Genau das ist die Lage eines Emporion, eines Handelsstützpunktes, vorzugsweise auf einer vorgelagerten Insel gegenüber dem Festland, wie sie Phönizier/ Punier, Gaditanos, Griechen und Römer liebten. Hier ist man vor unliebsamen Überraschungen sicher.
Vor allem die Phönizier suchten sich solche Plätze.

Aber noch etwas anderes: es sind dies die ältesten im archäologischen Kontext sicher datierbaren Funde auf den kanarischen Inseln!
Alle bisherigen Datierungen einer Besiedlung der kanarischen Inseln deutlich vor der Zeitenwende haben sich nicht bestätigen lassen.
Aber das ist doch ein Widerspruch. Wenn es keine Besiedlung gab, war auch kein Emporion notwendig. Mit wem hätte man handeln sollen, wenn es keine Urbevölkerung gab?
 
Kein Widerspruch, denke ich. Es ist der älteste sicher nachgewiesene Fundkontext der Kanaren. Ein Platz der dem Suchschema und dem Sicherheitsdenken der Seefahrer entsprach.
Die berberische "Urbevölkerung", so denke ich, arbeitete brav auf der Insel Fuerteventura selbst.

In einem archäologischen Bildband aus den 1990er Jahren hatte ich Farbfotos aus dem Anfang der 1960er Jahre gesehen, von damals noch sehr großen Concheros auf Fuerteventura, nahe der Wasserfront. Wobei ich nicht mehr weiß ob es Concheros mit Murex-Arten (d.h. für Purpur) waren oder Reste der Nahrungssuche der zahlenmäßig dort ja eher geringen einheimischen Bevölkerung.

La excavación del conchero de El Cotillo descubre la importancia de la pesca en los mahos

Hier beschrieben die Muschelhaufen der Nahrungssuche auf Lapas (Napfschnecken, die immer noch für die Restaurants gesammelt werden) und Mejillones (Miesmuscheln):
El conchero de El Cotillo fue un lugar para el procesado de marisco desde el siglo IV

So oder so beherrschten auf Fuerteventura etliche Einheimische zumindest rudimentär die libysch-berberische Schrift.
 
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Neue römische Funde auf Lanzarote:
Los romanos llegaron a Lanzarote en el siglo I antes de Cristo


Es gibt ja die immer beeindruckenderen römischen Befunde auf der Robbeninsel, Isla de Los Lobos, im Nordosten vor Fuerteventura: Amphoren, Geschirr, Werkzeug aus Metall, spezielle Gefäße aus Blei: eine Manfaktur zur Gewinnung von Purpur.
Ein klarer Fall von Emporión, eine sichere Insel, vor der jeweiligen Hauptinsel.
Ein Handelskontakt mit den Guanchen ist dort zwar wahrscheinlich, nicht aber sicher nachgewiesen.

Jetzt aber im Nordwesten Lanzarotes, 500 m entfernt vom berühmten Surferstrand von Farmara, 2 neue/alte Fundstellen, El Bebedero ("Wasserspender") und Buenavista ("Schönblick"), beide nur 500 m entfernt.
Hier der übersetzte Text:

"Die Römer oder romanisierten Völker, die ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeerraum stammten, kamen im 1. Jahrhundert v. Chr. nach Lanzarote. Dies hat Pablo Atoche, Archäologe und Professor an der Universität von Las Palmas de Gran Canaria, gegenüber dieser Zeitung bestätigt. Bei den letzten Ausgrabungen, die im vergangenen Sommer an der Fundstätte El Bebedero (westlich von Lanzarote) durchgeführt wurden, fanden Atoche und sein Team zahlreiche Keramikreste, die zweifellos römischen Ursprungs sind", sowie Ziegen- und Schafsknochen. Der spektakulärste Fund in El Bebedero war eine vollständige Amphore mit einem veränderten Ausguss, um sie "für einen anderen Zweck zu verwenden".
Bisher gab es nur auf der Insel Lobos einen wissenschaftlichen Beweis für die Anwesenheit der Römer auf den Kanarischen Inseln.
Professor Atoche erforscht seit mehr als dreißig Jahren die Präsenz der mediterranen Kulturen auf Lanzarote. Die Ergebnisse der jüngsten Ausgrabung in El Bebedero, die im Juli 2022 durchgeführt wurde, bestätigten frühere Forschungen an diesem Ort und in Buenavista, und er stellte sie im vergangenen April bei der Sociedad Económica Amigos del País de Las Palmas in einer Konferenz mit dem Titel La colonización protohistórica del archipiélago canario a la luz de los hallazgos de Lanzarote (Die protohistorische Besiedlung des kanarischen Archipels im Lichte der Funde von Lanzarote) vor.
Bislang verfügt Atoche über "27 Kohlenstoff-14-Daten von Tier- und Pflanzenresten", die in der Ausgrabungsstätte El Bebedero gefunden wurden. Diese Überreste wurden "in sechs klar definierten stratigraphischen Ebenen" ausgegraben, mit einem chronologischen Rahmen, sagt der Forscher, der vom "1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 14. Jahrhundert n. Chr. reicht, also genau in das Jahrhundert vor der Eroberung der Kanarischen Inseln, also praktisch das ganze 15. [Jahrhundert]. Die Archäologen haben "römische Keramik, Steinmühlen zum Mahlen von Getreide, steinernes Material zur Bearbeitung von Häuten und viele Überreste der Fauna - "90 Prozent sind Knochen von Ziegen und Schafen" -, der Tiere und des Meeres, vor allem Mollusken" gefunden.

Der Archäologe ordnet die römischen Materialien zwischen dem 1. Jahrhundert v. Chr. und dem 4. [Jahrhundert ein.]
"Es handelt sich um Schalen und Gefäße, die denen sehr ähnlich sind, die wir an der Fundstelle Buenavista gefunden haben", die nur etwas mehr als 500 Meter von El Bebedero entfernt liegt. Beide Fundstellen befinden sich in derselben Region von Lanzarote, in der Nähe des Strandes von Famara, einem Gebiet, in dem man während der Monate auf offenem Meer ankern konnte, wenn die Bedingungen für die Seefahrt günstig waren.
Thunfisch-Amphore
Pablo Atoche beschreibt die Funde der letzten Kampagne vom letzten Sommer als "spektakulär". "Wir haben sechs Gruppen von verschiedenen Arten von Keramikpasten, die sechs Arten von Amphoren entsprechen, in einigen Fällen haben wir Ränder, Wülste, etc."
2022 "war spektakulär in Bezug auf die Anzahl der Fragmente von Amphoren und anderen Elementen römischen Ursprungs."

Die Analyse des Materials gibt Aufschluss über die Herkunft: "Die glockenförmigen Amphoren stammen aus Italien, aber es gibt auch Überreste aus dem antiken Gebiet von Karthago oder Baetica", im Süden der Iberischen Halbinsel. Neben den Keramikfragmenten wurden auch "metallische Elemente, Feuerstein aus Nordafrika, Perlen..." ausgegraben. Die Amphorengefäße, so der Forscher weiter, "enthielten Wein, Öl und gesalzenen Fisch".

