- Wronki ist vor dem Krieg eine polnische Stadt gewesen.
- Im Krieg gehörte Wronki zum Warthegau und wurde als Teil desselben dem deutschen Reich einverleibt.
- In diesem Zusammenhang wurde der Stadtname zunächst zu Wronke eingedeutscht, dann durch Warthestadt ersetzt
- Nach dem Krieg gehörte Wronki natürlich wieder zu Polen, ...
Dass die Zuschlagung des Warthegaus zum deutschen Reich ein Willkürakt nach dem Recht des Stärkeren war, steht dabei ja außer Frage.
Liege ich falsch?
Falsch liegst Du nicht ganz.
Gemäß
http://www.gross-wartenberg.de/vob/vob.pdf (Verordnungsblatt des Reichsstatthalters im Warthegau vom 18. Mai 1943 auf S. 105 Kreis Samter Nr. 24) war der ehemalige polnische Name Wronki, der deutsche Name von 1939 Wronke und zukünftig ebenso Wronke. Also Warthestadt taucht nicht auf.
1. Nach ganz herrschender Auffassung war die Annexion polnischen Staatsgebietes "durante bello"
völkerrechtswidrig.
Dörr, Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession, S. 345.
BGH, 18.03.1959 - IV ZR 263/58:
"Die militärische Besetzung Polens begründete nur eine vorläufige Herrschaft* über den besetzten Gebietsteil. Das besetzte Gebiet bleibt Staatsgebiet des besetzten Staates, dessen Souveränität wird nicht ausgelöscht, und die Staatsangehörigkeit der Bewohner des besetzten Gebietes bleibt unberührt. Alle Maßnahmen der Besatzungsmacht, die darauf zielen, diesen Rechtszustand** zu ändern, sind völkerrechtswidrig und rechtsunwirksam. Dieser Rechtszustand ändert sich keinesfalls, solange der Krieg noch nicht beendet ist und von den Verbündeten des besetzten Landes weitergeführt wird, so daß damit die Möglichkeit gegeben ist, daß das besetzte Land wieder frei wird. Der Ansicht des Reichsgerichts (RGZ 167, 247, 272), daß der polnische Staat untergegangen sei und die früheren polnischen Staatsangehörigen die polnische Staatsangehörigkeit mit dem Inkrafttreten des Erlasses über Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 12. Oktober 1939 (RGBl. I, 2077) verloren hätten, kann nicht gefolgt werden. "
* völkerrechtlich hätte nur eine Militärverwaltung und diese nur in militärischen Fragen installiert werden können, siehe dazu 2.
** und alle anderen zivilen Rechtszustände (im Urteil nicht relevant und nicht behandelt), die die Souveränität Polens berührt hätten.
2. Nach ebenfalls herrschender Auffassung war weiterhin die deutsche
Zivilverwaltung in Polen während des Krieges aus vielfältigen Gründen
völkerrechtswidrig.
Toppe, Besatzungspolitik ohne Völkerrecht?, VfZ 2002, S. 99ff.
3. Ergo sind sämtliche Verordnungen und Erlasse, Gesetzgebungen, Rechtsprechung 1939/45 für das Gebiet des besetzten Polens völkerrechtswidrig. Sie spielen keinerlei Rolle, ebenso wenig wie die Rechtsauffassung des Deutschen Reiches während des Krieges, dass der Staat Polen auf Grundlage des Hitler-Stalin-Paktes aufgehört habe zu existieren.
4. Damit waren auch sämtliche "Umbenennungen"
nichtig. Weder wurde zB aus Gdynia Gotenhafen, noch aus Wronki Wronke oder Warthestadt.
Ob eine Umbenennung ein Willkürakt war, spielt dabei ebenfalls keine Rolle. Sie ist weder für den Staat Polen noch in den internationalen Beziehungen existent.
Nebenbei gesagt ist das keine akademische Frage, sondern die Beurteilung des Status oder der Folgen solcher Verordnungen an sich hatten weitreichende Folgen etwa für das Entschädigungsrecht, Staatsbürgerrecht etc.
Ortsnamen des polnischen Staates aus den Grenzen von 1919 bestehen daher seit 1919 unverändert bis heute fort, in ununterbrochener rechtlicher Kontinuität (es sei denn, der polnische Staat habe sie zwischenzeitlich geändert).