Nein, das war sein Vater.
Zunächst mal Rudolf II war nicht Ferdinand II. Vater, Rudolf II. und sein ihm nachfolgender Bruder Matthias I. starben beide ohne legitime Erben zu hinterlassen.
Ferdinand II. war ein Enkel Ferdinand I. (des Bruders von Karl V.), sein Vater Karl II. von Innerösterreich war allerdings nie Kaiser.
Die Kaiserkrone war Karls Bruder und Ferdinand II. Onkel Maximilian II. von Habsburg zugefallen und danach an dessen Söhne Rudolf II. und Matthias I. gegangen, die beide Cousins Ferdinand II. waren.
Was nun den Majestätsbrief Rudolf II. betrifft.
Es handelte sich dabei nicht um eine reichsrechtliche Maßnahme, die Eingang in die Reichsverfassung und damit dauerhafte Gültigkeit erlangte, sondern lediglich um eine Vereinbarung zwischen dem König von Böhmen und den böhmischen Ständen, der sich nicht einmal auf die andere Länder der böhmischen Krone bezog.
Die schlesischen Angelegenheiten wuden in einem separaten Majestätsbrief geregelt, für Mähren traf Rudolf II. keine Regelung, weil es bereits zuvor an seinen Bruder Matthias übergegangen war.
Aus Sicht der böhmischen Stände erfüllte diesers Abkommen mit Rudolf in Sachen Religion zwei wesentliche Punkte:
Da Rudolf II. neben seinem böhmsichen Königtum mindesten pro forma auch Kaiser war bedeutete dieser Majestätsbrief (für den Moment) für die böhmischen Protestanten, die nicht unter den Augsburger Religionsfrieden fielen, mindestens in den Grenzen Böhmens kaiserliche Duldung und kaiserlichen Schutz als Ersatz für die fehlende Berücksichtigung im Augsburger Religionsfrieden.
Zweitens stellte die Vereinbarung de facto eine Suspension des "ius reformandi" in Böhmen dar, schuf also eine Abweichung von sonst üblichen Normen.
Der Haken daran: Es handelte sich wie bei allen mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Privilegien um eine Vereinbarung, die persönlich von Rudolf II. als Herrscher mit den Ständen getroffen wurde und die erstmal nur ihn persönlich band.
Da Böhmen keine Erbmonarchie, sondern ein Wahlkönigtum war, entfiel ja die Möglichkeit auch alle potentiellen Erben Herrschers vertraglich an diese Privilegien zu binden, wie das andernorts üblich war.
Andererseits gab das Faktum der Wahlmonarchie den böhmischen Ständen aber die Möglichkeit an die Hand von jedem Bewerber um die böhmische Königskrone zu verlangen in einer entsprechenden Wahlkapitulation die Erneuerung der von Rudolf II. gewährten Privilegien zu verlangen und das ganze vor der Königswahl oder vor der Krönung zu beschwören.
So lief das in allen Wahlmonarchien Europas. Sowohl im Heiligen Römischen Reich, als auch in Polen-Litauen (wo seit den beiden Sachsen-Königen die Kandidaten vor der Wahl zugestehen mussten, dass sie eigenständig so gut wie gar nichts mehr tun durften), als auch in Böhmen, als traditionell auch in Ungarn, wobei das Ungarn durch die Türkenzeit unter die Räder kam. Gleiches galt spätestens ab denn Stuart-Königen auch in England/Großbritannien, wo auch jeder neue König die Magna Charta und die Rechtes des Parlaments beeiden, und auf bestimmte Dinge, wie die private Unterhaltung eines eigenen Heeres verzichten musste..
Dementsprechend musste auch Ferdinand II. bei seiner Wahl zum böhmischen König, die einst von Rudolf II. gewährten Privilegienn, darunter die Religionsfreiheit erneut beschwören.
Wenn er diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre er zum einen für die böhmischen Stände kein akzeptabler Kadidat für das Königrum gewesen, zum anderen gäbe es dann überhaupt keine Basis zu diskutieren, ob Ferdinand II. auf dem Gebiet der Religionspolitik vor dem böhmischen Ständeaufstand Rechtsbruch begangen hatte.
Der Umstand, dass sich Rudolf II. vor ihm als Herrscher bereit erklärt hatte in Böhmen durch seinen Majestätsbrief de facto das "ius reformandi" zu suspendieren, band Ferdinand II. so lange er das nicht selbst beschwor, durchaus nicht, insofern es durch das Wahlkönigtum keine ererbten Verpflichtungen darstellen konnte.
Wären die Böhmen bereit gewesen, einen König zu wählen ohne ihn vorher auf die Bestätigung des Majestätsbriefs Rudolf II. festzulegen, hätte es überhaupt keine Handhabe gegeben, wenn dieser dann als Landesherr vom "ius refomandi" gebrauch gemacht hätte.