Die herausragendste Entdeckung wurde jedoch bei der Reinigung eines neuen Profils im östlichen Teil der Baustelle El Bebedero gemacht. "Wir haben ein Objekt gefunden, von dem wir zuerst dachten, es sei ein Abwasserrohr, aber als wir es reinigten, verwandelte sich das Rohr in ein Gefäß". Der erste Zweifel besteht darin, dass es keine Contera, den Boden des Gefäßes, gab", so der Archäologe. Das Gefäß wurde auf einer Töpferscheibe hergestellt, d. h. es handelt sich nicht um eine einheimische Produktion, und es wurde in Schicht vier gefunden, "die wir auf die Zeitenwende datiert haben". Schließlich kommt das letzte Stück zum Vorschein: "Es handelt sich um eine vollständige Amphore römischen Ursprungs, die auf die Zeit um die Zeitenwende datiert wird".
Die Typologie, erklärt Atoche, "ist ziemlich merkwürdig, selten im Mittelmeerraum". Der Archäologe hebt die Veränderung hervor, "die sie an der Öffnung vorgenommen haben, sie haben sie vergrößert, um sie offensichtlich wieder zu verwenden". In der Tat, so der Forscher weiter, "deutet die Analyse des Inhalts darauf hin, dass er einen ursprünglichen Inhalt hatte" - diese Information bleibt bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Zeitschrift vorbehalten - "und später einen anderen, der mit der indigenen Welt zu tun hatte, mit Bräuchen, die wir in der indigenen Umgebung auf Lanzarote und Fuerteventura entdeckt haben".

Atoche gibt an, dass es sich um "die erste vollständige Amphore handelt, die in einem indigenen Kontext auftaucht". Während der Konferenz lieferte der Archäologe jedoch keine Beweise dafür, dass der Ursprung des Fundortes indigen ist und dass später, wie er behauptet, die Römer kamen. Der Professor von der Universität Las Palmas stellte klar, dass er die Ergebnisse noch in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen muss, weshalb er uns die Fotos der Amphore und anderer Keramikfragmente, die bei den Ausgrabungen im letzten Sommer in El Bebedero gefunden wurden, nicht zur Verfügung stellte. "Ich möchte sie erst in einer Fachzeitschrift veröffentlichen", erklärte er gegenüber Canarias Ahora- elDiario.es.

Was das Team von Pablo Atoche in den rund dreißig Jahren der Forschung an den Fundorten Buenavista und El Bebedero nicht gefunden hat, sind menschliche Überreste, was andere Archäologen zu der Annahme veranlasst, dass diese Siedlungen im Westen von Lanzarote, in der Gemeinde Teguise, nicht von Dauer waren, da sie von jenen Seefahrern errichtet wurden, die auf die Kanarischen Inseln kamen, als Rom den nordafrikanischen Küstenstreifen kontrollierte. Diese beiden Stätten waren nicht vom Ausbruch des Timanfaya-Vulkans (1730-1736) betroffen, der mehrere Dörfer und andere archäologische Stätten der Majos, wie die ersten Siedler der Inseln Lanzarote und Fuerteventura genannt wurden, verschüttete.

Die bisher ältesten menschlichen Überreste auf dem Archipel werden auf die Zeit zwischen 207 und 260 n. Chr. datiert, d. h. auf den Beginn des 3. Sie wurden 1968 auf Lanzarote in La Chifletera, einer Vulkanröhre in der Gemeinde Yaiza, gefunden. Die Archäologin Verónica Alberto koordinierte eine Untersuchung aller menschlichen Überreste, die an Fundorten auf Lanzarote gefunden wurden. Sie wurde im Herbst 2021 im Anuario de Estudios Atlánticos mit dem Titel Sobre el tiempo de los majos veröffentlicht. Neue Daten für das Wissen über die Besiedlung Lanzarotes durch die Ureinwohner, ein Werk, das von sieben Spezialisten erstellt wurde.

Die ersten Seefahrten zur Erforschung des Atlantiks südlich der Säulen des Herkules, südlich der Straße von Gibraltar, sind urkundlich belegt. Juba II. (52 oder 50 v. Chr. - 23 n. Chr.), der nordafrikanische König der römischen Provinzen Numidien und Mauretanien, finanzierte mehrere Expeditionen, die um 20 v. Chr. stattfanden. Die Ergebnisse dieser Reisen wurden von Plinius dem Älteren in seiner berühmten Enzyklopädie der Naturgeschichte festgehalten, die 77 n. Chr. im ersten Jahrhundert veröffentlicht wurde.
Obwohl die Fundstätten von El Bebedero und Buenavista vor der von Lobos - einer kleinen Insel nördlich von Fuerteventura - gefunden wurden, die 2013 entdeckt wurde, als ein Tourist Fragmente antiker Keramik fand, während die Ausgrabungen auf Lanzarote Ende des 20. Jahrhunderts begannen, war die Siedlung von Lobos die erste, in der die römische Präsenz auf den Kanarischen Inseln unwiderlegbar nachgewiesen wurde. Sie ist gleichaltrig mit den bereits erwähnten Fundstätten auf Lanzarote.

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Übersetzt mit DeepL, und das Programm ist wirklich, wirklich gut. Ich habe leider alles häppchenweise hier eingefügt, ellenlang, weil das Lesen des spanischen Textes doch sehr lang ist.
 
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Folgendes erscheint mir sehr wichtig:
  • Es gibt keine sicher datierten menschlichen Knochenbefunde auf den Kanaren vor 207 n. Chr.
  • Das passt allerdings nicht zu den Expeditionsberichten von Juba II (und von dem ist auch nicht der erste urkundliche Bericht über Fahrten südlich der Säulen des Herkules, das war Hanno der Seefahrer)
  • Die neuen Fundorte sind damit in etwa gleichaltrig wie die Fundstelle von Los Lobos.
  • Schaut Euch im Originalartikel die Gebäudereste an: das ist keine Architektur der Guanchen, es wirkt auf mich mit dem Kuppelbau und dem langen Gang eher wie nordafrikanisch oder von der iberischen Halbinsel. Man sieht auch 1-2 Kochstellen.
  • Es ist keineswegs gesagt dass hier Römer waren, es können auch Leute aus der Baetica oder aus Cadiz gewesen sein, die auch unter römischer Kontrolle viel (unternehmerische) Freiheit und traditionelle seefahrerische Expertise hatten.
  • Die Fundorte sind am Südwesthang des 600 m hohen Famara-Gebirges, hier gibt es Wasser.
  • Direkt in der Nähe sind bedeutende Salinen, auch früher schon, als natürliche, abgetrennte, tiefer gelegene Becken.
  • Ich hätte mit einem solchen Fundort eher auf der anderen und sicheren Seite des "Rio" gerechnet, des beeindruckenden Sundes: auf der Insel La Graciosa.
  • Erst waren hier Seefahrer bzw. Händler/Handwerker, dann erst Guanchen.
  • Und die Guanchen nutzten die Amphoren in Zweitverwendung.
  • Der Ort ist bemerkenswert ungeschützt, auf den Hängen gelegen.
  • Und als Ankerplatz ist dieser Surferstrand bei Farmara mit ständig roter Flagge saugefährlich, auch wegen der Fallwinde.
  • So oder so: eine Schnittstelle, ein Berührungspunkt am westlichsten Rand des Imperiums
OpenStreetMap
 
