Der Zusammenbruch der UdSSR beendete die direkte Rivalität mit der USA in Bezug auf die Frage, welches System überlegen sei.
Noch in den sechziger und siebziger Jahren wurde eine ernsthafte Diskussion über die Konvergenz beider politischer Systeme geführt (vgl. u.a. Brezinski u. Huntington, Kerr, Rose oder Sorokin). Dieses auch vor dem Hintergrund der im Westen intensiv geführten Diskussion um die "Technokratie" als politisches System.
Mit dem von Fukuyama ausgerufenen "Ende der Geschichte" oder von Bender vermuteten "Ende des ideologischen Zeitalters" fiel auch die ideologische Rivalität im Bereich des Wirtschafts- und Sozialsystems weg.
Diese Form der Rivalität, wie bei Kaelble beschrieben hatte, war aber ein zentraler Motor des sozialen Wandels vor allem an der Schnittstelle zwischen den Systemen. Das Ergebnis dieses Systemwettbewerbs war u.a., dass die BRD und da auch West-Berlin (vor allem das KaDeWe) das "Schaufenster" des Kapitalismus waren und die Überlegenheit der Sozialen Marktwirtschaft dem Ostblock zu signalisieren hatten.
Im Ergebnis fühlte sich der "demokratische Kapitalismus" in seiner US-Prägung als der Systemgewinner und rückwirkend als die "politische und wirtschaftliche Software" die sich als überlegen herausgestellt hatte. Und forcierte als Resultat in den neunziger Jahren das Tempo der Umgestaltung des ehemaligen Ostblocks nach seinen ideologischen Vorstellungen.
Für das vereinigte Deutschland bedeutete es in den alten Bundesländern den Rückbau des ursprünglichen Sozialstaates und in den neuen Bundesländern die brutale Sanierung der Wirtschaftsstruktur durch die Treuhand in Zusammenarbeit mit Consulting-Unternehmen.
Es ist somit kein reiner Zufall dass sich der Neo-Liberalismus in dieser Phase massiv auf der politischen Agenda festsetzte und die Politik vor sich her trieb. Einer, bei dem man nicht genau sagen kann, ob er "Getriebener" oder "Treiber" war, war Schröder . Aber "sein Reformwerk" aus dieser Hochphase des Neo-Liberalismus beschäftigt uns noch heute. Und die Spätfolgen der brachialen "Sanierung" der neuen Bundesländer kann man u.a. auch an Wahlergebnissen ablesen.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass eine Wirtschaftsform überlebt hat, die den Wettbewerb zum zentralen Motor einer Optimierung von Marktmechanismen erklärt hat, aber ihrerseits - als Ideologie - keinen Wettbewerber neben sich dulden will.
Ob diese Entwicklung auch zu den Fehlentwicklungen einer globalisierten "Risikogesellschaft" geführt hat, mag jeder für sich beantworten.
Bender, Peter (1981): Das Ende des ideologischen Zeitalters. Die Europäisierung Europas.
Brzezinski, Zbigniew Kazimierz; Huntington, Samuel P. (1967): Politische Macht USA/UdSSR. Ein Vergleich. Frankfurt a. M, Wien, Zürich: Büchergilde Gutenberg.
Fukuyama, Francis (2006): The end of history and the last man. New York, N.Y., London: Free Press.
Kaelble, Hartmut (2011): Kalter Krieg und Wohlfahrtsstaat. Europa 1945-1989. München: C.H. Beck
Kerr, Clark (1983): The future of industrial societies. Convergence or continuing diversity? Cambridge u.a.: Harvard Univ. Press.
Rose, Günther (1974): Industriegesellschaft und Konvergenztheorie. Genesis Strukturen Funktionen. Berlin: VEB Deutscher Verl. d. Wiss.
Sorokin, Pitirim Aleksandrovich (1964): The basic trends of our times. New Haven: College & University Press.