Die Feuerzangenbowle und der Nationalsozialismus: die Lehrer (insbesondere Dr. Brett)

El Quijote

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In den meisten Filmen kommt das Dritte Reich gar nicht vor. Nehmen wir einen Film, die alten Säcke kennen den alle Die Feuerzangenbowle. Der Film spielt in einer fiktiven Kaiserzeit. Der einzige Charakter, der in dem Film NS-Ideologie verbreitet, ist der Lehrer Dr. Brett.
Aber so vorsichtig angedeutet, dass der unbedarfte Zuschauer es gar nicht bemerkt. Letztlich ist es seine Kleidung, die einen leichten Anachronismus darstellt und das Gespräch zwischen ihm und Bömmel, wo Sympathieträger Bömmel Dr. Brett als den geschickteren und moderneren Pädagogen anerkennt.

Die Sympathien der Zuschauer auch der damaligen liegen aber bei Professor Bömmel, der de Dampfmaschin" erklärt, seine Schüler nicht einmal bestraft, als die ihm die Schuhe verstecken. Die Sympathien liegen bei Professor Crey, der Heidelbeerwein im Chemieunterricht ausschenkt.
Bei letzterem liegen die Sympathien aber erst gegen Ende des Films, als Pfeiffers finaler Streich beinahe zu dessen Lasten schief geht. Dr. Brett, der sich von den Schülern (im Gegensatz zu allen anderen Lehreren, einschließlich Bömmel) nichts vormachen lässt und sowohl gütig als auch durchsetzungsfähig (cool) ist, ist definitiv mit Bömmel einer der Sympathieträger im ansonsten verknöcherten Lehrerkollegium.
 
Es gab Bedenken gegen den Film, Erziehungsminister Rust und andere plädierten für ein Verbot. Manche behaupten, dass Rühmann Bretts Rolle im Sinne der NS-Zensoren umgeschrieben hat, um den Film durchzubringen.
In der Vorlage von Heinrich Spoerl ist Dr. Brett keineswegs ein besonders forscher oder autoritärer Lehrer. Seine Autorität, ja Sympathie bei Pfeiffer gewinnt er im Roman nur durch seine Fachkompetenz.

Im Film stammt das einzige Zitat, das sich eindeutig als ideologisch gefärbt und deckungsgleich mit der NS-Ideologie identifizieren lässt aus dem Munde eben Dr. Bretts:

"Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen, nicht nach allen Seiten ausschlagen. Genau so ist es mit jungen Menschen. Disziplin muss das Band sein, das sie verbindet zu schönem geraden Wachstum."

Ein Bild aus der Baumzucht wird da auf die Menschenzucht übertragen. Der soldatische Ton, den Dr. Brett anschlägt-das weist auf die militärische Erziehung und Indoktrinierung der Jugend durch das NS-Regime.

Bömmel dagegen ist eher Vertreter einer antiautoritären Erziehung, ein Lehrer, der seine Schüler nicht einmal dann bestrafen will, als die ihm die Schuhe klauen. Sein rheinischer Frohsinn, das ist das das Gegenteil von Bretts Härte.

Dr. Brett ist souverän, bei ihm verfangen die Tricks und Streiche nicht, denn "er kennt sie alle und er hat die Klasse vor die Wahl gestellt "Krieg oder Frieden" und sie hat sich für Frieden entschieden.

Brett ist drahtig, ist wach, ist "schneidig", er ist auch rein äußerlich weitaus attraktiver als die alten Lehrer. Er mag in allem, was er tut und sagt der perfekte Erzieher, der perfekte Nationalsozialist, der perfekte Volksgenosse sein-Er ist drahtig, auf Zack, er ist der Einzige, der Pfeiffers letzten Streich ahnt und seine Kollegen davor warnt- und dennoch sind die Sympathien der Zuschauer nicht auf seiner Seite.