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Atoche gibt an, dass es sich um "die erste vollständige Amphore handelt, die in einem indigenen Kontext auftaucht". Während der Konferenz lieferte der Archäologe jedoch keine Beweise dafür, dass der Ursprung des Fundortes indigen ist und dass später, wie er behauptet, die Römer kamen.
Im Originaltext steht an dieser Stelle sostener. Nun kann man sagen, sostener ist 'behaupten', das wird man in Wörterbüchern auch so finden. Ich meine aber, dass das deutsche behaupten im Sinne davon, einen Sachverhalt darzulegen, negativ konnotiert ist. Das spanische sostener hat diese negative Konnotation nicht: Las columnas sostienen el techo - die Säulen stützen/tragen das Dach.
Nun kann man auch im Deutschen sagen: Er/sie behauptete den ersten Platz. Da ist behaupten auch nicht negativ konnotiert. Aber ich würde meinen, dass 'behaupten' hier eine suboptimale ÜS ist und man besser schreiben würde, ...wie er vertritt, die Römer kamen.
 
Pablo Atoche, auf den östlichen Inseln, und Jorge País País (La Palma) sind die beiden Leitwölfe der Archäologie dort.
Natürlich lieben alle den sehr besonnenen und sympathischen Jorge País País, mit seiner ruhigen und leisen Art Dinge zu erläutern.

Es ist fast 30 Jahre her, dass ich in einem Inselmagazin oder in einem alternativen Reiseführer, auf deutsch, eine verhaltene Kritik an Pablo Atoche gelesen habe. Er wurde damals als geheimnistuerisch und verschlossen geschildert, der seine Fundstellen verbergen und der Nachprüfung entziehen wollte, dafür aber manchmal mit steilen Thesen und scharfen Kontern provozierte.
Er hat ja noch vor kurzem die Besiedelung Lanzarotes auf das X. Jahrhundert vor Christus festgelegt:
Lanzarote: Archäologische Funde aus dem 10. Jahrhundert v. Chr. | Lanzarote Nachrichten

Aber das sind methodische Mängel, ein zu großes Vertrauen auf die (externe) Analytik. Bedauerlich, aber entschuldbar.
Ich habe ihn auch kritisiert, ohne seine Leistung zu würdigen.

Und die Pressevertreter sind etwas skeptisch, weil ja ganze Arbeitsgruppen in den letzten Jahren umfangreiche genetische und C14-Untersuchungen durchgeführt und ältere Untersuchungen methodenkritisch hinterfragt haben.

Man muss nur sehen welchen Vorstellungen, welchem Vandalismus, welchen esoterischen Theorien, welcher Unterfinanzierung und welchen Anfeindungen sich beide Archäologen vor 30 Jahren gegenüber sahen.

Das ganze Panoptikum der Atlantis-Phantasien, der Cromagnons, Wikinger, blonden Hügelgrabriesen, Megalith-Erbauer, Transatlantiker, Pyramidenausrichter, Däniken- und Thor Heyerdahl-Fans, Steinkreis-Setzer (an den schützenswerten Orten!) findet sich auch hier noch in den älteren Forumsbeiträgen.
 
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Ein sehr schöner archäologischer Bericht über die Archäobotanik der Kanarischen Inseln:


Besiedlung durch Berber und Nutzpflanzen aus semiariden Zonen Nordafrikas.

- Es gibt keine archäobotanischen Funde von kultivierten Nutzpflanzen vor dem 3. Jahrhundert nach Chr.

- Es wird vor allem eine Verarmung der biologischen Vielfalt beschrieben, das heißt keine Neuimporte nach der ursprünglichen Besiedlung.

- Besonders interessant der Anbau von Feigen auf Gran Canaria: dort gab es Bewässerung! Feigen sind die einzige importierte Fruchtpflanze auf den Kanaren. Feigenkerne wurden im kariösen Zahnschmelz von Verstorbenen aus dem 7. Jahrhundert nachgewiesen. Und Karies war bei den Einwohnern von Gran Canaria ein Problem, das mit Getreide und Feigen verbunden war. Wobei ich nicht weiß ob Datteln nicht genau so etwas bewirken würden.

- Kein Anbau von Getreideweizen, nur Anbau von Hartweizen.
 
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Wobei ich nicht weiß ob Datteln nicht genau so etwas bewirken würden.
Dazu müsste man wissen, ob die Früchte der kanarischen Dattelpalme (Phoenix canariensis) damals von Menschen gegessen worden sind (und nicht nur als Viehfutter genutzt wurden). Die Echte Dattelpalme (Phoenix dactylifera) dürfte damals nicht angebaut worden sein, sondern wäre es neben der Feige die zweite importierte Fruchtpflanze.
 
Noch ein spanischer Zeitungsartikel, der eine in der Zeitschrift Nature erschienene Publikation über die Genetik der Ureinwohner der kanarischen Inseln vorstellt und interpretiert:


Einige der Kernaussagen:
  • die Besiedlung der kanarischen Inseln erfolgte planmäßig,
  • sie war in kurzer Zeit abgeschlossen,
  • der Anteil "europäischer" Gene war hoch, dennoch überwiegend nordafrikanisch.
  • Nur auf den 3 Inseln mit großen natürlichen Ressourcen blieb die anfänglich hohe genetische Vielfalt bestehen,
  • was erklärt, dass die kargeren und kleineren Inseln im Osten des Archipels, die ja nahe an der afrikanischen Küste liegen, genetisch scheinbar "europäischer" sind als die größeren Inseln La Palma, Gran Canaria und Teneriffa.
 
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Der Artikel ist frei zugänglich im Open Access:


Es gibt ja, wie immer, das Problem des Selection Bias.
Es wurden Genome kanarischer Individuen vom 3. bis zum 16. Jahrhundert analysiert und mit Proben des nordafrikanischen Festlands verglichen.

Das Genom der kanarischen Bevölkerung ist näher verwandt mit dem Genom der nordafrikanischen Bevölkerung vor der islamischen Eroberung Nordafrikas als mit dem Genom der jetzigen nordafrikanischen Bevölkerung.
 
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Die Methodik erlaubt ja nicht eine zeitliche Festlegung, sondern stellt nur Verwandtschaftsbeziehungen dar.

Besonders interessant sind die Anteile von "Steppengenen", wie sie auch in Gräbern Mitteleuropas vorkommen.

