Wir wissen auch nicht, wie sich die Mehrheit der schriftlosen Franken im 5. Jhd. nannten. Oder die Mehrheit der Azteken.
Stimmt, wissen wir nicht, ist aber auch nicht weiter relevant, da niemand behauptet hat, dass sich die Mehrheit der Franken und Atzteken so oder anders verstanden habe.
Aber genau zu der Behauptung versteigst du dich ja mit deinen Einlassungen über die Bewohner der Ukrainischen Gebiete.
Du kannst mir gerne zeigen, wo ich das behauptet habe.
Du hast weiter vorn den Umgang der litauischen Krone mit den tradierten institutionellen Strukturen mit dem russischen in einen Topf geworfen und darauf abgestellt, dass es in Polen-Litauen keine auf Russifizierung ausgerichtete Sprachpolitik gegeben habe (wie hätte es die ohne allgemeines Schulwesen auch geben sollen?).
Offen gesagt, wenn du hier versuchst das Offensichtliche, für jeden Nachvollziehbare zu bestreiten, brauchen wir hier gar nicht weiter zu diskutieren.
Peter I. hat schon 1720 die ruthenische (altukrainische) Schriftsprache verboten...
1. Habe ich dir bereits mehrfach dargelegt, warum es (Abgrenungsproblem hinsichtlich Belarus) es relativ wenig sinnvoll ist, das Ruthenische mal eben für "Altukrainisch" zu erklären.
2. Ist das sachlich falsch, es gab unter Peter I. kein allgemeines Verbot des Ruthenischen als Schriftsprache. Was es gab, waren Beschränkungen für gedruckte Publikationen in dieser Sprache und, sofern ich das nicht falsch erinnere eine zunehmende Tendenz die Verwaltungssprache im Rahmen einer reichsweiten Vereinheitlichung auf Russisch umzustellen.
3. Den Umstand, dass die Einschränkung der Möglichkeit in ruthenischer Sprache zu publizieren zeitlich eng mit dem Großen nordischen Krieg und Mazepas Rebellion und dessen Bündnis mit den Schweden gegen Peter und dem Bulawin-Aufstand korrespondiert, hast du natürlich vergessen zu erwähnen und versuchst stattdessen das einfach als eine Art großrussischen Kulturimperialismus zu verkaufen.
Das war es in dieser Form nicht. Es war Repression gegen eine Gruppe, die sich in jüngster Vergangenheit zu bewaffneter Rebellion erhoben hatte.
Das ist zumindest die Ansicht des ukrainischen Historikers Jaroslaw Ljebedynsky, der am Institut national des langues et civilisations orientales in Paris unterrichtet. (Ukraine, une histoire en questions, S. 152, L'Harmattan, Paris, 2008).
Ja, es ist die Ansicht eines ukrainischen Historikers.
Wenn wir jetzt dazu übergehen jede Ansicht eines Historikers, der irgendwo mal einen Lehrstuhl inne hat oder inne hatte, nicht mehr als hinterfragbare theoretische Ansicht, sondern als Tatsache zu verkaufen, werden am Ende ziemlich skurile Bilder dabei herauskommen.
Im Übrigen, das jemand diese Meinung vertritt schafft die benannten Abgrenzungsprobleme nicht aus der Welt.
Es geht hier um Kultur- und Sprachgeschichte. Im 14. Jahrhundert hat sich niemand als Belarusse, Russe oder Ukrainer gesehen, was ich auch nirgendwo behauptet habe.
Natürlich tust du dass, wenn du wie oben versuchst das Ruthenische als den Nachweis einer ukrainischen Identität oder als "Altukrainische Sprache", wo der Anspruch dieser Identität bereits in der Benennung steckt zu verkaufen.
Du kennst keine, also gibt es keine. Klingt einleuchtend.
Verzeihung, was sollen die Nebelkerzen?
Du hattest oben vollmundig behauptet, dass es auch außerhalb Russlands Historiker gäbe, die die Putin-Propaganda kritiklos übernehmen und verbreiten würden.
Ich habe dich darauf hin gefragt, wer das sein soll.