Sie sind auf der Seite von Bömmel, von Crey, die Schwächen haben, die menschlich sind. Der perfekte (Volks)Erzieher Dr. Brett, der perfekte Nationalsozialist, der perfekte Volksgenosse, dem keiner etwas vormachen kann, der so perfekt ist- Er ist auch die perfekte Spaßbremse. Mit Dr. Brett ist zwar viel Staat zu machen, aber Humor funktioniert mit ihm eben nicht, weil der Volksgenosse dem Dr. Brett den Dr. Brett nicht abnimmt, es ist gar zu glatt gar zu perfekt, um authentisch zu sein, und schon gar nicht ist es menschlich. In der Szene mit Bömmel spricht Brett durchaus mit einer gewissen Wärme. M an nimmt ihm aber auch nicht seine Menschlichkeit so recht ab, als er in der Szene mit Bömmel davon schwärmt, man müsse junge Menschen anbinden, damit sie schön gerade wachsen. Man nimmt ihm diese Menschlichkeit auch dann nicht ab, wenn man Schwarze Pädagogik prinzipiell für barbarisch hält. Dr. Brett ist zu perfekt, um authentisch oder gar menschlich zu wirken.

Die Figur mag dem Ideal des Nationalsozialismus perfekt entsprechen, mit ihm ist aber keine Werbung für den NS zu machen, und das begriff auch Heinz Rühmann. daher sind die Sympathien der Zuschauer nicht auf seiner Seite, sondern auf der von Bömmel und Crey.

Ähnliche Erfahrungen zeigten sich ja auch bei diesen Kurzfilmreihen während des Krieges: Tran und Helle (Ludwig Schmitz und Jupp Hussels) , Liese und Miese Gisela Schlüter und Brigitte Mira)

Der von Ludwig Schmitz gespielte Tran tat alles, was der gute Volksgenosse nicht tun sollte und durfte. Er schmuggelte, zweifelte am Endsieg, hörte heimlich BBC und Radio Luxemburg. Er wurde in jeder Folge vom zackigen, schneidigen, sportlichen, attraktiven Helle wieder auf den rechten Weg geführt. Goebbels ließ die Serie absetzen, weil der Nörgler, der Defätist Tran zu beliebt wurde.

Ähnlich war es bei Liese und Miese. Immer war die "gute", die nationalsozialistische Figur hübscher, klüger, durchsetzungsstärker, auch rein äußerlich deutlich attraktiver, die Sympathien des Publikums flogen aber trotzdem eben nicht "Helle", "Liese" oder Dr. Brett zu, selbst wenn diese exakt den Vorstellungen der Nazis entsprachen. Sie waren allzu perfekt, um authentisch oder gar sympathisch zu wirken.
 
Bömmel dagegen ist eher Vertreter einer antiautoritären Erziehung, ein Lehrer, der seine Schüler nicht einmal dann bestrafen will, als die ihm die Schuhe klauen. Sein rheinischer Frohsinn, das ist das das Gegenteil von Bretts Härte.
Ja, 1942/44 konnte man dem Bömmel seine demokratischen „Schrullen“ weglächelmd „verzeihen“.

Dr. Brett ist souverän, bei ihm verfangen die Tricks und Streiche nicht, denn "er kennt sie alle und er hat die Klasse vor die Wahl gestellt "Krieg oder Frieden" und sie hat sich für Frieden entschieden.

Brett ist drahtig, ist wach, ist "schneidig", er ist auch rein äußerlich weitaus attraktiver als die alten Lehrer. Er mag in allem, was er tut und sagt der perfekte Erzieher, der perfekte Nationalsozialist, der perfekte Volksgenosse sein-Er ist drahtig, auf Zack, er ist der Einzige, der Pfeiffers letzten Streich ahnt und seine Kollegen davor warnt- und dennoch sind die Sympathien der Zuschauer nicht auf seiner Seite. […] Der perfekte (Volks)Erzieher Dr. Brett, der perfekte Nationalsozialist, der perfekte Volksgenosse, dem keiner etwas vormachen kann, der so perfekt ist- Er ist auch die perfekte Spaßbremse.
Hier bin ich gegenteiliger Auffassung. Brett ist Bömmel (der ja ebenfalls Pfeiffer durchschaut) überlegen, was Bömmel ja unumwunden zugibt. Brett mag schneidig und auf Zack sein, und vielleicht sogar kruppstahlhart (obwohl ich das nicht sehe), aber er ist bei seinen Schülern beliebt und muss seine Autorität gar nicht ausspielen.

