Auch wenn das Wahlmännergremium stark in der Kritik steht, ist es aufgrund meines Erachtens der Bevölkerungsverteilung in den USA fairer als wenn man das europäische System nutzen würde.
Es steht doch nicht das electoral college an und für sich in der Kritik, sondern seine Verbindung mit dem reinen Mehrheitswahlrecht in fast allen US-Bundesstaaten, ausgenommen Maine und Nebraska.
Historisch gesehen, war die Regelung mit dem Wahlmännerkollegium schon sehr sinnvoll, man bedenke, die USA sind (wenn auch nicht unbedingt im heutigen Verständnis), doch seit dem 18. jahrhundert mindestens so weit demokratisch verfasst, dass Wahlen landesweit nötig waren und das in einem Land, mit ein paar 1.000 Km Länge und Breite, in einer Zeit, in der es noch keine Eisenbahn gab, geschweigeden die Möglichkeiten des modernen Individualverkehrs.
Die Wahl über Wahlmänner zu organisieren, war damals im logistischen Sinne konsequent und wäre auch heute nicht schädlich, wenn sie nicht fast überall in Verbindung mit dieser Form des Mehrheitswahlrechts stehen würden.
Wären die US-Bundesstaaten in Sachen Wahlgesetzgebung mehrheitlich so verfasst, wie Maine und Nebraska, so dass Wahlmännerstimmen an Siege in Distrikten innerhalb des Staates und dann nochmal an den Sieg im Gesamtstaat gebunden sind
3 Distrikte zu je einem Wahlmann und 2 Wahlmänner für die Mehrheit der Stimmen im Staat, wie das in Nebraska ist, anstelle von "the winner takes it all" um ein Beispiel zu geben.
Richtete man das so ein, dass es hier nichtmal zu einem reinen Verhältnis- sondern nur zu einem gemischten Wahlrecht käme, würden dadurch die Ergebnisse der Wahlen weit weniger verzerrt, auch wenn man an der Einrichtung der Wahlmänner festhielte.
Wie gesagt, historisch waren sie in jedem Fall sinnvoll und das die US-Amerikaner es nicht so gerne sehen, wenn an der Bundesverfassung herumgespielt wird, ist irgendwo, vielleicht nicht nachvollziehbar in diesem Fall aber mindestens doch begreifbar.
Die Kandidaten würden sonst nur in Metropolen wie New York, Miami, Los Angeles, Dallas, Chicago und so weiter Wahlkampf machen.
Was genau wäre daran falsch? Da erreichten sie die meisten Menschen.
Im Aktuellen System braucht sich ein Kandidat der Demokraten im gesammten Staat Kalifornien überhaupt nicht blicken zu lassen, weil der ohnehin demokratisch wählt und ein republikanischer Kandidat nicht in Missisippi, Alabama oder Oklahoma.
Neben der Frage, ob es bei den heutigen medialen Möglichkeiten überhaupt noch wichtig ist, wo genau die Veranstaltung stattfindet, weil 99% des Publikums die sowiso nicht live sehen, sondern per Übertragung, stellt sich dann auch die Frage, ob es sinnvoll ist, dass Kandidaten im Grunde ganze Staaten, die ohnehin als sicher gelten beim Wahlkampf aussparen und die Metropolen weitgehend meiden können und sich die Sache dann alle 4 Jahre in den kleinstädtisch geprägten Wahlkreisen von Pennsylvania, Ohio und Florida abspielen, wo die Wahl letztendlich entschieden wird.