Als derjenige, der das postuliert hat, bist du derjenige, der sich in der Pflicht befindet die Richtigkeit dieser Behauptung nachzuweisen.
Wenn du das nicht kannst, dann unterlass es doch bitte einfach solche Behauptungen aufzustellen.
Ich für meinen Teil kenne einige mit Osteuropa befasste Historiker mit recht unterschiedlichen Blicken auf die ukrainischen Verhältnisse: Snyder, Applebaum, Hildermeier, Barberowski, Schlögel etc. so wie einige weniger bekannte Namen aus meinem eigenen Studium.
Da ist manche Streitbare These dabei, z.B. verlegt Barberowski die Herausbildung einer ukrainischen Nation auf einen ziemlich späten Zeitraum, was ein Postulat ist, bei dem ich nicht mitgehen würde.
Aber in Kreml'esquer Weise die Existenz einer ukrainischen Nation zu negieren und behaupten, es handle sich im Prinzip lediglich um einen Teil Russlands, tut niemand davon.
Wer also sollen diese Historiker sein?
Es ist nichts ahistorisches dabei, die Minderheit der Ukrainer, die sich vor zweihundert Jahren als “Kleinrussen“ bezeichnete, a posteriori dem ukrainischen Volk zuzuordnen. Der offizielle Name der Ukraine lautet heute nun mal nicht Kleinrussland.
Der offizielle Name für die Bewohner Bayerns heute lautet auf staatlicher Ebene auch nicht "Bayer" sondern "Deutscher".
Es würde allerdings kein Mensch auf die Abwegige Idee kommen, die Menschen, die sich vor 300 Jahren mal als Bayern identifizierten rückwirkend in Deutsche umdeuten zu wollen, mit der à posteriori vorgebrachten Argumentation, dass sie ja Teil des deutschen Volkes gewesen seien.
Das wäre schlicht eine Umdeutung, und in dem Fall über den wir hier diskutieren, verhält es sich ganz genau so.
Und ob es sich dabei tatsächlich um eine Minderheit handelte, wissen wir überhaupt nicht.
Du behauptest das fortwährend hat aber bislang keinen Weg benannt, wie das denn zu beweisen wäre, du hast lediglich etwas davon herumgedruxt, dass eine ominöse Mehrheit der schriftkundigen Bewohner des Landes sich so und so identifiziert hätte.
Mal davon abgesehen, dass nicht einmal das belegt ist, hast du mir bis jetzt nicht erklären können, woher du wissen möchtest, wie genau sich denn die 90% der Bevölkerung identifizierten, die des Lesens und Schreibens nicht mächtig waren, worauf du mittlerweile mehrfach hingewisen worden bist.
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Ich breche das Weitere an dieser Stelle dann jetzt ab, weil ich mit dieser Diskussion den Faden, der eigentlich einem anderen Thema gewidtmet war, nicht vollständig zumüllen möchte.
Dich möchte ich darum bitten, dir zu überlegen, was du uns hier erzählen willst.
Du Stellst wiederholt Dinge in den Raum die nicht den Tatsachen entsprechen, ignorierst Hinweise auf die Probleme von Postulaten geflissentlich, wirfst wiederholt mit Nebelkerzen, blendest ganz bewusst Kontexte aus und gehst stellenweise so weit Kritik an bestimmten Positionen und Akteuren und Vergleiche von Ansichten generell als inakzeptabel betrachten zu wollen.
Weiterhin lässt du nicht von deinen Versuchen eine historische und linguistische Debatte in deinem Sinne politisieren und moralisieren zu wollen.
Man hat den Eindruck, dass es dir hier weniger um eine Debatte historischer Entwicklungen, als um politischen Aktivismus geht, der hier nicht hin gehört (was du bei deiner Anmeldung im Rahmen der Forenregeln im Bezug auf Tagespolitik akzeptiert hast).
Ich für meinen Teil werde auf deine Einlassungen nicht weiter eingehen, wenn sich dein Diskussionsstil in der Sache nicht ändert.
Ich wünsche an dieser Stelle noch einen schönen Abend.