Die verlinkten Nachrichten gehen offensichtlich auf dieselbe Meldung zurück.
Ich verstehe nicht, wie einige Amphoren guten Farlerner Weins mit einem kleinen Wachtposten in Verbindung gebracht werden, der auch noch ein Nachschubdepot für Luxusgüter einen halben Tagesmarsch entfernt von einem gut befestigten Depot bewachen soll. Trotz der Wortwahl verstehe ich unter Vorsicht etwas anderes.
Zudem ist da die Geschichte des Fundorts. Denn wer könnte den Brunnen gebaut haben?
In der Siedlungskammer um das heutige Paderborn gab es schon in der vorrömischen Eisenzeit Streusiedlung, was sich bis ins Mittelalter abgesehen von Siedlungsverdichtungen etwa um den Dom und die Kreuzung von Hellweg und Frankfurter Weg nicht änderte. Die Siedlungsskammer reichte grob vom Ringelsbruch* im Westen zum Eggegebirge im Osten und von der Lippe im Norden zum Soratfeld im Südosten, dass ob seiner schlechten Wasserversorgung jenseits der Ränder erst seit der fränkischen Eroberung besiedelt wurde, bzw. dem fruchtbaren Sintfeld im Südwesten, wo die Siedlungsstruktur wegen anderer landschaftlicher Vorraussetzungen anders aussah. Diese Siedlungskammer kann als Padergau angesprochen werden, wenn auch für diese Zeit nur als Sprachvereinfachung. Auch die später unmittelbar am Nordufer der Lippe gegründeten Siedlungen werden dann hinzugezählt. Der Großteil des Padergaus gehört heute zur Stadt Paderborn.
Um Christi Geburt finden sich an verschiedenen Fundstellen, nur gehört die Altstadt eben zu den Ausnahmen, zahlreiche Spuren einheimischer Siedlungen und römischer Funde. Insbesondere gilt das für die Fundstellen (Balhorn, Saatental, Wüstung Stiden) östlich der Alme bis zu der erwähnten dichten Bebauung. Die Funde sind nur teilweise publiziert, wenn ich nichts verpasst habe. Unter der dichten Bebauung gibt es bekannte Bodendenkmäler. Vielleicht wird es also Zufallsfunde oder Notgrabungen geben. Auch die Wüstung Enenhus, einst Herzstück der bischöflichen Güter und wohl tatsächliches Gegenstück des Namens Schloss Neuhaus - es gab da mal Aliso- und Karlsburg-Spekulationen -, lag dort. Etwa von der jetzigen Fundstelle bis zu den Quellbecken der Pader unterhalb der Domburg wird die Lagerstätte der frühmittelalterlichen Heere und Gefolge der Herrscher sowie Papst Leos gesucht, die nicht alle in der Domburg Platz fanden. Auch Leo soll gezeltet haben, statt in der Pfalz ein Quartier zu bekommen. Entlang der Pader gibt es bis heute Freiflächen, Teilweise sogar untersucht.
Ballhorn war vielleicht sogar bis zur mittelalterlichen Wüstungsbildung kontinuierlich besiedelt, während sonst im Padergau nach den Feldzügen unter Augustus und Tiberius meist eine kurze oder auch längere Siedlungslücke eintritt, während an anderen Stellen Neuanfänge auf das erste Jahrhundert n. Chr. datiert wurden. Daten zur Ursache gibt es nicht, doch ist ja überliefert, dass die Hofstellen der Zeit regelmäßig verlegt wurden.
Im Mittelalter war Ballhorn zunächst der bedeutendere Handelsplatz im Vergleich mit Paderborn. Es lag an der Kreuzung von Hellweg und Frankfurter Weg, sowie am Übergang des Hellwegs über die Alme. Beides sind natürliche Wege und wahrscheinlich früh genutzt. Die Trasse entlang der Lippe wurde bekanntlich von den Römern angelegt.
In Ballhorn wurden Münzen des Augustus, ungewöhnlich viele Bronzefibeln für eine einheimische Siedlung und Keramikreste auch aus römischer Produktion entdeckt. Das passt gut zu Handelstätigkeit auch in dieser Zeit. Ein Zusammenhang mit Handelstätigkeit ist für mich damit genauso wahrscheinlich, wenn nicht wahrscheinlicher als militärischer Zusammenhang.
Wie war das mit Ockhams Rasiermesser? Zebra oder Bekan ntes?
Klar, ich bemühe nur Wahrscheinlichkeiten und Einschätzungen. Im Gegensatz zu anderen will ich das Andere nicht ausschließen, was mit solchen Argumenten nicht geht. Handel hat hier nur die größere Wahrscheinlichkeit als Militär. Sich für das eine oder andere zu positionieren ist ohne weitere Argumente irrational.
In den Monumenta Paderbornensia ist der Platz 1671 zu sehen, wenn ich es richtig einschätze. Was die Befestigungen angeht, sind die Abbildungen in den Monumenta meist aus Staatsräson etwas verfälscht. Hier ist das Neuhäuser Tor versteckt. Für uns spielt das aber keine Rolle, um eine Vorstellung der etwas erhöhten Lage zu gewinnen, die Stadt gab es ja noch nicht:
File:Monumenta Paderbornensia-Paderborn.jpeg - Wikimedia Commons
Um ein wenig zu spinnen:
Vor der Stadt gab es auch hier in der frühen Neuzeit die für das Vorfeld westfälischer Städte so typischen kleinen Wallhecken, Zäune und Hecken. Das wissen natürlich auch die Archäologen. Aber vielleicht gibt es ja einen Hinweis auf eine wahrscheinliche diesbezügliche Überraschung, die nur noch nicht sicher ist und bestätigt? Oder es gibt aus anderem Grund zurückgehaltene Informationen. Das ist in der Archäologie ja leider manchmal dringend ratsam. Aber spekulieren könnten wir vieles, doch müssen wir von den bekannten Fakten ausgehen, bis andere vorliegen.
* Da die anderen geographischen Objekte bekannter sind, sei gesagt, dass hier auch ganz grob die westliche Grenze der heutigen Stadt genannt werden kann.