Deren Vorkommen im kanarischen Genom wird auf punischen oder römischen Geneintrag in das Genom der nordafrikanischen Bevölkerung zurückgeführt, und bestand nicht im neolithischem Genom der nordafrikanischen Bevölkerung.
 
Hier ein alter Artikel aus dem Jahr 1997, noch vor den späteren Funden, über den Fundort El Bebedero im Nordwesten Lanzarotes, der römisch-berberische Kontakte belegt.
Auch damals schon die Einschätzung, dass es nicht unbedingt Römer sondern vielleicht auch Händler / Seefahrer aus der iberischen Provinz Baetica waren:


Zu bedenken: es gab keine Metalle auf den Kanaren.
 
Auch damals schon die Einschätzung, dass es nicht unbedingt Römer sondern vielleicht auch Händler / Seefahrer aus der iberischen Provinz Baetica waren:
Die Baetica war recht schnell romanisiert, Bewohner der Baetica in der Kaiserzeit nicht als Römer zu betrachten - natürlich waren sie keine „Stadtrömer“ - kommt mir seltsam vor. Waren die Senecae/Lucan keine Römer?
 
Sicher, aber waren sie auch iberischer Herkunft oder nicht doch eher Nachfahren von Kolonisten aus Italien?

Wie romanisiert die indigene Bevölkerung, vor allem außerhalb der Städte, war, ist eine andere Frage. Ob man Provinzialen, solange sie kein römisches Bürgerrecht hatten, als "Römer" bezeichnen sollte, noch einmal eine andere.
 
Schiffahrt, seemännische Expertise, Handelsverbindungen, Salzgewinnung, Garum, Purpurgewinnung, Fernhandel: das gab es ja schon vor den Römern. Mit der römischen Eroberung und Herrschaft war dies nicht vorbei.

Was ich nicht weiß: inwieweit war die punische Schrift in Marokko, Mauretanien und auf der iberischen Halbinsel auch noch unter römischem Einfluss vorhanden? Auf den Kanaren sind ja in den letzten Jahren jede Menge an libysch-berberischen Schriftzeichen nachgewiesen worden.

Welche wirtschaftlichen Verbindungen und welche Handelsfreiheit hatten die Städte im römischen Spanien am Atlantik?

Salz, Fisch und Purpur waren m.E. kein Ziel systematischer römischer Erschließung.
 
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Es gibt eine sehr lesenswerte Serie in der Internetseite "Canarias ahora":


DIE AMAZIGH [= berberische Ureinwohner] DER KANARISCHEN INSELN
Reise zu einem unbekannten Ort

Den Chroniken zufolge wussten die Ureinwohner nicht, wie man navigiert, und es gibt auch keine archäologischen Beweise für das Gegenteil, aber die genetische Analyse einiger Samen eröffnet der Forschung neue Horizonte.

Die ersten Siedler des Archipels, ob sie nun deportiert oder freiwillig, in einer oder mehreren Wellen auf die Kanarischen Inseln kamen, reisten auf dem Seeweg. Waren diese Reisen so traumatisch, dass sie es nicht wagten, erneut zu segeln, um die Insel am Horizont kennenzulernen? Hat die Nähe zwischen Lanzarote und Fuerteventura den Kontakt zwischen den Bewohnern nicht gefördert? Obwohl die ersten Ureinwohner zweifellos die Navigation kannten, weil sie mit dem Schiff ankamen, behaupten die meisten Experten, dass "sie die Navigation nicht kannten und nicht zwischen den Inseln segelten". Sie stützen sich dabei auf zwei unbestreitbare Tatsachen: Es wurden weder archäologische Funde gemacht, noch finden sich in historischen Quellen Hinweise auf sie. Folglich wären die Kanarischen Inseln die einzige Inselgruppe der Welt, die der Schifffahrt für mehr als tausend Jahre den Rücken gekehrt hat, von der Zeit der ersten menschlichen Ankunft bis zur Eroberung.
Dank der molekularen Analyse des Saatguts, der DNA der vom Festland mitgebrachten Gerste, wurde jedoch die Möglichkeit eröffnet, dass es Kontakte zwischen Gran Canaria und Teneriffa gab und dass der Ackerbau auf die östlichen Inseln gelangte und sich von Lanzarote und Fuerteventura zunächst auf die zentralen und dann auf die westlichen Inseln ausbreitete.

Carmen Gloria Rodríguez ist nicht nur Direktorin des Museums des Archäologischen Parks Cueva Pintada, sondern auch Spezialistin für Archäoichthyologie. Sie ist die erste kanarische Wissenschaftlerin, die die Beziehung zwischen den Ureinwohnern und den Meeresressourcen erforscht hat. Um die ichthyologischen Überreste (Fischknochen, -köpfe und -schuppen) und die malakologischen Überreste (Muschelschalen, wie z. B. die Napfschnecke), die an den Fundorten gefunden wurden, im Detail zu kennen, ging Rodríguez zu den Fischhändlern, um im Labor mit den Augen eines Chirurgen alle im kanarischen Meer lebenden Arten auszuweiden und sie mit den archäologischen Funden zu vergleichen.

"Alle Arten, die wir an Standorten auf Teneriffa, Gran Canaria, La Palma, El Hierro, La Gomera und Lanzarote gefunden haben - wir beginnen, Fuerteventura zu untersuchen - sind Küstenarten. Es gibt keine, die vor der Küste gefangen werden und die uns daher Aufschluss über die Fanggeräte geben, mit denen sie ins Meer gelangen. Wir gingen davon aus, dass der Fischreichtum zu dieser Zeit beträchtlich war, so dass es nicht nötig war, die Küste zu verlassen, um zu fischen", erklärt Rodríguez. Die Schlussfolgerung ist klar: "Sie brauchten nicht zu segeln, um zu fischen".

Für den Archäologen sind die Reisen der ersten Aborigines an einen unbekannten Ort ein Rätsel. "Die Deportationstheorie ist diejenige, die mich am wenigsten überzeugt. Ich denke, es waren sehr schwierige Umstände, die diese Bevölkerung zur Auswanderung zwangen; mit rudimentären Mitteln erreichten sie diese Inseln und vergaßen die Navigation, oder sie baten um die Hilfe von Leuten, die sie hierher bringen konnten". Jorge Onrubia, Forschungsleiter in der Cueva Pintada und Professor an der UCLM, glaubt, dass die Amazigh-Insulaner den Archipel "in römischer Zeit und mit Hilfe von Seefahrern" erreichten, die sie mit Naturalien bezahlten.

Die ULL-Dozentin und Archäologin Esther Chávez glaubt, dass die Ureinwohner Boote "gechartert" haben, um zu den Kanarischen Inseln zu gelangen, die dank der Kartografie von Agrippa und den Berichten von Plinius dem Älteren in seiner Naturgeschichte bereits auf der Karte verzeichnet waren, wie wir im ersten Kapitel dieser Serie gesehen haben. "Nach den uns vorliegenden Daten", so Chávez, "sind keine archäologischen Überreste von Schiffen dokumentiert. Da die Professorin die Deportationsthese nicht in Betracht zieht, "weil es keinen einzigen schriftlichen Beweis gibt", geht sie davon aus, "dass sie verlegt wurden". "Denken wir", so argumentiert sie, "an das Beispiel der heimlichen Auswanderung von Kanariern nach Venezuela" in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als Franco noch verbot, Spanien zu verlassen. Diese Kanarier "bezahlten dafür, nach Amerika gebracht zu werden".

