Ein sehr interessantes Thema. Ich weiß nicht so recht, ob diese Werke deine Neugier wirklich voll befriedigen.
Hans Georg Behr, Von Hanf ist die Rede-Kultur und Politik einer Pflanze
beschäftigt sich mit der Kulturgeschichte des Hanfs und zeichnet sich durch Sachkenntnis und einen gut lesbaren Stil aus, ist recht ausführlich für das 19. und 20. Jahrhundert, aber weniger ausführlich für die Antike. Trotzdem gut lesbar und informativ, allerdings eher als Einstiegsliteratur geeignet.
Rausch und Realität Bd. 1-3
entstand Anfang der 1980er Jahre aus Beiträgen zu einer Ausstellung im Rautenstrauch-Jost Museum in Köln.
Da waren, wenn ich mich recht erinnere auch einige Beiträge enthalten, die sich mit der Drogenkultur der Antike beschäftigte, allerdings vor allem beschränkt auf die Trinkkultur der Antike und den Wein.
In den 1980er Jahre war das Buch ein Lichtblick, ist mittlerweile in vielen Passagen veraltet, als Einstieg mag es aber durchaus brauchbar sein.
Man muss sich eingestehen, dass man nicht wirklich viel darüber weiß. Immerhin finden sich bei Autoren wie Homer (Odyssee 6. Gesang), bei Herodot (Exkurs über die kiffenden Skythen) und in medizinischer Literatur wie bei Galen von Pergamon Informationen.
In klassischer Zeit waren den Griechen Opium und Cannabis bekannt, und natürlich auch Arzneipflanzen/Gifte/Rauschdrogen wie Nachtschattengewächse, Digitalis, Akonit u. v. a.
Homer erwähnt in der Odyssee verschiedene Drogen, Wundermittel. Telemachos, der Sohn des Odysseus will erfahren, was mit seinem verschollenen Vater Odysseus geschehen ist, und er besucht die Höfe von Phylos und Sparta. Als die Gesellschaft vom Krieg spricht und den vielen Toten, überkommt sie das heulende Elend, und die schöne Helena weiß Rat und Abhilfe und greift zu einem Wundermittel, das Menelaos aus Ägypten mitgebracht hat.
Doch die zeusgeborene Helena hatte anderes im Sinn,
Und sie warf in den Wein, von welchem sie tranken
Das Mittel Nepenthes gegen Kummer und Schmerz
und aller Übel Gedächtnis.
Wer das hinunterschluckt, nachdem es im Kessel gemischt,
Dem rinnt am nämlichen Tage keine Tränen die Wangen herab
und sind ihm auch Vater und Mutter verstorben.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Homer Opium beschrieb, aber anscheinend vom Hörensagen berichtete, denn er nennt nicht den Schlafmohn, der in klassischer Zeit den Griechen gut bekannt war. Auch bei der Lotospflanze, die Odysseus Männer die Heimkehr vergessen lässt oder bei dem Kraut Molys, das Hermes Odysseus gibt, um sich gegen die Zauberkünste der Kirke zu verteidigen, könnte man an verschiedenen Rauschdrogen denken, bei diesen Passagen könnte es sich aber um ein literarisches Topos handeln, während sich beim Wundermittel Nepenthes eine Identifikation miut dem Schlafmohn geradezu aufdrängt.
Vom Hörensagen berichtet auch Herodot in seinen Historien, der über die Skythen, die sich eine Art Cannabis-Sauna, Cannabis-Schwitzhütte bastelten. Herodot schreibt, dass die Skythen die Samen verdampften und inhalierten. Die Samen enthalten freilich kein oder kaum THC und CbD. Behr vermutet, und das ist einleuchtend, dass nicht die Samen, sondern die ganzen Blütenstände gemeint waren. Gräberfunde haben Herodot bestätigt, und es wurden aus der Antike kleine Pfeifen gefunden.
Tabak konnte freilich daraus nicht geraucht worden sein, denn der stammt aus Amerika, und das rauchen von Opium verbreitete sich erst nachdem sich Tabakrauchen etabliert hatte, außerdem muss Opium mit einem Schimmelpilz fermentiert werden, um von Rohopium zu Rauchopium weiterverarbeitet zu werden.
Aus römischer Zeit sind aus vielen Provinzen kleine Pfeifchen erhalten. Griechen und Römer rauchten allerdings selten, verbreitet haben solche Pfeifen, so vermuten einige Wissenschaftler, Hilfstruppen aus dem Orient.
Wein und Opium waren spätestens in klassischer Zeit verbreitet und bekannt und begehrte Handelsartikel, und auch Cannabis dürfte nicht nur für medizinische Zwecke, sondern auch für hedonistischen Gebrauch verwendet worden sein. Hanf ist eine anspruchslose Pflanze und auch Mohn ist relativ pflegeleicht und kann auch in Mitteleuropa gezogen werden. Hochwertige Kapseln können bis zu 15% Morphin enthalten, fast soviel wie Kapseln aus Afghanistan oder dem Goldenen Dreieck. Ungarn und Frankreich haben von der UNO die Erlaubnis, Mohn zur Gewinnung von Medikamenten anzubauen, und im 1. Weltkrieg schon tat Österreich-Ungarn das Gleiche.