Deswegen sehe ich in ihm auch keine Spaßbremse.
Denken wir an die Szene aus dem Geschichtsunterricht, Kniebe muss Brett über die Goten in der Völkerwanderung vortragen, Pfeiffer hilft ihm mit Hilfe seiner das Sonnenlicht spiegelnden Uhr, die er über eine Wandkarte wandern lässt:

„Es saßen die Goten ursprünglich in Schweden.‘
‚Und von dort gingen sie?‘
‚Von dort gingen sie in die Gegend von Danzig. Und von da gingen sie dann nach Russland. Und von da nach … und da wussten sie eigentlich nicht so recht was sie machen sollten. Und äh – und zerfielen dann in die Ostgoten und die Westgoten.‘
‚Gut, Kniebe. Sie können sich setzen. Vier.‘
‚Wieso vier, Herr Doktor? Ich habe doch alles gekonnt. Ich hätte eigentlich ’ne zwei verdient.‘
‚Zwei bekommt Pfeiffer.‘

Auch Brett lässt hier Pfeiffer gewähren, Brett und Bömmel sind beide souverän, weil sie sich - im Ggs. zu allen anderen Lehrern nicht über die Streiche empören. Alle anderen - allen voran Crey - sind altbackene Spießer.

Sie sind auf der Seite von Bömmel, von Crey, die Schwächen haben, die menschlich sind.
Crey und der Schuldirektor sind dich ziemlich genervt von Pfeiffer, als der am Sonntag Nachmittag Frau und Tochter des Direktors becirct, er ist ja gewissermaßen ein Ausbund an Jovialität, was es Ihnen umso mehr erschwert Pfeiffer loszuwerden, was diesem und ubs Zuschauern ein diebisches Vergnügen bereiter.
Der überforderte Crey (man denke an die „Baldrian“-Szene oder die Wecker-Szene), den trifft doch nicht die Sympathie der Zuschauer, sondern vielmehr die Schadenfreude. Erst als es dann ganz am Ende um seine Karriere geht, da fiebert man mit ihm und doch eigentlich mit Pfeiffer, der gegenüber dem Schulrat die Rolle Creys spielt, der ja Pfeiffers wegen seine Lehrprobe verpasst.

Ich sehe das wirklich dezidiert anders als du, obwohl wir beide dieselbe Szene als Schlüsselszene für die NS-Propaganda im Film begreifen.
 
Ja, 1942/44 konnte man dem Bömmel seine demokratischen „Schrullen“ weglächelmd „verzeihen“.


Hier bin ich gegenteiliger Auffassung. Brett ist Bömmel (der ja ebenfalls Pfeiffer durchschaut) überlegen, was Bömmel ja unumwunden zugibt. Brett mag schneidig und auf Zack sein, und vielleicht sogar kruppstahlhart (obwohl ich das nicht sehe), aber er ist bei seinen Schülern beliebt und muss seine Autorität gar nicht ausspielen.

Deswegen sehe ich in ihm auch keine Spaßbremse.
Denken wir an die Szene aus dem Geschichtsunterricht, Kniebe muss Brett über die Goten in der Völkerwanderung vortragen, Pfeiffer hilft ihm mit Hilfe seiner das Sonnenlicht spiegelnden Uhr, die er über eine Wandkarte wandern lässt:

„Es saßen die Goten ursprünglich in Schweden.‘
‚Und von dort gingen sie?‘
‚Von dort gingen sie in die Gegend von Danzig. Und von da gingen sie dann nach Russland. Und von da nach … und da wussten sie eigentlich nicht so recht was sie machen sollten. Und äh – und zerfielen dann in die Ostgoten und die Westgoten.‘
‚Gut, Kniebe. Sie können sich setzen. Vier.‘
‚Wieso vier, Herr Doktor? Ich habe doch alles gekonnt. Ich hätte eigentlich ’ne zwei verdient.‘
‚Zwei bekommt Pfeiffer.‘

Auch Brett lässt hier Pfeiffer gewähren, Brett und Bömmel sind beide souverän, weil sie sich - im Ggs. zu allen anderen Lehrern nicht über die Streiche empören. Alle anderen - allen voran Crey - sind altbackene Spießer.

