Die Hypothese des Bourguignon d’Anville, die al-Andalus auf die Vandalen zurückführt hat doch auch ihren Charme.
Echt jetzt? Müssen wir jetzt wirklich jeden Schreiber, der seit dem 13. Jhdt. die pseudoetymologische Herleitung Andalusiens von den Vandalen nachgeplappert hat, durchkauen? Worin besteht der Charme, wenn ein Aufklärer des 18. Jhdts. einen mittelalterlichen Gelehrtenfehler reproduziert und warum sollen wir den immer weiter reproduzieren?
Nach ihm siedelten die Vandalen von 409-429 in Baetica im Süden Spaniens und zogen dann nach Nordafrika um dort von 429 bis 533 zu sein. Sie lebten dort auch zusammen mit den Römern, die von -146 bis 476 dort waren. Als Ergebnis dieser langen römischen Kolonisation praktizierten viele Berber mehr oder weniger die lateinische Sprache und hörten oder sprachen oft das Wort "wanndalouss", das den lateinischen Vandalvs entspricht. Sie sprachen von ‘Wanndalouss, dem Land der Vandalen, dem pagus ‘Wanndalouss, Ortschaft der Vandalen, dem equus ‘Wanndalouss, dem Pferd der Vandalen.
Als Tariq ibn Ziyad 711 mit seiner Truppe übersetzte nach Gibraltar (nach diesem Heerführer benannt) stürmten seine Truppen mit dem ihnen so bekannten Schlachtruf ‚Wanndalouss durch das ihnen bekannte Herkunftsland der Vandalen. Man spricht ja von Invasionsheeren der Araber und vergißt dabei, daß sie zu über 90 Prozent aus Berbern bestanden.
Ob diese wohl so lange warten wollten bis sich der aus dem Gotischen stammende Begriff landa-hlauts über landa-lauts > landa-luts > landa-lus zum arabischen al-Andalus gewandelt hatte. Und das über fünf Entwicklungsstufen. - Wohl kaum.
Also lieber Geschichte glatt schreiben gerade mal zwei Jahrzehnte (nicht einmal eine Generation) gegen Jahrhunderte aufwiegen und linguistische Argumente ignorieren?
Noch mal: Ein Berberisches [w] ist auch ein arabisches [w]. Gut, das kann man ja vielleicht noch ignorieren. Aber dass man ignoriert, dass Araber vor Landes- und Ortsnamen - sofern die mein Konkretum bezeichnen (die Salzquelle, der Feigenbaum) - keinen Artikel setzen und der im Arabischen praktisch nur bei aus fremden Sprachen übernommenen Namen, wo der Anlaut mit dem eigenen Artikel verwechselt wird vorkommen, dafür habe ich wenig Verständnis. Das ist schon Ignoranz in höherem Stadium.
Was deine "fünf Entwicklungsstufen" angeht, so darfst du davon ausgehen, dass die Goten im 7. Jhdt. vollromanisiert waren. Sie sprachen nicht mehr Gotisch und ihre gotischen Worte sprachen sie natürlich aus, wie sie Romanen sprachen. Sprich, was wir aus dem wulfilaschen Gotisch als
landahlauts rekonstruieren, dürfte im iberromanischen Sprachgebrauch etwa *
landalots oder *
landalos gelautet haben, das -h- verstummt, der Diphtong monophtongiert (Stichwort Quantitätenkollaps, lat.
av [aw] wird zu vlat.
o [ɔ]). Die Araber kennen keinen Bedeutungsunterschied zwischen -o- und -u-, im Hocharabischen gibt es nur -u-, in Dialekten kann es auch -o- lauten. Überhaupt sind im Spanischen so gut wie keine Berberismen zu finden, trotz der Bedeutung der Berber nicht nur für die Eroberung 711 sondern auch in der Zeit des Kalifats als Söldner und den Invasionen vom 11. - 14. Jhdt. (Almoraviden, Almohaden, Meriniden).