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Aus dem Gespräch Kohl-Gorbatschow am 10. Februar 1990 in Moskau am Spätnachmittag.
Q: Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990 (1998). Nr. 174
Kohl S. 798 f.:
Kohl S. 800:
Gorbatschow S. 804:
Kohl S. 805:
Aus dem direkt nachfolgenden Gespräch in großer Runde, nun zusätzlich mit den Außenministern der Sowjetunion und der Bundesrepublik sowie weiteren Delegationsmitgliedern am frühen Abend des 10. Februar.
Q: Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990 (1998). Nr. 175
Gorbatschow referiert S. 808 f. über sein vorangegangenes Gespräch mit Kohl:
Kohl S. 809:
Das reale Dissens-Thema war die von Kohl und praktisch allen anderen 'westlichen' Verantwortlichen inzwischen immer deutlicher vertretene Position einer unabdingbar gemachten NATO-Mitgliedschaft eines geeinten Deutschland. Diese wurde, egal mit welchen ähnlichen Vorschlägen eines Sonderstatus für das Gebiet der DDR, konstant abgelehnt, explizit in aller Öffentlichkeit beispielsweise am 5. Mai 1990 zu Beginn der ersten großen 2+4-Gespräche durch Schewardnadse vor Journalisten.
Q: Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990 (1998). Nr. 174
Kohl S. 798 f.:
[…] Mit Nachdruck stellte der Bundeskanzler fest, daß eine Neutralisierung mit der Bundesregierung nicht durchsetzbar sei. […] Natürlich könne die NATO ihr Gebiet nicht auf das heutige Gebiet der DDR ausdehnen. Erforderlich seien jedoch Regelungen, um ein Einvernehmen zu finden.[…]
Kohl lehnt eine Neutralisierung explizit ab, ein geeintes Deutschland bleibt in der NATO und offeriert dafür einen 'Sonderstatus' für die DDR, als Ausgangspunkt für Verhandlungen, Übereinkünfte. Worauf Gorbatschow nicht einging.Kohl S. 800:
Ein neuer Vertrag werde dann nicht erforderlich sein. Der neugebildete deutsche Staat könne in den Vertrag eintreten, wenn Moskau bzw. Warschau zustimmten.[…] Die Hauptfrage sei der Status des künftigen Deutschlands, vor allem der militärische.
Gorbatschow:Dies sei die Hauptfrage, fügte GS Gorbatschow hinzu.
Kohl:Eine Lösung dieser Frage sei möglich, erwiderte der Bundeskanzler. Das Interesse des Generalsekretärs sei es, das Sicherheitsinteresse der Sowjetunion zu wahren. Das deutsche Interesse sei, die Souveränität zu wahren und Regelungen zu finden, die auf beiden Seiten Vertrauen schaffen würden.[…]
Deutlich erkennbar, hatte Gorbatschow die Offerte Kohls nicht aufgenommen, Kohl geht auf einen Allgemeinplatz zurück.Gorbatschow S. 804:
[…] Er wisse, daß für den Bundeskanzler wie für die meisten anderen die Neutralität nicht nur unannehmbar sei, sondern auch einen Rahmen schüfe, der das deutsche Volk erniedrige. […] Trotzdem sehe er ein vereinigtes Deutschland außerhalb des militärischen Gebäudes mit nationalen Streitkräften, die für die nationale Verteidigung ausreichen. Er wisse nicht, wie der Status aussehen solle, wenn nicht neutral, so vielleicht blockfrei wie beispielsweise Indien, China oder andere in Europa, als aktive Kraft in Europa und in der Welt.
Dieser Gedanke müsse weitergedacht und durchgespielt werden. Alle solche Überlegungen, daß ein Teil Deutschlands in der NATO, der andere Teil dem Warschauer Pakt angehöre, seien nicht ernst zu nehmen. Dies gelte auch für den Vorschlag, das bestimmte Truppen bis zu einem bestimmten Fluß, jedoch nicht im anderen Teil Deutschlands stationiert werden sollten. Dies sei auch nicht ernst zu nehmen. Sie sollten diese Gedanken einmal miteinander durchspielen.[…]
Gegenüber ihren Freunden sollten sie deshalb sagen, daß sie gemeinsam ein interessantes Gespräch darüber geführt hätten, wie Europa und die Welt aussehen sollten, und daß sie dieses Gespräch fortführen wollten.