Crey und der Schuldirektor sind dich ziemlich genervt von Pfeiffer, als der am Sonntag Nachmittag Frau und Tochter des Direktors becirct, er ist ja gewissermaßen ein Ausbund an Jovialität, was es Ihnen umso mehr erschwert Pfeiffer loszuwerden, was diesem und ubs Zuschauern ein diebisches Vergnügen bereiter.
Der überforderte Crey (man denke an die „Baldrian“-Szene oder die Wecker-Szene), den trifft doch nicht die Sympathie der Zuschauer, sondern vielmehr die Schadenfreude. Erst als es dann ganz am Ende um seine Karriere geht, da fiebert man mit ihm und doch eigentlich mit Pfeiffer, der gegenüber dem Schulrat die Rolle Creys spielt, der ja Pfeiffers wegen seine Lehrprobe verpasst.

Ich sehe das wirklich dezidiert anders als du, obwohl wir beide dieselbe Szene als Schlüsselszene für die NS-Propaganda im Film begreifen.

Von der Perspektive habe ich die Figur noch nicht gesehen, und was du schreibst ist ja richtig. Der Film läuft ja heute noch rauf und runter, in meiner Studienzeit in Göttingen lief der Film alljährlich in der Vorweihnachtszeit, meist an St. Nikolaus in späteren Jahren wurde da Feuerzangenbowle und Heidelbeerwein in Reagenzgläsern ausgeschenkt.
 
Von der Perspektive habe ich die Figur noch nicht gesehen, und was du schreibst ist ja richtig. Der Film läuft ja heute noch rauf und runter, in meiner Studienzeit in Göttingen lief der Film alljährlich in der Vorweihnachtszeit, meist an St. Nikolaus in späteren Jahren wurde da Feuerzangenbowle und Heidelbeerwein in Reagenzgläsern ausgeschenkt.
Ich glaube, das gibt es in jeder Universitätsstadt. Mit Feuerzangenbowle, Weckern und Wunderkerzen.
 
Wie viele Szenen hat Dr. Brett in dem Film? Vier? Ist ja eigentlich ganz interessant, dass aus Historikerpersepktive diese - im Filmgeschehen deutlich anachronistisch angelegte - Figur, die, welche aber dem damaligen Zeitgeist am nächsten kommt - die interessanteste ist.
 
Die Feuerzangenbowle (1944) war übrigens nicht die erste Verfilmung von Heinrich Spoerls Roman. Genau genommen handelte es sich bei der Verfilmung von 1943/44 um ein Remake.

Bereits 10 Jahre früher wurde Heinrich Spoerls Erzählung verfilmt, und auch damals spielte Heinz Rühmann die Hauptrolle.

So ein Flegel- hieß die Verfilmung, die 1934 in die Kinos kam. Die Verfilmung nahm sich einige Freiheiten. Die Rahmenerzählung, die Tafelrunde der alten Herren, die bei einer Feuerzangenbowle alte Streiche aufwärmen fehlt in dieser Fassung. Da geht es um eine Verwechslungskomödie. Hans Pfeiffer ist ein junger Schriftsteller, der gerade sein erstes Stück aufführt, das in einer Schule spielt. Pfeiffer wurde aber von Privatlehrern erzogen, er ist nie in eine Schule gegangen. Er besucht daher seinen jüngeren Bruder Erich, der in Mittelstadt, einem Provinznest zur Schule geht.
Während der ältere Bruder sich auf den Weg nach Mittelstadt macht, ist der jüngere Bruder auf der Flucht vor den Lehrern, er hat in Mittelstadt noch 5 Stunden einer Karzer abzusitzen, und so flüchtet er sich nach Berlin zum großen Bruder. Die beiden Brüder gleichen sich wie ein Ei dem anderen und die beiden Pfeiffers, Hans und Erich übernehmen jeweils die Rolle des anderen.

Dieser Film wurde auf Initiative von Erziehungsminister Rust für Jugendliche verboten, was natürlich Umsatzeinbußen bedeutete. Heinrich Spoerl war damals noch ein wenig bekannter Autor, der seinen Lebensunterhalt vor allem mit seiner Tätigkeit als Anwalt verdiente. Als Begründung für das Jugendverbot wurden 1934 "Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit", "Verletzung des sittlichen und religiösen Empfindens" und "Beschädigung des deutschen Ansehens"

Das war dann auch der Grund, weshalb Rühmann sich in der Wolfsschanze das Remake absegnen ließ.
 
Und da spielte auch Erich Ponto den Professor „Snautz.

Den Erich Ponto mag ich ganz besonders.
Für mich einer der besten Schauspieler Deutschlands!

