Der Eindruck, dass es sich um eine Kugelmenschen-Darstellung handelt, drängt sich in der Tat auf. Nach meiner Recherche ist sie Teil der Bemalung einer antiken griechischen Amphore. Das Original soll so aussehen:
Zitat aus der Aristophanes-Rede in Platons ´Symposion´:
Denn Mannweib war damals nicht bloß ein Name, aus beiden, Mann und Weib zusammengesetzt, sondern auch ein wirkliches ebenso gestaltetes Geschlecht; jetzt aber ist es nur noch ein Schimpfname geblieben. Ferner war damals die ganze Gestalt eines jeden Menschen rund, indem Rücken und Seiten im Kreis herumliefen, und ein jeder hatte vier Hände und ebenso viele Füße und zwei einander durchaus ähnliche Geschlechter auf einem rings herumgehenden Rücken, zu den beiden nach der entgegengesetzten Seite von einander stehenden Gesichtern, aber einen gemeinschaftlichen Kopf, ferner vier Ohren und zwei Schamglieder, und so alles Übrige, wie man es sich hiernach wohl vorstellen kann. Man ging aber nicht nur aufrecht wie jetzt, nach welcher Seite man wollte, sondern wenn man recht schnell fortzukommen beabsichtigte, dann bewegte man sich, wie die Ratschlagenden die Beine aufwärts gestreckt sich überschlagen, so auf seine damaligen acht Glieder gestützt schnell im Kreise fort.
Es ist in der Forschung umstritten, welchen Stellenwert die Platonischen Mythen innerhalb seiner philosophischen Argumentation haben. Die Kategorien des Logos (rationale Begrifflichkeit) und des Mythos (irrationale Bildhaftigkeit) werden bei Platon in einer Weise vermischt, die nur schwer zu durchschauen ist. Vermutlich dient das Mythische dazu, das sichtbar zu machen, was der Logos nicht zum Ausdruck bringen kann.
Was die Kugelmenschen betrifft, ist dieses Konzept in seiner Grundidee keineswegs originell. Die Vorstellung androgyner (zweigeschlechtlicher) Urmenschen und auch androgyner Götter war in der Antike bis zurück in die Zeit des alten Sumer sehr verbreitet. Platon übernahm diese Idee vom Philosophen Empedokles. Der Zweck des Kugelmenschenmythos besteht bei Platon darin, den Ursprung der Erotik zu erhellen, also das Wesen des Eros verständlich zu machen. Gedeutet wird erotisches Streben als der Versuch der in Frau und Mann gespaltenen (vormaligen) Kugelmenschen, durch ihre physische Vereinigung temporär zur androgynen Ur-Einheit zurückzufinden.
Im sumerischen Atramhasis-Mythos, der die Erschaffung des Menschen thematisiert, wird der Urmensch (lullu) als androgyn dargestellt, aus Lehm geschaffen, um den Götter als Arbeiter zu dienen. Bekanntlich haben die Autoren der ´Genesis´ diesen mesopotamischen Mythos während des Babylonischen Exils rezipiert und adaptiert: Adam, der Urmensch, wird - so sehen es manche Exegeten - zweigeschlechtlich geschaffen, ebenfalls aus Lehm und ebenfalls als Arbeiter, denn er/sie soll im Garten Eden als Gärtner und Bauer agieren.
Es gibt mehrere Argumente für die Annahme, der ursprüngliche Adam der ´Genesis´ sei androgyn konzipiert. Z.B. wird in der folgenden Passage unterschieden zwischen Adam als Mensch und Adam als Mann. Zum Mann wird er bezeichnenderweise erst, nachdem Eva, die Frau, entstanden ist:
21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch.
22 Und Gott der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.
23 Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist.
Zur ursprünglichen Einheit finden sie - wie die gespaltenen Kugelmenschen - durch die "Einheit im Fleisch":
24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch.
Auch in der jüdischen Kabbala gilt der Urmensch Adam kadmon als zweigeschlechtlich .