Verzeihung, aber das sind dann doch sehr beliebig
Ich möchte die Zeit mal nutzen, ein "Randthema" zu besprechen. Meine Überschrift, geht ja schon darauf ein!
Das Jahr 1923, war ja in vielerlei Hinsicht ein Schicksalsjahr für die Deutschen und in Verbindung mit anderen Faktoren (leider) auch für die Welt.
Inwiefern kann man hier von einem "Schicksalsjahr" sprechen? Ich denke, wenn überhaupt könnte man diesen Begriff nur sinnvoll in den Mund nehmen, wenn hier tatsächlich irgendwas wegweisendes entschieden worden wäre. Was sollte das aber sein?
Daraus das Hitler das Jahr überlebt hat, resultierte ja bei weitem nicht automatisch die NS-Herrschaft oder alles, was darüber hinaus ging.
Der 2WK wäre der Welt und auch den Deutschen erspart geblieben, hätte der Herr Adolf Hitler, dass Jahr 1923 nicht überlebt.
Es wissen vielleicht nicht alle, aber die Möglichkeit, gab es damals. Es verhält sich nämlich so, dass der besagte Herr Hitler sich 1923 in mehr als einer Hinsicht gewaltig verschätzt hat. Sein Umsturz, welchen der Herr und seine Helfer seinerzeit im Bürgerbräukeller gestartet haben, blieb nämlich stecken.
Unter anderem deswegen weil, die Leute in Bayern und ganz Deutschland, damals die Schnauze voll hatten von Revolte und Randale.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hitlerputsch
Und woher kommt die Idee, dass ohne Hitler kein Weltkrieg? Die, wenn nötig auch gewaltsame Revision der Grenzen im Osten, war doch bei der gesamten nationalistischen Rechten genau so auf dem Wunschzettel, wie bei Gelegenheit ein Revnachekrieg gegen Frankreich.
Vor dem Hintergrund des amerikanischen Rückzugs aus Europa und der generellen britischen Bereitschaft zur Revision des Versailler Vertrags war die Wiederaufrüstung Deutschlands auch nur eine Frage der Zeit. Entweder wäre Frankreich irgendwann in eine schwerere Krise geschlittert und hätte es deswegen zähneknirschend akzeptieren müssen, wie das faktisch passierte oder aber es wäre mit der Zeit nötig geworden diese Bestimmungen schon deswegen zu liquidieren, weil die Entwicklung in der Sowjetunion ja auch weiter ging und man irgendwann einfach ein Gegengewicht dazu brauchte, was ja in den britischen Konzeptionen ja durchaus schon eine Rolle spielte.
Krieg in Europa wäre auch ohne Hitler möglich gewesen. Der Einfluss Hitlers auf den Krieg in Asien war ohnehin begrenzt.
Eine andere hypothetische Frage ist, wie es in Europa mit der Sowjetunion weitergegangen wäre. Ohne hier irgendwelche längst erledigten Präventivkriegsszenarien aufmachen zu wollen, aber Deutschland war ja durchaus nicht die einzige größere Macht in Europa mit Revisionswünschen.
Und die Tatsache, dass die Sowjetunion anno 1941 nun eigentlich nicht zum Krieg bereit war, sagt und herzliche wenig darüber aus, ob dieser Zustand etwa im Jahr 1946 oder im Jahr 1951 auch noch angehalten hätte oder ob da vielleicht noch von anderer Seite Krieg auf den europäischen Kontinent getragen worden wäre.
Hier sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die oft gescholtene bayerische Landespolizei, damals gute Arbeit geleistet hat.
Hat sie das? Ich würde mal behaupten, der Hitler-Putsch fiel doch nicht aus heuterem Himmel. Die Vorbereitungen für diesen Putsch, auch diejenigen der Möchtegernputschisten Kahr-Seißer-Lossow, fanden doch direkt unter den Augen der bayrischen Landespolizei statt, bzw. durch die Person Seißers war die bayrische Landespolizei, oder mindestens Teile davon ja Mehr oder minder direkt in die Umsturzpläne v. Kahrs involviert.
Ich würde mal behaupten, gute Arbeit hätte anders ausgehsenen, nämlich dergestalt, dass man schon im Vorfeld gegen Kahr-Seißer-Lossow vorgegangen wäre und Schritte unternommen hätte die Bildung paramilitärischer Gruppen in diesem Sinne zu unterbinden.
Die SA konnte ja in diesem Sinne auch nur mit der stillschweigenden Duldung von Landespolizei und den in Bayern stehenden Reichswehrformationen aufgebaut und betrieben werden.
Etliche der Möchtegernputschisten erhielten als Lohn für ihre Mühen, eine Karabinerkugel. Was kein Verlust war. Auch der Herr Hitler bekam ja seinen Teil ab. Allerdings nicht so, dass es "gereicht hätte". Um es mal offen zusagen.
Neben der Tatsache, dass Hitler dabei hätte sterben können, ist noch ein weiterer Aspekt zu beachten! Adolf Hitler, mag damals der beste Redner der NSDAP gewesen sein aber er war bei weitem nicht der Einzige. Es gab auch noch andere und die wiederum, machten sie auch Hoffnungen auf eine Führungsposition, innerhalb der Partei! Hitler war seinerzeit alles andere als unumstritten, in Deutschland und auch in seiner Partei.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gregor_Strasser
Es wird ja heute allgemein die Meinung vertreten, dass ohne das Talent Hitlers, die Leute zu begeistern, die NSDAP, niemals den Erfolg gehabt hätte, den sie später hatte. Vielmehr geht man davon aus, dass sie bald zerbrochen wäre. Nun würde mich mal eure Meinung zu dem Thema interessieren.