Den habe ich sogar als >Mephisto< auf den 3 LP-Schallplatten Goethes „Faust“ – 1. Teil.
Hatte ich mir in der DDR 1968 gekauft. War eine Lizenz der damaligen BRD. Eine Aufnahme des WDR Köln.

Und dann noch Erich Ponto in „Frauenarzt Dr. Prätorius“. Da spielt er den Professor Speiter. Auch so ein Film der 3mal erfolgreich verfilmt wurde -> Gaudeamus igitur iuvenes dum sumus (unsere Hymne).
 
Ja, 1942/44 konnte man dem Bömmel seine demokratischen „Schrullen“ weglächelmd „verzeihen“.


Hier bin ich gegenteiliger Auffassung. Brett ist Bömmel (der ja ebenfalls Pfeiffer durchschaut) überlegen, was Bömmel ja unumwunden zugibt. Brett mag schneidig und auf Zack sein, und vielleicht sogar kruppstahlhart (obwohl ich das nicht sehe), aber er ist bei seinen Schülern beliebt und muss seine Autorität gar nicht ausspielen.

Deswegen sehe ich in ihm auch keine Spaßbremse.
Denken wir an die Szene aus dem Geschichtsunterricht, Kniebe muss Brett über die Goten in der Völkerwanderung vortragen, Pfeiffer hilft ihm mit Hilfe seiner das Sonnenlicht spiegelnden Uhr, die er über eine Wandkarte wandern lässt:

„Es saßen die Goten ursprünglich in Schweden.‘
‚Und von dort gingen sie?‘
‚Von dort gingen sie in die Gegend von Danzig. Und von da gingen sie dann nach Russland. Und von da nach … und da wussten sie eigentlich nicht so recht was sie machen sollten. Und äh – und zerfielen dann in die Ostgoten und die Westgoten.‘
‚Gut, Kniebe. Sie können sich setzen. Vier.‘
‚Wieso vier, Herr Doktor? Ich habe doch alles gekonnt. Ich hätte eigentlich ’ne zwei verdient.‘
‚Zwei bekommt Pfeiffer.‘

Auch Brett lässt hier Pfeiffer gewähren, Brett und Bömmel sind beide souverän, weil sie sich - im Ggs. zu allen anderen Lehrern nicht über die Streiche empören. Alle anderen - allen voran Crey - sind altbackene Spießer.

Crey und der Schuldirektor sind dich ziemlich genervt von Pfeiffer, als der am Sonntag Nachmittag Frau und Tochter des Direktors becirct, er ist ja gewissermaßen ein Ausbund an Jovialität, was es Ihnen umso mehr erschwert Pfeiffer loszuwerden, was diesem und ubs Zuschauern ein diebisches Vergnügen bereiter.
Der überforderte Crey (man denke an die „Baldrian“-Szene oder die Wecker-Szene), den trifft doch nicht die Sympathie der Zuschauer, sondern vielmehr die Schadenfreude. Erst als es dann ganz am Ende um seine Karriere geht, da fiebert man mit ihm und doch eigentlich mit Pfeiffer, der gegenüber dem Schulrat die Rolle Creys spielt, der ja Pfeiffers wegen seine Lehrprobe verpasst.

Ich sehe das wirklich dezidiert anders als du, obwohl wir beide dieselbe Szene als Schlüsselszene für die NS-Propaganda im Film begreifen.


Das ist ja alles richtig, was du sagst.

Der Film spielt irgendwann im wilhelminischen Deutschland zu einer Zeit um ca. 1900. Hans Pfeiffer ist der letzte, der zu dieser Altherrenrunde stößt, die sich mit Feuerzangenbowle bedüdelt, und er fährt im Fiaker vor, nicht mit dem Automobil. In dem ganzen Film findet sich keine einzige Anspielung auf den NS, und der Film kommt auch ohne Propagandaparolen aus.
Es sind ja auch wirklich in dem ganzen Film nur zwei drei Zitate, die sich überhaupt unter "Sprache des NS" einordnen lassen.