Auf jeden Fall betont Chávez, wie auch andere Forscher, die Notwendigkeit, "herauszufinden, was in den ersten Jahrhunderten des Zeitalters in Nordafrika geschah, um Anhaltspunkte dafür zu finden, warum sie beschlossen, ihr Ursprungsvolk zu verlassen". Wie José Juan Jiménez, Autor von Canarii, la génesis de los canarios (Canarii, die Entstehung der Kanaren), argumentiert, "müssen wir nach Afrika gehen, um die archäologischen Stätten der alten Berberstämme besser kennen zu lernen".

Alfredo Mederos, Professor an der Autonomen Universität Madrid, ist ebenfalls der Meinung, dass "sie sie hätten mitnehmen sollen". Der Forscher aus Teneriffa hat Argumente, um seine Meinung zu begründen. Mederos, der zusammen mit Gabriel Escribano mehrere Publikationen über die Schifffahrt an der nordafrikanischen Atlantikküste während der phönizischen und römischen Epoche verfasst hat, stellt fest, dass "die unmittelbaren Küstengesellschaften entlang des Streifens von Marokko bis Mauretanien keine nautischen Kapazitäten hatten". Die großen Flotten gehörten den herrschenden Eliten, obwohl es auch Fischerboote gab, wie er in seinem Werk Pesquerías púnico-gaditanas y romanos de túnidos (Punisch-Gaditanische und römische Thunfischfischerei (300-20 v. Chr.) feststellt. Beim Studium klassischer Texte fand er in einem Text von Plutarch "einen der deutlichsten Hinweise auf die Anwesenheit von Seefahrern aus Cádiz auf den Kanarischen Inseln im 1. [Jahrhundert n. Chr.].

Er spricht von zwei "atlantischen Inseln, die durch einen sehr schmalen Meeresarm getrennt sind; sie liegen zehntausend Stadien von Libyen entfernt und werden die Inseln der Seligen genannt". Die befragten Historiker interpretieren sie als Lanzarote und Fuerteventura.

Die Flüchtlingsboot-Theorie [=Pateras-Theorie]

Und wenn sie umgesiedelt wurden, wer hat sie dann hierher gebracht, fragten wir Mederos. "Entweder auf Beschluss von Juba oder des Kaisers haben sie beschlossen, sich auf den Inseln niederzulassen, die sie bereits kannten, um sie zu kolonisieren. Aber es gibt keine schriftlichen Beweise. Deportiert? "Das ist eine weitere Möglichkeit, aber sie muss in jedem Fall bewiesen werden, ergänzend zu anderen Mitteln. Es ist besser, an eine relativ geplante Besiedlung zu denken, und zweifellos mussten sie Schiffe benutzen, denn man braucht eine bestimmte Anzahl von Menschen, um ein Gebiet zu besiedeln, und auch Tiere, wie es der Fall war. Mederos schlussfolgert: "Ich glaube nicht an eine Welle von Schiffen".

Die Ärzte Juan Antonio Belmonte (Astronom) und María Antonia Perera (Archäologin) schließen aus, dass sie auf eigene Gefahr hierher gekommen sind, wie sie in ihrem jüngsten Buch Las Escrituras del Pueblo Majo (Die Schriften des Volkes der Majo) erklären, auf das sie ihre Argumentation stützen. Ob deportiert oder nicht, "sie wurden absichtlich hierher gebracht, möglicherweise mit dem Ziel, die Kanarischen Inseln zu besiedeln", sagt Belmonte, Forscher am Instituto de Astrofísica de Canarias und Experte für Archäoastronomie auf den Inseln. Rom kontrollierte Nordafrika, die Inseln waren bereits bekannt, und "sie besetzten absichtlich ein Gebiet mit dem Ziel", diesen Raum zu kontrollieren. Zu diesem Zweck "zogen sie mit Tieren, Obstbäumen und Saatgut um, um das Überleben zu sichern".
Könnten sie deportiert worden sein? "Das ist nicht ausgeschlossen", sagt Belmonte, "denn es wäre ein doppeltes Ziel: ein Gebiet zu kolonisieren, das man besetzen will, und die Menschen, die einem Probleme bereiten, wegzubringen. Belmonte fügt hinzu, dass "die Eliten auf den Inseln ankamen, weil sie schreiben konnten, wie wir an den zahlreichen alphabetischen Inschriften sehen können", die auf den Steinen der sieben Inseln eingraviert sind. Was er ausschließt, ist die Theorie der glücklichen Ankunft, "auch dass sie Schiffe gechartert haben, um Naturalien zu erhalten. Warum sollten sie von sich aus kommen, wussten sie überhaupt, wo die Kanarischen Inseln liegen? Nordafrika ist groß genug, "um von einem Ort auszuwandern, wenn man sich dort nicht wohlfühlt, aus welchen Gründen auch immer; es besteht keine Notwendigkeit, sich auf abgelegene und unbekannte Inseln einzuschiffen. Wir sind hier nicht im Pazifik und auch nicht bei den ersten polynesischen Seefahrersiedlern".
 
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Fortsetzung:

Professor Jorge Onrubia schließt wie die meisten Forscher kategorisch aus, dass es sich um eine "Glücksfahrt" handelte, bei der sie auf eigene Faust in kleinen Booten kamen. In einem in der Zeitschrift Antiquetés Africaines veröffentlichten Artikel argumentiert er, dass "die Frage der Sichtbarkeit sehr wichtig ist. Die Seeleute, die auf den Kanaren ankamen, praktizierten das, was P. Arnaud - ein echter Fachmann auf diesem Gebiet - als Hochseekabotage bezeichnet: Sie fuhren an der Küste entlang, konnten aber mehrere Tage unter Bedingungen verbringen, die der Hochseesegelei ähnelten. Mit anderen Worten: Man verliert das Land für eine Weile aus den Augen. Im Gegensatz zu dem, was manchmal behauptet wird, ist Fuerteventura vom Kap Juby (Tarfaya) aus nicht zu sehen".

Wie aus einer Sichtbarkeitskarte in dem bereits erwähnten Werk von Professor Onrubia hervorgeht, "gibt es nur südlich von Kap Juby ein Gebiet, in dem man theoretisch - in der Praxis ist das eine andere Sache, weil es dort Nebel und andere Phänomene gibt, die die Sicht fast ständig erschweren - sowohl die Inseln als auch die afrikanische Küste gleichzeitig sehen kann. Aber hier ist die kanarische Strömung stark, und es ist nicht einfach, die Inseln von dieser Position aus zu erreichen, denn die Strömung treibt einen in Richtung Küste - man braucht sich nur die Zahl der Boote anzusehen, die dort auf Grund laufen - und auch in Richtung Süden, mit dem Risiko, auf dem Meer endgültig verloren zu gehen". Daraus folgert der Forscher: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Boote die Inseln von weiter nördlich kommend erreicht haben, so dass sie keine andere Wahl hatten, als die Küste zu verfehlen. Dies setzt eindeutig eine gute Beherrschung der nautischen Techniken voraus und schließt eine Navigation auf gut Glück aus".