Woher sollen wir nun wissen, ob sich im Falle einer Verhinderung Hitlers irgendwo her ein Hitler-Ersatz gefunden hätte oder nicht?
Ich möchte mich da @ELQ anschließen, ob es diese Ausprägung bei der Judenrepression und den Holocaust gegeben hätte, ohne die Person Hitlers, weil das schon sehr spezifische Dinge sind, dass kann man sicher in Frage stellen.
Aber warum hätte eine NSDAP ohne die Person Hitler nicht erfolgreich sein können sollen? Man sollte nicht vergessen, der Mann hatte über weite Stecken der 1920er Jahre ein nahezu reichsweites Redeverbot und der größte Schub der Zustimmungssteigerung der NSDAP geht erkennbar auf das Konto der Weltwirtschaftskrise.
Dann hätten Hitler und die NSDAP ja bereits deutlich vor Hitlers faktischem Regierungsantritt die Möglichkeit gehabt, sich an einer Regierung der "nationalen Konzentration" im Sinne Hindenburgs zu beteiligen, wo Hitler sich mit seinen Ansprüchen letztendlich als Hindernis erwies.
Selbst wenn ohne einen Hitler die Stimmanteile der NSDAP etwas niedriger ausgefallen wären, dann wäre bei kompromissbereiteren politischen Anführern eine Konstellation mit der DNVP und dem Zentrum durchaus möglich gewesen.
Das hätte eine Reichsregierung bedeutet, die zu 2/3 als Rechtsextremisten bestanden hätte und mit den Regierungshebeln in der Hand oder wenigstens mit der Möglichkeit diese direkt zu blockieren, hätte eine solche auch gute Chancen auf einen Umsturz gehabt.
Vielleicht hätte es dann den Putsch 1923 so nicht gegeben oder die eine oder andere Aktion die sich damals mit den Namen A.H. verbannt, aber am Lauf der Geschichte unter Führung der NSDAP hätte sich wohl wenig geändert.
Sagen wir es mal so:
Mit einem anderen hätte dieser Putsch möglicherweise größere Erfolgsaussichten gehabt, weil ein Anderer möglicherweise für Kahr-Seißer-Lossow ein akzeptablerer Bündnispartner gewesen wäre und sich vielleicht auch noch ganz andere Teile der Bevölkerung und der Polizeikräfte der Sache angeschlossen hätten, wenn nicht einer wie Hitler auf die Idee gekommen wäre die drei Herren als Geiseln zu nehmen.
Hinter Lossow standen weitgehend die in Bayern stationierten Verbände der Reichswehr, hinter Seißer teile der Bayrischen Polizei und Kahr hatte wenigstens im konsservativ-nationalen Spektrum eine gewisse Basis hinter sich und in Bayern die Regierungshebel in der Hand.
Die Sache war von dem her eigentlich nicht so schlecht vorbereitet und hätte, vernünftig orchestriert, zumal, wenn man die Nazis noch hätte einbinden können, vermutlich, vorausgesetzt die Rechswehr hätte sich einmal mehr für neutral erklärt, ähnlich gute oder bessere Chancen gehabt, als weiland Kapp-Lüttwitz.
Der Weg nach Berlin wäre zwar ein längerer gewesen, aber in Sachen Kräfte und Unterstützung wäre das dann schon etwas mehr gewesen, als die hastig aufgetrommelte "Brigade Ehrhard" und mit einem Ludendorff an der Spitze, den man dieses mal offener hätte präsentieren können, als noch 1920, wo ja Auslieferung und Aburteilung der Kriegsverbrecher des 1. Weltkriegs noch ein relativ heißes Eisen waren, hätte man auch nochmal ne ganz andere Galeonsfigur gehabt, als einen Kapp.
Auf einer solchen, deutlich konservativeren Basis, wenn man Bayern schon hatte, konnte man sich sicherlich auch Hoffnungen darauf machen jedenfalls im Osten Anklang zu finden.
Und dann sollte man auch nicht vergessen, dass zeitlich dieser Umsturzversuch mit der Hyperinflation und der Ruhrbesetzung zusammen fielen, was ja nun für einiges Chaos sorgte.
Außerdem waren gereade die Reichsexekutionen gegen Sachsen und Thüringen angelaufen, und damit die Zerschlagung von Regierungen unter Einbeziehung der KPD auf Geheiß von Reichspräsident Ebert angeordnet.
Das hätte natürlich die Bildung einer geschlossenen Volksfront gegen einen solchen Putsch unter Einbeziehung auch der KPD deutlich erschwert.
Das Ding hätte möglicherweise sogar ganz gute Erfolgsaussichten gehabt, wenn sich die Putschisten nicht gegenseitig zerfleischt hätten. Das sie sich gegenseitig zerfleischten war zu einem nicht geringen Teil das Verdienst Hitlers.
Jemand der da umsichtiger und kooperationsbereiter gegenüber Kahr-Seißer-Lossow gewesen wäre, wäre möglicherweise bereits 1923 zur Macht oder jedenfalls zur Beteiligung daran gekommen.