Wenn man das ganze Lehrerkollegium mal im Hinblick auf (schwarze) Pädagogik abgleichen würde, so sind die alle vom Direktor Zeus bis zu Crey und Brett Apologeten einer Schwarzen Pädagogik. Bretts Zitat von der Baumzucht hätte vermutlich das ganze Schulkollegium ohne Weiteres - unterschrieben. Alle vielleicht mit Ausnahme von Bömmel. Bömmel ist nun auch nicht unbedingt ein vorbildlicher Pädagoge. Seine Schüler respektieren ihn nicht. Das mit dem anbinden hat auch weder Dr. Brett, noch haben es die Nazis erfunden, Schwarze Pädagogik hatte bereits 50 Jahre früher den Sohn des Erfinders der Schrebergärten zu Siegmund Freud auf die Couch getrieben.


Dr. Brett ist tatsächlich keine unsympathische Figur im Film, er durchschaut die doch eigentlich recht biederen Streiche der Schüler, zeigt Humor, zeigt Souveränität. Er besitzt Autorität, das was Bömmel nicht besitzt. Ihm würde man zutrauen, sich auch an einer Brennpunkt-Schule durchsetzen zu können- Bömmel nicht.

Bäume werden nicht mehr angebunden, aber mehr Kante zeigen, Konsequenzen durchziehen-das hört man auch heute, und es spricht ja durchaus auch einiges dafür. Brett ist auch durchaus kein humorloser Pauker. Bömmel, die komische Figur zeigt aber eine gewisse Weisheit. Alle anderen schreien nach exemplarischer Bestrafung- Brett wendet ein, dazu muss man den Schuldigen erst mal haben-Bömmel weiß, dass man ihn niemals bekommt, dass sich die Schule beim Versuch ihn zu bekommen nur lächerlich machen kann.

Natürlich widerstrebt es, den Schuldigen davonkommen zu lassen. Durch Bömmels Kniff ist Pfeiffers Heldentat aber plötzlich keine mehr.
Die Maler waren von der Schule bestellt-Punkt! Damit zeigt die Schule eine gewisse Souveränität, und Brett ist übrigens der Einzige, der das wie Bömmel etwas gelassener sieht und der sich auf Bömmels Seite schlägt.

Dass die Feuerzangenbowle heute noch rauf und runter vor allem an Universitäten gespielt wird, liegt daran, dass er eben kein Propagandastreifen wie Triumph des Willens, Jud Süß, Hitlerjunge Quex oder Kolberg ist. In dem ganzen Streifen kommt der NS nicht vor, es sind überhaupt nur drei bis vier Zeilen, die sich überhaupt in diesem Sinne lesen lassen.
Die stammen aber eben aus dem Mund von Dr. Brett, und er ist unter diesen Lehrern aus der Kaiserzeit die einzige Figur, die sich so lesen lässt.
Eine Figur, die man aber nicht so lesen muss.

Ich stimme durchaus zu, dass Dr. Brett keineswegs als unsympathische Figur angelegt ist. Es sind ja auch im ganzen Film nur diese paar Zeilen, die Dr. Brett sagt: "junge Bäume" die muss man anbinden, damit sie nicht nach allen Seiten ausschlagen-Disziplin ist das Band, das sie verbindet zu schönem geradem Wachstum.", die sich überhaupt im weitesten Sinne mit dem NS in Verbindung zu bringen sind.

Wenn ich sage, er ist eine Spaßbremse, dann nicht, weil er ein humorloser Pauker wäre-er ist es nicht, sondern weil er sich nicht aufs Kreuz legen lässt. Diese doch vergleichsweise biederen Streiche- die funktionieren eben auch nur so richtig gut mit diesen Paukern, diesen Witzfiguren, deren Verhalten berechenbar ist, die so reagieren wie man es erwartet, die sich furchtbar aufregen.

Ich denke schon, dass man die Figur des Dr. Brett in der Filmvorlage von 1944 so angepasst, dass sie für ein nationalsozialistisches Publikum leichter akzeptabel und als nationalsozialistisch lesbar war. In der literarischen Vorlage von Spoerl ist Dr. Brett jedenfalls ein ganz anderer Charakter. 1934 hat Erziehungsminister Berhard Rust für die erste Verfilmung 1934 ein Jugendverbot erwirkt. Rühmann soll persönlich sich grünes Licht für das Projekt bei Hitler geholt haben. Es wirkt, als sei die Bearbeitung im Drehbuch ein Versuch, Kritikern vor allem aus dem Erziehungsministerium unter Bernhard Rust ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen. 1934 bei der 1. Verfilmung der Feuerzangenbowle hat das Erziehungministerium noch ein Jugendverbot durchgesetzt für "So ein Flegel" (1934). Da hatte auch schon Heinz Rühmann die Hauptrolle gespielt.

