Handel mit Elfenbein begannen, wurde der europäischen Markt mit billigen Elfenbein überschwemmt, sodass sich die Jagd auf Walrosse zur Elfenbeinproduktion kaum noch lohnte. Dies führte unter anderem zur Aufgabe der nordischen Siedlungen auf Grönland, die sich vor allem durch den Handel mit Walrosselfenbein finanzierten.
So ähnlich wie beim Gold und beim Elfenbein wird es auch bei den Sklaven gewesen sein. Der Unterschied ist natürlich, dass man Menschen nicht so einfach horten kann wie Gold oder Elfenbein, sondern auch ernähren muss. Ständige Sklavenjagden ergeben jedenfalls keinen Sinn, wenn es keine Abnehmer für Sklaven gibt.
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