fingalo
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Zunächst sind die Augustiner-Chorherren von den Augustiner-Eremiten zu unterscheiden. Sie haben außer dem Augustinus in ihrem Namen nichts mit einander zu tun. Die Augustiner-Eremiten sind ein von Papst Alexander IV. 1256 aus mehreren Eremitenverbänden gestalteter Bettelorden.
Der Begriff „Augustiner-Chorherren“ sieht so aus, als ob ihre Lebensweise auf eine Regel von Augustinus zurückzuführen sei. Das stimmt nur bedingt.
Augustinus hat keine eigene Regel verfasst. Alles andere ist über die Augustinusregeln streitig. Mal wird ihm die Männerregel „Regula tertia“ zugeschrieben, die Regel für Frauen (Brief 211) an das von seiner Schwester Perpetua gegründete Kloster sei später entstanden, mal umgekehrt. Am Ende dieses Briefes gibt es allgemeine Anweisungen fürs vollkomene Leben. Aber „regula tertia“ ist Anfangs nicht als Regel verwendet worden sondern wurde als asketischer Text beim Mittagessen der Kleriker neben anderen ähnlichen Texten vorgelesen. Der Brief 211 wird auch „regula quarta“ genannt. Die ersten drei Regeln, die hier nicht erwähnt werden, sind jedenfalls Machwerke aus späterer Zeit, die sich Augustinus als Autor zulegten.
Der Begriff Chorherren rührt daher, dass sie Sitz und Stimme im Chor des Domes, dem Beratergremium des Bischofs, hatten. Herren waren sie, weil sie privaten Besitz hatten und auch den kirchlichen Grundbesitz mit großer persönlicher Freiheit verwalteten.
Die Begriffe „Augustiner-Chorherren“ und „Kanoniker“ sind nicht austauschbare Begriffe, denn es gab im Mittelalter bis ins 11. Jh. hinein Kanoniker, die eine Augustinus-Regel nicht kannten.
Soweit zu den Begrifflichkeiten.
Die Geschichte setzt ein mit dem Niedergang des Klerus im 7. und 8. Jh. Dies führte zu einer Reformbewegung, die beim Weltklerus eine monastische Lebensweise einführen wollte: Gemeinsamer Besitz, gemeinsames Essen, gemeinsames Gebet, gemeinsames Wohnen und Schlafen. Die Regeln waren mündlich vom jeweiligen Bischof ausgegebene Consuetudines. Grundlage war die damalige Ansicht über das Leben der ersten Christen, wie es in der Apostelgeschichte beschrieben ist. Aber das war nur lokal und in verschiedenen Synoden bekräftigt. Eine offizielle Regel gab es nicht. Aber der Unterschied zu den Mönchen blieb erhalten: Die Kleriker und Kanoniker erhielten die Weihe für eine bestimmte Seelsorge-Kirche. Amt und Weihe waren untrennbar verknüpft. Mönche verpflichteten sich zu einem weltabgeschiedenen Sonderleben. Sie erhielten ihre Priesterweihe nicht für eine Kirche, sondern nur für den Klosterbedarf. Mönche waren in der Mehrzahl Laienbrüder. Der Weltklerus unterteilte sich in den Teil, der dem Bischof unterstand und in den Klerus an den Eigenkirchen, auf den der Beischof so gut wie keinen Einfluss hatte. Hinzu kamen die Vagi oder Vagantes, herumstreunende Priester, die sich ihrer Residenzpflicht entzogen hatten oder von Eigenkirchenherren davongejagt worden waren.
Die ersten Klerikergemeinschaften entstanden im 6. Jh. in Gallien. Ursache war neben dem Reformwillen auch der Übergang von der Geld- zurAgrarwirtschaft. Die Kleriker lebten immer weniger von der verkaufsfähigen Handarbeit. Die Einkünfte bestanden nun mehr aus Naturalien, was eine gemeinsame Versorgung am Mittagstisch förderte.
Es gab folgende Genossenschaftsformen: 1. Priesterverbände, die vom Bischof zusammen mit den (archi-)presbyteri zu einem concilium vereinigt wurden oder die Seelsorgepriester an den umliegenden Gotteshäusern einer Kathedrale, die regelmäßig zum Gottesdienst am Bischofssitz zu erscheinen hatten. 2. Die Diakonien. Das waren Wohlfahrtsanstalten, die die sozial-karitative Fürsorge zu betreuen hatten. In Gallien gab es seit dem 6. Jh. diakonale Verbände, die zum gemeinsamen Tisch verpflichtet waren, 3. Hausgenossen der hochgestellten Kleriker, also der Bischöfe, der Erzpriester, die familia ecclesiae oder die filii ecclesiae. Die syncelli des Bischofs konnten einen eigenen Verband mit Propst bilden, 4. Die Schola sanctorum unter dem primicerius oder dem primiclerus. 5. Verbände ganz verschiedener Weihestufen von Klerikern, Asketen und Laien, die an bestimmten Kirchen dienten. 6. Mönchsklöster, die an einem Bischofssitz gegründet wurden. Aus dem Kloster entwickelte sich dann ein Personalverband, der mit den Seelsorgegeistlichen dem Bischof nahestand. Sie bekamen allmählich alle wichtigen Ämter in ihre Hand.