Alejandro Ramos
Antonio Ceferino Bermejo, Doktor der zivilen Schifffahrt und Professor für Navigationswissenschaften und -techniken an der ULL, glaubt ebenfalls nicht an die Theorie der Pateras. Bermejo hat die nautischen Bedingungen an der marokkanischen Atlantikküste und die Überfahrt von Cabo Jubi (Tarfaya) nach Fuerteventura, dem engsten Punkt zwischen dem Festland und dem Archipel, sehr genau untersucht. Er hat mehrere Hypothesen darüber analysiert, wie die Überfahrt vor 2.000 Jahren ausgesehen haben könnte. Seine Forschungen haben ihn dazu gebracht, mit erfahrenen Historikern wie Tejera Gaspar zusammenzuarbeiten. Der Professor gehört auch zu denjenigen, die behaupten, dass die Ureinwohner keine Ahnung von der Schifffahrt hatten: "Es gibt weder archäologische Beweise noch irgendeine Erwähnung in den Chroniken."

Antonio Bermejo stellt sich vor, dass die Reise zwischen April und September stattfand, weil "die Winde günstig waren und die Geschwindigkeit 20 Knoten betrug". Beim Verlassen des Hafens - Tanger war der wichtigste Hafen an der nordafrikanischen Atlantikküste, so José Juan Jiménez, obwohl Trinidad Arcos behauptet, dass es sich um Lixus handelte, beides in Marokko - und bereits unter dem Einfluss der Passatwinde und der kalten Strömung der Kanarischen Inseln, "konnten sie direkten Kurs auf die Kanarischen Inseln nehmen oder mit südlichen Gegenwinden entlang der afrikanischen Küste weiterfahren und den Sprung zu unseren Inseln um den nördlichen Teil von Tarfaya machen.

Wir neigen eher zu dieser zweiten Möglichkeit, weil sie viel länger in Sichtweite des Landes verläuft, was für die damaligen Seefahrer sicherlich eine größere Sicherheit bot. Diese Route barg jedoch nicht das Risiko, unsere Inseln zu verpassen, da wir, wenn wir den Kurs nicht rechtzeitig änderten, südlich von Kap Yubi weiterfahren konnten - wie Onrubia bereits erwähnte -, ohne die Insel Fuerteventura zu Gesicht zu bekommen. Wenn wir diesen Fehler nicht begehen, können wir, sobald wir die erste Insel erreicht haben, von einer zur anderen segeln, immer bei guter Sicht und mit der Möglichkeit, in geschützten Bereichen unseres Archipels auf günstige Winde zu warten".

Der Experte ist der Ansicht, dass diese "maritimen Unternehmungen langsam und mühsam waren und nicht immer erfolgreich abgeschlossen werden konnten, da die Gewässer der Kanarischen Inseln aufgrund ihrer meteorologischen und ozeanographischen Bedingungen nicht gerade ein Paradies für die Schifffahrt sind und sowohl für die Boote als auch für ihre Besatzungen eine Menge Vorbereitung erfordern". Bermejo fügt hinzu, dass "die alten Boote aufgrund der Verwendung quadratischer Segel und der Größe und Form der Rümpfe bei allen Winden und Meeren nur eingeschränkt segeln konnten".

Im ersten Jahrtausend v. Chr. (vor der Zeitrechnung) und auch in den ersten Jahrhunderten der Zeitrechnung, so Esther Chávez, "gab es zwei Arten der Schifffahrt: die Kabotage, von Hafen zu Hafen oder in kleinen Buchten, und die Hochseereise, bei der man sich an den Sternen orientierte, so dass es möglich ist, dass die Reise zu den Kanarischen Inseln vielleicht diese beiden Arten der Schifffahrt kombinierte; es ist sehr wahrscheinlich, dass sie zuerst Lanzarote und Fuerteventura anliefen".

Damals, so Chávez, gab es im Wesentlichen zwei Arten von Booten. "Die sogenannten Gaulos wurden für den Fischfang verwendet, sie waren kleiner und hatten eine Länge von 15 bis 20 Metern. Größere Schiffe wurden für den Transport von Menschen oder Truppen verwendet. Im Periplus von Hannon (5. Jh. v. Chr.) wird im Text selbst beschrieben, dass es 50 Ruderer gab, plus Fracht und Passagiere". Diese Schiffe "waren zwischen 30 und 40 Meter lang und hatten eine Kapazität von 150 bis 200 Personen". Zu dieser Zeit lag die Macht auf dem Meer. "Seit dem Ersten Punischen Krieg waren die Römer immer hinter den Schiffen her, um sie in den Häfen zu kapern".

Zur Typologie der Schiffe liefert Onrubia weitere Einzelheiten. "Es gibt die Langschiffe mit Segel- und Ruderantrieb (Kampfgaleeren und Handelsgaleeren) und die runden oder bauchigen Boote mit Segelantrieb, die im Römischen Reich die Regel waren. Ikonographie und schriftliche Quellen berichten jedoch von einer Vielzahl von Schiffen. Für die Schifffahrt in den Gewässern der Kanarischen Inseln waren die Handelsgaleeren die am besten geeigneten Schiffe.

Was sagen die Chroniken über das Segeln? Manuel Lobo, ehemaliger Rektor der ULPGC, sagt: "Seit dem ersten Bericht aus dem Jahr 1341 werden die Indianer als gute Schwimmer beschrieben, die sich sogar den Booten näherten und sogar fischten, aber es wird kein Hinweis auf die Schifffahrt gegeben". Einigen Autoren zufolge, so fährt Lobo fort, "kommunizierten die Guanchen von Teneriffa mit den Guanchen von La Gomera, aber nicht durch Segeln, sondern indem sie an einer Art Tiermaul [gemeint wohl eher: eine Art aufgeblasener Tierhaut] festgemacht schwammen".

Der Direktor des Archäologischen Museums von La Gomera, Juan Carlos Hernández, glaubt nicht, dass die Gomeros nach Teneriffa reisten, unter anderem, weil "der Teide Panik verursacht haben muss". In den Chroniken heißt es, dass der Teide "das böse Prinzip im Glauben der Guanchen war, wahrscheinlich weil sie Zeugen von Eruptionen waren". Eine der häufigsten Fragen, die die Besucher des Museums stellen, betrifft die Navigation zwischen den beiden Inseln. Von La Gomera aus ist der Blick auf Teneriffa mit der kolossalen Naturpyramide in der Mitte beeindruckend. "Wir können uns leicht vorstellen, warum die Gomeros nicht nach Teneriffa gegangen sind, denn sie hatten die Technologie, um Boote zu bauen. Wenn man diesen Riesen brüllen sieht, muss es etwas Beeindruckendes sein". -Juan Sergio Socorro, Biologe und Wissenschaftler für Vulkanismus am Teide, nennt mehrere Eruptionen, die mit der Zeit der Ureinwohner zusammenfallen könnten.

