Hochgerechnet auf 1.200 Jahren kommen natürlich Millionen Opfer zustande.
Die besondere Brutalität der arabischen Sklaverei war die Kastration der männlichen Sklaven. (Bei den Militärsklaven/Mamluken wurden davon abgesehen, für den Krieg wollten sie offenbar vollständige Männer.) Den Sklaven wurden nicht nur Hoden sondern auch der Penis entfernt. Gerade die Entfernung des Penis war wegen der Schwellkörper und der Harnröhre sehr gefährlich und forderte sicher viele Opfer.
Die Eunuchen wurde nicht nur im Harem eingesetzt, auch in Bergwerken und auf Plantagen arbeiteten Eunuchen.
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Zwangsweise Kastration, häufig ohne Betäubung, bei der mit großer Sicherheit viele Betroffene ums Leben kamen, war natürlich übel. Ob man das als besonders brutal betrachtet, ist Ansichtssache. Bei Sklavenrazzien arabischer Händler und Warlords wurden in der Regel nur die Stärksten und Kräftigsten zu den Faktoreien getrieben. Kleine Kinder und Alte, die nicht flüchten konnten, wurden sofort,nachdem man ein Dorf überfallen hatte, niedergemacht. Es gibt Berichte von David Livingstone und Mungo Park, die berichten, dass Babys und Kleinkinder ins Feuer der brennenden Hütten geworfen wurde, da man Munition sparen wollte.
Manche Händler wie Manyema von Ipoto nahmen nur Frauen und Mädchen gefangenen wie Henry M. Stanley in seinem Buch über die Rettungsexpedition zugunsten von Emin Pascha berichtet. Mädchen und Frauen wurden entweder an arabische Händler als Sexsklaven verkauft oder zum "Eigenbedarf" verwendet. Aus den Nachkommen rekrutierten die Händler ihren Nachwuchs, den sie als Kindersoldaten ausbildeten und wenn sie 12-14 Jahre alt waren, nahm man sie auf Beutezüge mit. Männer, die waffenfähig waren, wurden niedergemacht, Alte und Kinder ins Feuer geworfen oder ihrem Schicksal oder Raubtieren überlassen. Sicher kann man einwenden, dass Livingstone oder Parks kaum persönlich bei solchen Beutezügen dabei waren und vielleicht auch das ein oder andere übertrieben, um ihre Zuhörer zu Spenden zu motivieren. Allerdings finden sich solche Beschreibungen unabhängig voneinander in vielen zeitgenössischen Berichten, und insgesamt wird man durchaus die Authentizität der Berichte von Park, Livingstone und anderen bestätigen müssen.
Der schon mehrfach erwähnte Tippu Tib, dem Stanley das Benehmen eines vollendeten Gentlemans attestierte, erzählte Stanley einiges von seinen Geschäftspraktiken. Durch Späher und Informanten erfuhr er häufig von Stammesfehden und -Kriegen. Tippu Tib bot dann immer der unterlegenen Seite seine Waffenhilfe an. Im Gegenzug mussten seine "Verbündeten" ihm alle Gefangenen abtreten. Mit der Hilfe von Feuerwaffen gewann dann natürlich immer die Seite, die Tippu Tib unterstützte. War der Sieg errungen veranstaltete der Warlord dann eine große Siegesparty und knauserte nicht mit Alkohol. Waren dann die Sieger vollständig betrunken und kampfunfähig, kam auch die Reihe an sie, und sie wurden wie ihre Gegner versklavt.
Besonders hatte es Tippu Tib auf Stämme im Landesinneren abgesehen, die Elefanten jagten, aber keine Ahnung vom Handelswert von Elfenbein hatten. Oft benutzten solche Stämme Stoßzähne um Zäune zu bauen, und der Profit der Händler vermehrte sich.
In Afrika kursierten vor der Kolonialisierung durch die Europäer recht eigentümliche Währungen. In Nordafrika wurden Maria Theresien-Taler verwendet. Afrikaforscher wie Gerhard Rohlfs und Heinrich Barth berichteten, dass die Silbermünzen eigenartigerweise nur akzeptiert wurden, wenn sie das Todesdatum der Kaiserin trugen. Maria Theresias wurden auch von der französischen Kolonialverwaltung eine Weile eingesetzt. Wie diese eigenartige Währung nach Nordafrika gelangte und warum weiß ich nicht.
