H
hyokkose
Gast
Da es in Diskussionen immer wieder vorkommt, daß skurrile Thesen mit dilettantischen Wortvergleichen "bewiesen" werden sollen, möchte ich - einer Anregung Lynxxx' folgend - einige grundlegende Aspekte zum Thema "Vergleichende Sprachwissenschaft" darlegen.
Immer wieder wird mit ähnlichen Wörtern argumentiert. Ähnliche Wörter beweisen für sich überhaupt nichts, denn ähnliche Wörter in verschiedenen Sprachen können verschiedene Ursachen haben:
1. Zufall
Wenn man zwei Sprachen miteinander vergleicht, wird man immer ähnliche oder gleiche Wörter finden. Mit einem dicken Wörterbuch und genug Geduld wird man immer fündig. Einige Beispiele:
sumerisch "ĝen" = deutsch "gehen"
indonesisch "dua" = lateinisch "duo" (deutsch: "zwei")
koreanisch "mani" = englisch "many" (deutsch: "viel")
japanisch "namae" = deutsch "Name"
Je kürzer die Wörter oder Wortstämme, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, durch reinen Zufall etwas "Passendes" zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, daß etwa das deutsche Wort "Philologie" nur zufällig dem griechischen Wort "philologia" ähnelt oder daß das japanische Wort "orugasumusu" nur zufällig dem deutschen Wort "Orgasmus" ähnelt, ist hingegen recht gering...
2. Lallwörter und lautmalende Wörter
Wörter wie "Papa", "Mama", "Wauwau", "Kuckuck" sind über die ganze Welt verbreitet. Hier ist zwar kein reiner Zufall am Werk, dennoch erlauben Ähnlichkeiten bei solchen Wörtern keine Schlußfolgerungen über historische Zusammenhänge.
3. Entlehnungen
Entlehnungen von der einen in die andere Sprache sind seit alters her ein ganz alltäglicher Vorgang. Alltägliche Wörter wie "Mauer", "Keller", "Küche", "Tisch", Pfanne" wurden vor annähernd 2000 Jahren aus dem Lateinischen ins Germanische übernommen, sie sind im Deutschen heute noch zu Hunderten nachweisbar. Oft werden entlehnte Wörter wieder in die Nachbarsprachen weitergereicht, so sind z. B. die griechischen Wörter "nomos" ("Gesetz") und "dipthtera" ("Haut", "Pergament", in der Bedeutung "Papier", "Schriftstück") im Lauf der Jahrhunderte durch Zentralasien bis nach Nordostasien ins Mandschurische gewandert. In der anderen Richtung wurde ein mongolisches Wort ("karakoli" = "Stoßtrupp") bis ins südöstliche Afrika durchgereicht, ohne daß jemals mongolische Stoßtrupps dorthin gekommen wären.
Das heißt, daß Entlehnungen zwar auf einen direkten kulturellen Kontakt zurückgehen können, aber keineswegs müssen. Die Entlehnung kann auch über mehrere Zwischenstationen gegangen sein, ohne daß es jemals einen direkten Kontakt gegeben hat.
4. Sprachverwandtschaft
Wenn die Gemeinsamkeiten zwischen zwei Sprachen nur dadurch zu erklären sind, daß sie aus derselben Grundsprache hervorgegangen sind, spricht man von Sprachverwandtschaft. Ein bekanntes Beispiel bilden die romanischen Sprachen (Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Rumänisch u. a.), die sich allesamt aus dem Lateinischen entwickelt haben. Daß die einstige Grundsprache schriftlich bezeugt ist, ist allerdings nur selten der Fall. Meist läßt sich die Grundsprache nur rekonstruieren. Wenn die Rekonstruktion nicht nur eines gewissen Wortschatzes, sondern eines sprachlichen Systems - dazu gehören Phonologie (Lautlehre) und Grammatik - nach wissenschaftlichen Grundsätzen möglich ist, gilt eine Sprachverwandtschaft als bewiesen.
Immer wieder wird mit ähnlichen Wörtern argumentiert. Ähnliche Wörter beweisen für sich überhaupt nichts, denn ähnliche Wörter in verschiedenen Sprachen können verschiedene Ursachen haben:
1. Zufall
Wenn man zwei Sprachen miteinander vergleicht, wird man immer ähnliche oder gleiche Wörter finden. Mit einem dicken Wörterbuch und genug Geduld wird man immer fündig. Einige Beispiele:
sumerisch "ĝen" = deutsch "gehen"
indonesisch "dua" = lateinisch "duo" (deutsch: "zwei")
koreanisch "mani" = englisch "many" (deutsch: "viel")
japanisch "namae" = deutsch "Name"
Je kürzer die Wörter oder Wortstämme, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, durch reinen Zufall etwas "Passendes" zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, daß etwa das deutsche Wort "Philologie" nur zufällig dem griechischen Wort "philologia" ähnelt oder daß das japanische Wort "orugasumusu" nur zufällig dem deutschen Wort "Orgasmus" ähnelt, ist hingegen recht gering...
2. Lallwörter und lautmalende Wörter
Wörter wie "Papa", "Mama", "Wauwau", "Kuckuck" sind über die ganze Welt verbreitet. Hier ist zwar kein reiner Zufall am Werk, dennoch erlauben Ähnlichkeiten bei solchen Wörtern keine Schlußfolgerungen über historische Zusammenhänge.
3. Entlehnungen
Entlehnungen von der einen in die andere Sprache sind seit alters her ein ganz alltäglicher Vorgang. Alltägliche Wörter wie "Mauer", "Keller", "Küche", "Tisch", Pfanne" wurden vor annähernd 2000 Jahren aus dem Lateinischen ins Germanische übernommen, sie sind im Deutschen heute noch zu Hunderten nachweisbar. Oft werden entlehnte Wörter wieder in die Nachbarsprachen weitergereicht, so sind z. B. die griechischen Wörter "nomos" ("Gesetz") und "dipthtera" ("Haut", "Pergament", in der Bedeutung "Papier", "Schriftstück") im Lauf der Jahrhunderte durch Zentralasien bis nach Nordostasien ins Mandschurische gewandert. In der anderen Richtung wurde ein mongolisches Wort ("karakoli" = "Stoßtrupp") bis ins südöstliche Afrika durchgereicht, ohne daß jemals mongolische Stoßtrupps dorthin gekommen wären.
Das heißt, daß Entlehnungen zwar auf einen direkten kulturellen Kontakt zurückgehen können, aber keineswegs müssen. Die Entlehnung kann auch über mehrere Zwischenstationen gegangen sein, ohne daß es jemals einen direkten Kontakt gegeben hat.
4. Sprachverwandtschaft
Wenn die Gemeinsamkeiten zwischen zwei Sprachen nur dadurch zu erklären sind, daß sie aus derselben Grundsprache hervorgegangen sind, spricht man von Sprachverwandtschaft. Ein bekanntes Beispiel bilden die romanischen Sprachen (Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Rumänisch u. a.), die sich allesamt aus dem Lateinischen entwickelt haben. Daß die einstige Grundsprache schriftlich bezeugt ist, ist allerdings nur selten der Fall. Meist läßt sich die Grundsprache nur rekonstruieren. Wenn die Rekonstruktion nicht nur eines gewissen Wortschatzes, sondern eines sprachlichen Systems - dazu gehören Phonologie (Lautlehre) und Grammatik - nach wissenschaftlichen Grundsätzen möglich ist, gilt eine Sprachverwandtschaft als bewiesen.
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