Die Darstellung des Dr. Brett in der Verfilmung von 1944 war eine Art Versöhnungsgeste an all die Kritiker, die eine Herabwürdigung des Lehrerberufs witterten,
Der Charakter wird durchaus nicht unsympathisch dargestellt, im Gegenteil! Dr. Brett genießt den Respekt wie die Sympathie der Klasse, er bekennt, früher auch kein Engel gewesen zu sein, und bei ihm verfängt das alles nicht. Zielscheibe der Streiche sind die Lehrer aus der Kaiserzeit.
 
Der Film spielt irgendwann im wilhelminischen Deutschland zu einer Zeit um ca. 1900. Hans Pfeiffer ist der letzte, der zu dieser Altherrenrunde stößt, die sich mit Feuerzangenbowle bedüdelt, und er fährt im Fiaker vor, nicht mit dem Automobil. In dem ganzen Film findet sich keine einzige Anspielung auf den NS, und der Film kommt auch ohne Propagandaparolen aus.
Es sind ja auch wirklich in dem ganzen Film nur zwei drei Zitate, die sich überhaupt unter "Sprache des NS" einordnen lassen.
Da sind wir uns doch einig. Dr. Brett ist ein Anachronismus.

Dass die Feuerzangenbowle heute noch rauf und runter vor allem an Universitäten gespielt wird, liegt daran, dass er eben kein Propagandastreifen wie Triumph des Willens, Jud Süß, Hitlerjunge Quex oder Kolberg ist. In dem ganzen Streifen kommt der NS nicht vor, es sind überhaupt nur drei bis vier Zeilen, die sich überhaupt in diesem Sinne lesen lassen.
Die stammen aber eben aus dem Mund von Dr. Brett, und er ist unter diesen Lehrern aus der Kaiserzeit die einzige Figur, die sich so lesen lässt.
Auch hier sind wir uns einig, wie gesagt, ich bin der Auffassung, dass dieses Gespräch historisch nicht sensibilisierten Zuschauern zum einen Ohr hinein und zum anderen hinausgeht, für mich war es aber irgendwann mal der Anlass, zu schauen von wann der Film denn stamme. Mit dem entsprechenden Aha!-Effekt.
 
Und da spielte auch Erich Ponto den Professor „Snautz.

Den Erich Ponto mag ich ganz besonders.
Für mich einer der besten Schauspieler Deutschlands!

Den habe ich sogar als >Mephisto< auf den 3 LP-Schallplatten Goethes „Faust“ – 1. Teil.
Hatte ich mir in der DDR 1968 gekauft. War eine Lizenz der damaligen BRD. Eine Aufnahme des WDR Köln.

Und dann noch Erich Ponto in „Frauenarzt Dr. Prätorius“. Da spielt er den Professor Speiter. Auch so ein Film der 3mal erfolgreich verfilmt wurde -> Gaudeamus igitur iuvenes dum sumus (unsere Hymne).

Er war ein großartiger Schauspieler! Gute Schauspieler können selbst noch in schlechten Filmen zeigen was sie können.

Seine beste Rolle war die von Nathan dem Weisen, Damit debütierte er in Dresden in der ersten Aufführung nach dem Krieg 1948, und er wünschte sich die Rolle zu seinem 70. noch mal zu spielen. Ponto hat übrigens auch Gert Fröbe entdeckt, auch dessen komödiantisches Talent. Er sagte "Mephisto war kein Sachse", ermunterte Fröbe aber.

Erich Ponto, der später als Nathan der Weise überzeugte, bei dem auch mal eine Hausdurchsuchung stattfand, hat leider auch in einem NS-Propagandafilm mitgespielt:
In Die Rothschilds-Aktien auf Waterloo (1940?) spielte er Mayer Amschel Rothschild.

"Er (Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel) is e großer Händler in Menschen. Hat Soldaten verkauft nach England. An jedem von den Papierchen klebt Blut. (Sein Sohn James) Es hat sich ausgezahlt! Es zahlt sich immer aus. Merk dirs mei Sohn, viel Geld können wir nur machen mit viel Blut."