Er habe über diese Fragen auch mit Baker gesprochen. Baker habe sich auf den Bundeskanzler berufen und vorgeschlagen, daß die Vertreter der zwei deutschen Staaten und der vier Siegermächte miteinander sprechen und einen gemeinsamen Tisch finden sollten. […]
Fett die explizite Ablehnung des Genscher-Baker-Kohl-Idee durch Gorbi, wie schon im Brief an Brandt vom 7.2.90, da diese die abgelehnte NATO-Mitgliedschaft eines geeinten Deutschland enthielt.Dieser Gedanke müsse weitergedacht und durchgespielt werden. Alle solche Überlegungen, daß ein Teil Deutschlands in der NATO, der andere Teil dem Warschauer Pakt angehöre, seien nicht ernst zu nehmen. Dies gelte auch für den Vorschlag, das bestimmte Truppen bis zu einem bestimmten Fluß, jedoch nicht im anderen Teil Deutschlands stationiert werden sollten. Dies sei auch nicht ernst zu nehmen. Sie sollten diese Gedanken einmal miteinander durchspielen.[…]
Gegenüber ihren Freunden sollten sie deshalb sagen, daß sie gemeinsam ein interessantes Gespräch darüber geführt hätten, wie Europa und die Welt aussehen sollten, und daß sie dieses Gespräch fortführen wollten.
Er habe über diese Fragen auch mit Baker gesprochen. Baker habe sich auf den Bundeskanzler berufen und vorgeschlagen, daß die Vertreter der zwei deutschen Staaten und der vier Siegermächte miteinander sprechen und einen gemeinsamen Tisch finden sollten. […]
Kohl S. 805:
Der Bundeskanzler faßte das Gespräch zusammen und fragte den Generalsekretär, ob er mit folgender Schlußfolgerung einverstanden sei:
Sie seien sich darüber einig, daß die Entscheidung über die Einigung Deutschlands eine Frage sei, die die Deutschen jetzt selbst entscheiden müßten. Die Deutschen müßten jedoch den internationalen Kontext berücksichtigen. Dazu gehörten auch die Lehren aus der Geschichte, wie sie sich aus dem Krieg und seinen Folgen ergeben hätten. Dazu gehöre auch, daß die Deutschen die berechtigten Sicherheitsinteressen der Nachbarn zu berücksichtigen hätten. Parallel zum Einigungsprozeß in Deutschland müßten in der Frage der Bündnisse befriedigende Lösungen gefunden werden.[…]
Kohl verliert kein Wort mehr zu seinem nicht angenommenen, dann selbst auch als Ausgangsbasis abgelehnten Vorschlag.Sie seien sich darüber einig, daß die Entscheidung über die Einigung Deutschlands eine Frage sei, die die Deutschen jetzt selbst entscheiden müßten. Die Deutschen müßten jedoch den internationalen Kontext berücksichtigen. Dazu gehörten auch die Lehren aus der Geschichte, wie sie sich aus dem Krieg und seinen Folgen ergeben hätten. Dazu gehöre auch, daß die Deutschen die berechtigten Sicherheitsinteressen der Nachbarn zu berücksichtigen hätten. Parallel zum Einigungsprozeß in Deutschland müßten in der Frage der Bündnisse befriedigende Lösungen gefunden werden.[…]
Aus dem direkt nachfolgenden Gespräch in großer Runde, nun zusätzlich mit den Außenministern der Sowjetunion und der Bundesrepublik sowie weiteren Delegationsmitgliedern am frühen Abend des 10. Februar.
Q: Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990 (1998). Nr. 175
Gorbatschow referiert S. 808 f. über sein vorangegangenes Gespräch mit Kohl:
[...] Im Grunde gehe es um zwei sehr wesentliche Momente: die berechtigten Interessen der Deutschen und auch die berechtigten Interessen der Sowjetunion und anderer Völker. Mit dem Bundeskanzler habe er - ohne in Details zu gehen – die militärischen Aspekte dieser Problematik erörtert. Hier sollte man besonders verantwortungsvoll vorgehen – gerade darin habe er mit dem Bundeskanzler volles Einverständnis erzielt. […]
In der großen Runde kein Wort mehr zu Kohls Vorschlag, auch als Diskussionsbasis.Kohl S. 809:
[…] Im Zusammenhang mit den Sicherheitsfragen habe man auch über den Warschauer Pakt und die NATO ausführlich gesprochen. Dabei sei selbstverständlich, daß die Bundesrepublik Deutschland und die Sowjetunion nicht allein auf der Welt seien – gerade habe Außenminister Schewardnadse mit seinem Amtskollegen James Baker über Fragen der Sicherheit, der Abrüstung und Rüstungskontrolle gesprochen. […]
Da war der Genscher-Baker-Kohl-Vorschlag lautlos in der Versenkung verschwunden....Das reale Dissens-Thema war die von Kohl und praktisch allen anderen 'westlichen' Verantwortlichen inzwischen immer deutlicher vertretene Position einer unabdingbar gemachten NATO-Mitgliedschaft eines geeinten Deutschland. Diese wurde, egal mit welchen ähnlichen Vorschlägen eines Sonderstatus für das Gebiet der DDR, konstant abgelehnt, explizit in aller Öffentlichkeit beispielsweise am 5. Mai 1990 zu Beginn der ersten großen 2+4-Gespräche durch Schewardnadse vor Journalisten.