Ferdinand II. hatte nicht vor, den Protestanten die Freiheit der Religionsausübung zu gestaten, er wollte Böhmen Rekatholisieren, wie er das schon im Innerösterreich getan hatte, denn die hatten von seinem Vater keine Garantie erhalten - das war eben der Unterschied.
Du versuchst die ganze Zeit von den österreichischen Verhältnissen auf die Böhmischen zu schließen.
Das ist in diesem Sinne aber nicht statthaft.
Wie schon angemerkt, hatte Ferdinands Vater Karl II. von Innerösterreich mit der ganzen Sache schonmal überhaupt nicht zu tun.
Zweitens, hatte Rudolf II. die österreichischen Lande nebst Mähren bereits vor dem Majestätsbrief an die böhmischen Stände an seinen Bruder Mathias abtreten müssen.
Drittens waren die Österreichischen Erblande, im Gegensatz zu den Ländern der böhmischen Krone keine Wahlmonarchie, so dass es für die Habsburger hier nicht notwendig war,Privilegien dieser Art an die Stände auszustellen, da sie diese Länder im Gegensatz zu den Böhmischen ohnehin aus eigenem Recht besaßen und hier nicht auf eine Königswahl angewiesen waren.
Daraus dass Ferdinand II. in seinen österreichischen Landen von dem ihm im Augsburger Religionsfrieden zugesprochenen "ius reformandi" (das die Lutheraner anerkannt hatten und gegen das sie nichts einwänden konnten, zumal sie sich mitunter selbst darauf beriefen) gebrauch machte, sich also auf ein Recht berief, dass ihm als Landesherr nach allgemeiner Auffassung durchaus zustand, folgt nicht, dass er von Anfang an bereit gewesen wäre sich über seien Eid auf die böhmische Konfessionsfreiheit hinweg zu setzen, bevor ihm die böhmischen Stände die Loyalität aufkündigten und damit ihrerseits den beidseitigen Vertrag brachen.
Deine Argumentation mit der Situation in den Erblanden, läuft im Klartext darauf hinaus, dass du aus dem Gebrauch der Rechhte, die Ferdinand II. hier als Landesherr hatte, gerne seine Bereitschaft zum Rechtsbruch ableiten möchtest.
Das ist logisch nicht nachvollziehbar.
Und bei den beiden Kirchensachen in Böhmen ist wie gesagt überhaupt nicht so einfach zu entscheiden, ob das überhaupt einen Bruch der zugestandenen Religionsfreiheit dargestellt hätte.
Es wäre sicherlich zur Vermeidung des Eindrucks von Parteilichkeit für Ferdinand II. günstiger gewesen, die beiden Fälle vor das Reichskammergericht zu bringen, statt eigenmächtig Entscheidungen zu fällen oder den Kardinal Khlesel in diesen beiden Sache weiter verhandeln zu lassen um zu versuchen irgendwie zu einer einvernehmlichen Einigung zu kommen.
Insofern hat Ferdinand hier sicherlich ungesschickt aggiert, ob das aber ein Rechtsbruch war, ist fraglich.
Sepiola hat dankenswerter Weise auf Ferdinands Politik gegenüber Schlesien hingewiesen, wo die Kompromissregelunngen auch über den böhmischen Aufstand, dem sich die schlesischen Stände zunächst nicht anschlossen in Kraft blieb, was gegen die Vorstellung der von Anfang an angestrebten großen Rekatholisierungskampagne spricht.
Das die Sache auch auf protestantischer Seite nicht so eingeschätzt wurde, zeigt sich daran, dass die anderen lutherischen und auch die meisten reformierten Reichsstände in der Auseinandersetzung mit Böhmen neutral blieben.
Sachsens Kurfürst Johann Georg I. de facto der inoffizielle Anführer der lutherischen Stände half dem Kaiser sogar den Böhmischen Aufstand niederzuschlagen, als Entschädigung dafür bekam er von Ferdinand II. die beiden Lausitzen als Pfand (allerdings noch nicht als tatsächlichen Besitz, dass folgte dann auch erst mit dem Prager Frieden 1635).
Die calvinistischen und luterischen Stände hätten sie mit Sicherheit nicht so verhalten, wenn sie in dem Aggieren Ferdinand II. einen Reigionskrieg und den beabsichtigten Bruch des Augsburger Religionsfriedens von 1555 gesehen hätten, der auch sie bedroht hätte.
Hätten sie die Situation so gedeutet, hätten sie sich selbst durch den Kaiser bedroht sehen müssen, dann hätten sie sicherlich den Schulterschluss mit den böhmischen Ständen gegenn Habsburg gesucht, anstatt neutral zu bleiben oder Ferdinand II. sogar zu helfen.
Das taten sie aber nicht. Und meines Erachtens hätten sie auch nicht unbedingt einen Grund dazu gehabt das anders zu halten.