Von diesen Elitegruppen trugen die Priestergenossenschaften der Bischofsstädte, die diakonalen Verbände und die monastischen Domklöster am meisten zur festen Organisation der Domkapitel bei.
Fortsetzung folgt.
Fingalo
Der Begriff „Augustiner-Chorherren“ sieht so aus, als ob ihre Lebensweise auf eine Regel von Augustinus zurückzuführen sei. Das stimmt nur bedingt.
Augustinus hat keine eigene Regel verfasst. Alles andere ist über die Augustinusregeln streitig. Mal wird ihm die Männerregel „Regula tertia“ zugeschrieben, die Regel für Frauen (Brief 211) an das von seiner Schwester Perpetua gegründete Kloster sei später entstanden, mal umgekehrt. Am Ende dieses Briefes gibt es allgemeine Anweisungen fürs vollkomene Leben. Aber „regula tertia“ ist Anfangs nicht als Regel verwendet worden sondern wurde als asketischer Text beim Mittagessen der Kleriker neben anderen ähnlichen Texten vorgelesen. Der Brief 211 wird auch „regula quarta“ genannt. Die ersten drei Regeln, die hier nicht erwähnt werden, sind jedenfalls Machwerke aus späterer Zeit, die sich Augustinus als Autor zulegten.
Der Begriff Chorherren rührt daher, dass sie Sitz und Stimme im Chor des Domes, dem Beratergremium des Bischofs, hatten. Herren waren sie, weil sie privaten Besitz hatten und auch den kirchlichen Grundbesitz mit großer persönlicher Freiheit verwalteten.
Die Begriffe „Augustiner-Chorherren“ und „Kanoniker“ sind nicht austauschbare Begriffe, denn es gab im Mittelalter bis ins 11. Jh. hinein Kanoniker, die eine Augustinus-Regel nicht kannten.
Soweit zu den Begrifflichkeiten.
Die Geschichte setzt ein mit dem Niedergang des Klerus im 7. und 8. Jh. Dies führte zu einer Reformbewegung, die beim Weltklerus eine monastische Lebensweise einführen wollte: Gemeinsamer Besitz, gemeinsames Essen, gemeinsames Gebet, gemeinsames Wohnen und Schlafen. Die Regeln waren mündlich vom jeweiligen Bischof ausgegebene Consuetudines. Grundlage war die damalige Ansicht über das Leben der ersten Christen, wie es in der Apostelgeschichte beschrieben ist. Aber das war nur lokal und in verschiedenen Synoden bekräftigt. Eine offizielle Regel gab es nicht. Aber der Unterschied zu den Mönchen blieb erhalten: Die Kleriker und Kanoniker erhielten die Weihe für eine bestimmte Seelsorge-Kirche. Amt und Weihe waren untrennbar verknüpft. Mönche verpflichteten sich zu einem weltabgeschiedenen Sonderleben. Sie erhielten ihre Priesterweihe nicht für eine Kirche, sondern nur für den Klosterbedarf. Mönche waren in der Mehrzahl Laienbrüder. Der Weltklerus unterteilte sich in den Teil, der dem Bischof unterstand und in den Klerus an den Eigenkirchen, auf den der Beischof so gut wie keinen Einfluss hatte. Hinzu kamen die Vagi oder Vagantes, herumstreunende Priester, die sich ihrer Residenzpflicht entzogen hatten oder von Eigenkirchenherren davongejagt worden waren.
Die ersten Klerikergemeinschaften entstanden im 6. Jh. in Gallien. Ursache war neben dem Reformwillen auch der Übergang von der Geld- zurAgrarwirtschaft. Die Kleriker lebten immer weniger von der verkaufsfähigen Handarbeit. Die Einkünfte bestanden nun mehr aus Naturalien, was eine gemeinsame Versorgung am Mittagstisch förderte.
Es gab folgende Genossenschaftsformen: 1. Priesterverbände, die vom Bischof zusammen mit den (archi-)presbyteri zu einem concilium vereinigt wurden oder die Seelsorgepriester an den umliegenden Gotteshäusern einer Kathedrale, die regelmäßig zum Gottesdienst am Bischofssitz zu erscheinen hatten. 2. Die Diakonien. Das waren Wohlfahrtsanstalten, die die sozial-karitative Fürsorge zu betreuen hatten. In Gallien gab es seit dem 6. Jh. diakonale Verbände, die zum gemeinsamen Tisch verpflichtet waren, 3. Hausgenossen der hochgestellten Kleriker, also der Bischöfe, der Erzpriester, die familia ecclesiae oder die filii ecclesiae. Die syncelli des Bischofs konnten einen eigenen Verband mit Propst bilden, 4. Die Schola sanctorum unter dem primicerius oder dem primiclerus. 5. Verbände ganz verschiedener Weihestufen von Klerikern, Asketen und Laien, die an bestimmten Kirchen dienten. 6. Mönchsklöster, die an einem Bischofssitz gegründet wurden. Aus dem Kloster entwickelte sich dann ein Personalverband, der mit den Seelsorgegeistlichen dem Bischof nahestand. Sie bekamen allmählich alle wichtigen Ämter in ihre Hand.
Von diesen Elitegruppen trugen die Priestergenossenschaften der Bischofsstädte, die diakonalen Verbände und die monastischen Domklöster am meisten zur festen Organisation der Domkapitel bei.
Fortsetzung folgt.
Fingalo