"Die sogenannten Roques Blancos, riesige Lavaströme, die bei Icod de los Vinos die Küste erreichen, sind 1.800 Jahre alt. Der Scheitelkonito mit den schwarzen Lavaströmen, die von ihm ausgehen, ist 1.400 Jahre alt, während Montaña Blanca und Montaña Rajada auf etwa 2.000 Jahre datiert werden. Hernández erinnert daran, dass der jüngste Ausbruch von La Palma und der von Teneguía von La Gomera aus perfekt beobachtet werden konnte. "Stellen Sie sich vor, wie sich ein Ausbruch des Teide auswirken würde, der dreimal näher und viel größer ist als die Vulkane von La Palma. Das Letzte, was ein Gomeraner denken würde, wäre, dass es sich um den Garten der Hesperiden handelt. Daraus kann man mit gesundem Menschenverstand schließen, dass niemand zu einem so beunruhigenden Ort segeln würde". Dieses Naturphänomen wurde auch von anderen Inseln aus beobachtet. Und die gleiche Angst, die die Gomeros empfanden, könnten auch die Kanaren oder die Benahoariten gehabt haben.

Was die Möglichkeit nautischer Kontakte auf den beiden östlichen Inseln angeht, so behauptet der Direktor des Archäologischen Museums von Fuerteventura, Luis Lorenzo Mata, angesichts der Nähe zwischen Fuerteventura und Lanzarote, dass "sie keine Ahnung von der Schifffahrt hatten, weil sie aus Afrika kamen". In Lobos, der "ältesten Fundstätte der Kanarischen Inseln nach den bisher vorliegenden Daten, brachten die Römer Spezialisten für die Herstellung von Purpur mit. Wir haben keine Daten, die bestätigen, dass sie zwischen den beiden Inseln segelten; nicht einmal die Chroniken geben Hinweise darauf". Es ist wahrscheinlich, fügt der Historiker hinzu, "dass sie während des Jahrhunderts der Eroberung miteinander kommunizierten, aber weil sie auf ihren Schiffen transportiert wurden".

Der Inspektor für das Historische Erbe von Lanzarote, Ricardo Cabrera, hat keine Beweise für eine Kommunikation zwischen den beiden östlichen Inseln gefunden, auch nicht in den historischen Quellen der Chronisten, wie schwach auch immer. Das Einzige, was er gehört hat, ist, dass "der Stein eines 1981 gefundenen Götzenbildes aus Fuerteventura stammt, aber diese Information wird in keiner Weise widerlegt, sie ist nicht einmal untersucht worden".
 
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Trotz dieser Argumente gibt es Wissenschaftler, die davon ausgehen, dass sie nicht verschleppt wurden. Weder wurden sie deportiert noch haben sie für die Reise bezahlt. Sie argumentieren, dass sie aus eigener Kraft auf die Kanarischen Inseln gelangt sind. Dies ist der Fall bei Professor Jonathan Santana, dem Leiter des im vorigen Kapitel erwähnten, vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Projekts. Er ist der Ansicht, dass es keine Beweise dafür gibt, dass sie von anderen Völkern angesiedelt wurden". Er argumentiert daher, dass die Ureinwohner freiwillig und aus eigener Kraft gekommen sind. Aber auch er hat keine stichhaltigen Beweise, die seine Behauptung unanfechtbar machen, obwohl er über archäologische Beweise verfügt. "Wir werden bald eine Publikation veröffentlichen, in der wir argumentieren, dass es eine zeitliche Lücke zwischen den Römern und den ersten Ureinwohnern gibt, sie wurden nicht romanisiert". Daher, so Santana weiter, "können wir die Hypothese nicht ausschließen, dass sie auf eigene Faust gekommen sind. Sie muss erforscht werden".

Bei der Analyse der archäologischen Überreste, die an den Fundorten ausgegraben wurden, fährt der ULPGC-Arzt fort: "In den ältesten Zeugnissen der Ureinwohner können wir in den Elementen der materiellen Kultur keine Aufzeichnungen erkennen, die es uns erlauben würden, sie mit der römischen Kultur zu verbinden. Ihre kulturelle Identität, die Art und Weise, wie sie sich materiell ausdrücken, und das ist es, was wir Archäologen untersuchen, hat nichts mit der römischen Welt zu tun. Es handelt sich um eine völlig nordafrikanische, einheimische, materielle Kultur. Wie erklärt er sich also, dass es keine archäologischen Funde im Zusammenhang mit der Schifffahrt gibt? "Das muss nicht sein. Es gibt jedoch zwei archäologische Zeugnisse, die den römischen Einfluss auf die vorspanische Inselgesellschaft belegen: Die Art der Bestattung mit geraden Körpern "ist typisch für die Nordafrikaner, die zunächst mit den Puniern und dann mit den Römern zusammenlebten", erklärt Dr. Onrubia; der zweite Beweis sind die alphabetischen lybisch-lateinischen Inschriften auf Lanzarote und Fuerteventura,
wie wir im Kapitel 9 sehen werden.

Der Geologe Francisco García-Talavera ist überzeugt, dass die Guanchen segelten, wenn auch in kleinen Booten aus Drachenbaumstämmen. Talavera ist ein Gelehrter der Kultur der Guanchen, die in den ersten Jahrhunderten dieses Zeitalters nach Teneriffa kamen.In einem Artikel, der am 7. Oktober 2020 im Pellagofio veröffentlicht wurde, stützt er sich auf einen Artikel von Torriani, in dem dieser behauptet, dass "sie Boote aus Drachenbäumen bauten, die sie ganz ausgruben und mit Steinballast versahen und mit Rudern und Segeln segelten". Der italienische Ingenieur schrieb dies jedoch 1590, ein Jahrhundert nach der Eroberung. Wenn Torriani also schrieb, was er sah, waren sie bereits eroberte und wahrscheinlich getaufte Indianer. In seinem Artikel stützt sich García-Talavera auch auf eine Legende, die der Arzt und Anthropologe Juan Bethencourt Alfonso (Teneriffa, 1847-1913) in seiner Historia del pueblo guanche (Geschichte des Volkes der Guanchen) aufgegriffen hat.
Im Süden von Teneriffa", schreibt Talavera, "wurde ihm erzählt, dass eine junge Guanche-Frau aus dem Adel von Adeje am Vorabend ihrer Hochzeit den Tod ihres Verlobten erlebte und bald darauf feststellte, dass sie schwanger war. In ihrer Verzweiflung, denn nach dem Gesetz würde sie lebendig ins Meer geworfen werden, sprach sie mit einem Fischer, der ihr seine Hilfe anbot und ihr sagte, dass ihre einzige Rettung darin bestünde, La Gomera auf einem Floß aus Foles (aufgeblasenen Säcken) zu erreichen, da die Strömung sie dorthin tragen würde. Und es scheint, dass sie Erfolg hatte. Im folgenden Jahr kehrte sie mit demselben System nach Teneriffa zurück und wurde begnadigt, als sie von ihrer Heldentat erzählte".