Südlich der Sahara wurden andere "Währungen" bevorzugt: Die Gehäuse von Kaurimuscheln und sogenannte Dotis, bunte Stoffbahnen aus Baumwolle. In seinen Büchern über die Suche nach dem verschollenen David Livingstone und über seine zweite Expedition, bei der er als erster Europäer Afrika von
Ost nach West von der Insel Sanzibar bis zur Mündung des Kongo in den Atlantik durchquerte, gibt Henry M. Stanley Auskunft über die Preise für Grundnahrungsmittel und Sklaven. Ein Doti, eine Stoffbahn aus einem Baumwolle-Leinen-Gemisch war 60 cm breit und 90 cm lang.
Ein Junge von 10-13 Jahren kostete 16 Dotis
Ein Junge von 13-18 Jahren 16-50 Dotis
Ein Mädchen von 10-13 Jahre 50-80 Dotis
Ein Mädchen von 13-18 Jahren 80-130 Dotis
Eine Frau von 18-30 Jahren 80-130 Dotis
Eine Frau von 30-50 Jahren 10-140 Dotis
Ein Mann von 18-50 Jahren 10-50 Dotis
Kleinere Kinder und ältere Frauen oder Männer wurden nicht gehandelt, da sie die Märsche zu den Faktoreien und Handelsposten nicht überlebt hätten. Man entledigte sich ihrer bei den Sklavenrazzien sofort auf die beschriebene Art.
Als die Europäer Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wieder größeres Interesse an Afrika entwickelten, war das Hauptargument für die Kolonialisierung, dass man den Aktivitäten arabischer Sklaven- und Elfenbeinhändler Paroli bieten und den Afrikanern-ob sie wollten oder nicht-die Zivilisation und das Christentum bringen müsse. Einige Forscher wie Livingstone, der sicher nicht frei von Vorurteilen seiner Zeit war, aber aufrichtige Sympathie für Afrika und seine Bewohner hatte, waren ehrlich davon überzeugt, dass die Kolonialisierung zumNutzen der Afrikaner sein würde. Was sich nur wenige Jahre später in der Privatkolonie Leopold II. abspielen würde, hat er nicht mehr miterlebt. Einige Missionare und Forscher mögen diese Ansichten geteilt haben, aber diese Rechtfertigung war doch recht zynisch. Jahrhundertelang haben Briten, Holländer, Franzosen und Portugiesen gar nicht genug Sklaven bekommen können. Die fingen sie zwar nicht selbst, sondern tauschten sie von einheimischen Stämmen und arabischen Händlern ein.
Englische Sklavenhändler, deren Haupsitz meist Liverpool oder Bristol war exportierten von 1680-1786 2, 13 Millionen Sklaven 192 Schiffe dienten dem transatlantischen Sklavenhandel. 1791 gab es an der westafrikanischen Küste 49 Faktoreien, von denen 14 den Engländern, 15 den Holländern, 4 den Portugiesen und ebensoviele den Dänen und Franzosen gehörten. im Jahre 1791 exportierten die Briten 38.000, die Franzosen 20.000, die Portugiesen 10.000, die Holländer 4000 und die Dänen 2500 Menschen, insgesamt 74.500 Menschen. Zwischen 1700 und 1786 wurden 610.000 Afrikaner nach Jamaika verschifft.
Die Angaben stammen aus der Enzyklopedia Britannica von 1962. Die damalige Schätzung von illegalen Sklaven in Saudi-Arabien wurde auf 500.-700.000 geschätzt, die Zahlen dürften auch heute noch zutreffen.
Literatur: Henry Morton Stanley How I found Livingstone 1871
Derselbe Through the Dark Continent 1875
Derselbe In Darkest Afrika dt Im dunkelsten Afrika- Aufsuchung, Rettung und Rückzug Emin Paschas
Mungo Park Reisen ins innerste Afrikas 1795-1806