Da frage ich mich, woher der Ersteller dieser Youtube-Dokumentation seine Kenntnisse herhaben mag. Es geht im Video um die Belageung von Cuzco im Jahr 1536 (s.
Belagerung von Cuzco – Wikipedia ). Ich habe nur den Wiki-Artikel auf Deutsch, Spanisch und Englisch überflogen, aber da finde ich nichts von Moriscos oder Moriscas (weibliche Form im Spanischen).
In der Literaturliste unter dem Video sind diverse Titel angegeben. Unter anderem der von Kim MacQuarrie,
The Last days of the Incas. Darin ist sowohl von
moriscas, als auch von
moorish knights die Rede. In den anderen Werken kommen morisc@s nicht vor. Leider ist das Buch nur unzureichend mit Quellenangaben versehen.
Also habe ich mir Quellen angeschaut, da gibt es ja mit dem Corpus Diacrónico del Español (
Corde) ein tolles Tool, das zwar eigentlich für Sprachwissenschaftler geschaffen ist, aber auch dem Historiker gute Dienste tut.
Bei Pedro Cieza de León,
dem Chronisten der Eroberung des Inka-Reiches (obwohl er erst bei späteren Ereignissen Augenzeuge war), habe ich einen Erwähnung einer Morisca gefunden, als im Bürgerkrieg der spanischen Eroberer untereinander Juan de Ampudia, ein weiterer Spanier und eine Moriskin sowie einige indianische Verbündete sterben.
Con gran trabajo se juntaron todos en lo alto, e grandemente se holgaron de verse, y abrazáronse como si de muchos días no se hubieran visto; no hubo más muerto de Juan de Ampudia e otro español, e una morisca, e algunos indios de los amigos que llevaban.
Unter großen Strapazen trafen sie sich wieder auf der Höhe und groß war ihre Freude sich zu sehen und sie umarmten sich, als wenn sie sich über viele Tage nichtgesehen hätten und es gab keine weiteren Toten als Juan de Ampudia und einen weiteren Spanier und eine Moriskin und einige verbündete Indianer die sie mit sich führten.
Aus:
Cieza de León, Pedro: Las guerras civiles peruanas, cap. XIII. (obwohl Cieza de León 1554 verstarb, blieb das Werk ein unveröffentlichtes Manuskript, das erstmals 1877 ediert wurde).
Nun, was ist eine
Morisca? Dem Wortsinn nach eine "kleine Maurin". Aber es handelt sich nicht um Sklaven, noch notwenigerweise um Muslime. Es sind maurischstämmige Personen, die an ihrer Art, das Spanische zu sprechen auffallen (es gibt da einen Inquisitorenleitfaden aus Spanien, wonach man Mauren an der Art der Aussprache von s und c/z erkennen könne), zumindest formal handelt es sich um Christen, als Bsp. sei eine Aussage Pedro Pizarros (vielleicht ein Cousin von Francisco Pizarro und seinen Halbbrüdern*) präsentiert:
Yten declaro que una moça que naçió en mi casa llamada doña Ysabel Pizarro, hija de una morisca que se llamaba Beatriz de Idiáquez, que me la echó diziendo quera mi hija e yo le hize çierta donaçión después de ser casado con doña María Cornejo, my muger, e la dicha doña Ysabel se casó con un Entrambasaguas contra mi boluntad, e por rruegos de personas le dí más plata de la donaçión, mando a mis herederos se la pidan.
Ebenso erkläre ich, dass ein Mädchen, das in meinem Haus geboren ist, Doña Ysabel Pizarro genannt, Tochter einer Moriskin, die sich Beatriz de Idiáquez nannte, die sie mir zeigte, und sagte, dass sie meine Tochter sei und ich machte ihr eine Schenkung nachdem ich mich mit Doña María Cornejo , meine Frau, verheiratet hatte, und die genannte Doña Ysabel verheiratete sich gegen meinen Willen mit einem Entrambasaguas (Zwischenbeidengewässern) und auf Bitte von Personen gab ich ihr mehr Geld [als] von der Schenkung und ich befehle meinen Erben, dass sie das von ihr zurückverlangen.
Aus: Pizarro, Pedro: Relación del descubrimiento y conquista de los reinos del Perú
Mir wird aus den Ausführungen von Pedro Pizarro nicht ganz klar, ob diese Tochter noch in Spanien oder bereits in Perú geboren wurde, also ob ihre als Moriskin bezeichnete Mutter in Peru war, oder nicht. Allerdings waren die Coqnuistadoren zunächst mit einheimischen Coyas ("Inkaprinzessinnen") liiert, bevor spanische Frauen nachkamen. Jedenfalls ist die Mutter als Christin gekennzeichnet: Beatríz de Idiáquez. Sie kam also aus dem Baskenland, der Nachname de+Toponym verweist auf Neuchristen (konvertierte Juden oder Muslime); genauso ist es beim Ehemann der Tochter: Entramabasaguas ist ein Ort in Kantabrien. Wir müssen unterstellen, dass der gute Mann mit Nachnamen also
de Entrambasaguas hieß und entweder maurisch- oder jüdischstämmiger Christ war, wobei die Familie schon 200 Jahre zuvor konvertiert sein kann.
*mindestens ein spanischer Historiker meinte, es handele sich nur um eine zufällige Namensgleichheit.