Ein soliderer Beweis als die Legende über die Möglichkeit, dass die Ureinwohner in der Lage waren, ein Kanu zu bauen, ist der Sarkophag, der im Juni 1957 in Puerto de la Nieves (Agaete) in der verschwundenen Nekropole von Maipés de abajo entdeckt wurde. Der Sarg war in einem kegelstumpfförmigen Grabhügel begraben, enthielt die Überreste eines Menschen und eine "geschwungene Struktur, die an ein Kanu erinnert", schrieb José Ramón Santana in Agaete mi pasión. Das Stück aus Kiefernholz ist zweieinhalb Meter lang und wird im Kanarischen Museum ausgestellt.

Paloma Vidal Matutano ist Anthrokologin, eine der neuen Spezialisierungen in der Archäologie, die sich unter anderem mit Holz beschäftigt. Sie arbeitet an der Universität Basel am Projekt "Erforschung prähispanischer Technologie im isolierten Kontext der Kanarischen Inseln: innovative und adaptive Antworten". "Auch wenn der Sarkophag wie ein Kanu aussieht, wurde er für Bestattungszwecke gebaut", und man kann daraus nicht ableiten, dass "sie wussten, wie man segelt".

Die DNA der Gerste

Im 14. und 15. Jahrhundert, in der Dämmerung der vorspanischen Kultur, gingen viele Seefahrer auf den Inseln an Land. Ein Beweis dafür sind die schiffsförmigen Gravuren, die auf vielen Inseln zu sehen sind. Die Gravuren in der Tinojay-Schlucht im Norden Fuerteventuras sind besonders interessant. Die Art der Boote, die die Majos in den Felsen gemeißelt haben sollen, lässt vermuten, dass sie aus diesen Jahrhunderten oder sogar noch später stammen. Auf Gran Canaria, Teneriffa und La Palma gibt es ebenfalls Naviform-Gravuren, die zumeist aus der Zeit nach der Eroberung stammen. Diese Zeichen beweisen, dass es Schiffe gab, aber nicht, dass sie zwischen den Inseln verkehrten.


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In El Cercado, in der Gemeinde Garafía auf der Insel Garafía, befindet sich eine angeblich naviforme Gravur. Es gibt eine sehr kleine Minderheit, die die Theorie vertritt, dass die Besiedlung der Inseln von den Phöniziern ausging, weshalb die mutmaßliche phönizische Urheberschaft dieser Gravur verbreitet wurde. Der Inspektor für das Kulturerbe von La Palma, Jorge Pais, widerlegt diese Theorie. "Diese Kontroverse wurde ausgelöst, weil die Gravur falsch zugeordnet wurde. Für uns ist es ein netzartiger, natürlicher Benahoarit, der nichts mit einem Boot zu tun hat".

Wenn die genetische Forschung und die neuen Technologien, die bei der Radiokohlenstoffanalyse (Kohlenstoff 14), der bekanntesten Methode zur absoluten Datierung, angewandt werden, die weltweite Archäologie aufgrund ihrer Präzision bei der Bestimmung des Ursprungs und der Abstammungslinien prähistorischer Bevölkerungen bzw. bei der Schätzung ihres Alters revolutionieren, so lässt die genetische Untersuchung archäologischer Gerstensamen, die in den Getreidespeichern der Ureinwohner gefunden wurden, die Möglichkeit zu, dass es zumindest in den ersten Jahren der Besiedlung der Inseln Kontakte zwischen den Ureinwohnern Teneriffas und Gran Canarias gab.

Es handelt sich um eine Angelegenheit, bei der "wir sehr vorsichtig sein müssen, weil es nur indirekte Beweise gibt und wir noch einen langen Weg vor uns haben". Dies ist die Meinung des ULPGC-Doktors Jacob Morales, einem Pionier in der Untersuchung von archäologischen Samen von den Kanarischen Inseln. Dieser Karpologe hat Samen gefunden, die nicht verkohlt sind und daher ihre DNA - den Hauptbestandteil des genetischen Materials von Lebewesen - behalten haben.

Die schwedische Genetikerin Jenny Hagenblad von der Universität Linköping arbeitet zusammen mit dem gran-kanarischen Wissenschaftler an dem Projekt, den Ursprung der Gerste auf den Kanarischen Inseln zu bestimmen. Im Zuge dieser Forschungen erklärte Hangenblad gegenüber der Zeitschrift Pellagofio (Februar 2022), dass sich aus den aus der DNA gewonnenen Daten" ableiten lässt, dass es zu Beginn der Besiedlung des Archipels Kontakte zwischen den Inseln gab. "Bis vor etwa tausend Jahren - molekulare Jahre, nicht reale Jahre - gab es einen Austausch dieses Saatguts zwischen den Inseln, dann ging der Kontakt verloren und die Gerste von Gran Canaria und Teneriffa wurde nicht mehr gekreuzt".
Auf diesem "indirekten Weg", so Morales, wurde die Möglichkeit eröffnet, dass es einen Kontakt zwischen den beiden Inseln gab, und der einzige Weg war, zwischen ihnen zu segeln. Bisher ist nur bewiesen, dass die Gerstensamen, die heute auf den Inseln angebaut werden, aus der Zeit der Ureinwohner stammen, da sie das gleiche genetische Muster aufweisen. Was bedeutet dieser Kontakt: "Das bedeutet, dass die Samen beider Inseln genetische Informationen teilen, aber wenn diese Kontakte abgebrochen werden und die Gerste nicht geteilt wird, werden sie sich unterschiedlich entwickeln".

Der Spezialist betont, dass "dies eine Hypothese ist, weil Archäologen nicht mit direkten Daten arbeiten, weil wir nicht vor Ort waren und keinen Informanten haben". Genetische Informationen "sagen uns, dass Gerste getauscht wurde und dass die Menschen sie wahrscheinlich getauscht haben, woraus wir schließen, dass es einen Kontakt gab, aber im Moment können wir das nicht mit Sicherheit sagen". Ist es möglich, dass die Eingeborenen, als sie nach Teneriffa oder Gran Canaria kamen, dieselbe Saatgutsorte mit sich führten? Zweifellos", antwortet Morales, "und sie stammt wahrscheinlich aus Fuerteventura oder Lanzarote".

Und warum von den östlichen Inseln aus? Begann die Besiedlung des Archipels auf den Inseln, die dem Festland am nächsten lagen? Dies sind Fragen, die die Wissenschaftler im vierten Kapitel zu beantworten versuchen: Besiedlung, erfolgte sie gleichzeitig auf allen Inseln, in einer Welle oder in mehreren?
 
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