Der Kurfürst hat 600.000 bei Rothschild angelegt. Die Rothschilds machen aus den 600.000 13 Millionen nachdem Nathan Rothschild künstlich eine Panik auslöste.

Tatsächlich waren aber die Briten mit Nathan Rothschild sehr zufrieden als Financier von Wellington in Spanien.
 
Dr. Brett ist ein Anachronismus.

Ich stimme durchaus zu, dass Dr. Brett keineswegs als unsympathische Figur angelegt ist. Es sind ja auch im ganzen Film nur diese paar Zeilen, die Dr. Brett sagt: "junge Bäume" die muss man anbinden, damit sie nicht nach allen Seiten ausschlagen-Disziplin ist das Band, das sie verbindet zu schönem geradem Wachstum.", die sich überhaupt im weitesten Sinne mit dem NS in Verbindung zu bringen sind.

Dann ist die Figur doch nicht wirklich ein Anachronismus. Der Satz hätte so doch auch im Kaiserreich gesagt werden können. Sry, wenns da noch mehr gibt, hab den Streifen seit Dekaden nicht mehr gesehen, aber wenn es wirklich "nur diese paar Zeilen" sind, seh ich den Anachronismus nicht.
 
Die Geschichte des Heinz Rühmann ist uns allen wohl hoffentlich bekannt. Auch seine Arbeit als Pilot und Überführungspilot für die deutsche Luftwaffe vor 1945, das setze ich voraus...

Der Mann hat, wie sagt man "Mit den Wölfen geheult!". Wie Millionen andere, wer konnte sich damals davon freisprechen, nur wenige.
Rühmann war und ist eine Ikone des deutschen Films, viele seiner Filme sind tief berührend, dafür wird man den kleinen großen Mann erinnern, zu recht!
Der Schauspieler Rühmann hat bei mir einen "Stein im Brett", und sehr sicher nicht nur bei mir, soll reichen.

Micha
 
Dann ist die Figur doch nicht wirklich ein Anachronismus. Der Satz hätte so doch auch im Kaiserreich gesagt werden können. Sry, wenns da noch mehr gibt, hab den Streifen seit Dekaden nicht mehr gesehen, aber wenn es wirklich "nur diese paar Zeilen" sind, seh ich den Anachronismus nicht.
Der Anachronismus liegt nicht unbedingt in dem Satz, sondern vielmehr in dem Auftreten von Dr. Brett, vor allem dessen unzeitgemäße Kleidung, die vom Schnitt her eher an Uniform denn an ein Anzug ist.
 
Dann ist die Figur doch nicht wirklich ein Anachronismus. Der Satz hätte so doch auch im Kaiserreich gesagt werden können. Sry, wenns da noch mehr gibt, hab den Streifen seit Dekaden nicht mehr gesehen, aber wenn es wirklich "nur diese paar Zeilen" sind, seh ich den Anachronismus nicht.
Ja, ich hatte in Beitrag #9 schon darauf verwiesen dass vermutlich das ganze Lehrerkolleg das so unterschrieben hätte.

Das wäre noch bis weit in die 1960er an den meisten Schulen, ob Ost oder West Gemeingut gewesen.

In gewisser Weise ist die Figur ein Anachronismus, weil er doch nicht so recht in das Klischeebild des wilhelminischem Pädagogen passt, weil die Streiche bei ihm nicht verfangen, weil er nicht so berechenbar reagiert wie die Pauker reagieren müssen, damit die Komik des Films funktioniert. Er ist keine komische Figur.

Eigentlich recht ähnlich gemacht sind die Verfilmungen der Lausbuben-Geschichten von Ludwig Thoma oder die "Lümmel-Reihe" in den 1960er 1970er Jahre. Da sind die Lehrer, die Streiche treffen auch immer autoritäre Typen, schräge Figuren.
 
ich bin der Auffassung, dass dieses Gespräch historisch nicht sensibilisierten Zuschauern zum einen Ohr hinein und zum anderen hinausgeht, für mich war es aber irgendwann mal der Anlass, zu schauen von wann der Film denn stamme.
würdest du diesen Film wegen seiner Entstehungszeit samt Entstehungsort irgendwo in Richtung Eskapismus (bis ggf Beschönigung einer fiktiven "guten alten Zeit") einordnen?
 
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