In seinem Buch Spanisch-islamische Urkunden aus der Zeit der Naṣriden und Moriscos (Bonn 1965) durckt Wilhelm Hoenerbach ein Schriftstück ab, welches bereits von G.S. Colin in der Zeitschrift Al-Andalus Bd. XI (1946) besprochen wurde: Un petit glossaire hispanique arabo-allemand du debut du XVIe siècle.
Das Schriftstück, welches auf der Rückseite das Datum 25. šawwāl 906 (= 13. Mai 1501) trägt, besteht nur aus wenigen (nämlich fünf) Zeilen. In Hoenerbachs Dokumentensammlung ist es als Nr. 56 mit der ÜS Arabisch-deutsches Wörterverzeichnis gelistet. Der französisch veröffentlichende britische Arabist Colin versucht eine dialektale Einordnung der deutschen Worte, die vokalisiert sind, wobei das Problem ja ist, dass das Arabische nur drei Lang- und drei Kurzvokale kennt und daher die Wiedergabe von Vokalen (das Deutsche unterscheidet - auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind - 19 Vokale) in Worten anderer Sprachen eine Schwierigkeit darstellt. Colin also meint, der deutsche Gewährsmann habe Hochdeutsch des 15. Jhdts. gesprochen, in einer niederalemannischen Variante: "provenant du haut-allemand du XVe siècle et, très probablement d'un parler bas-alémanique (région de Strasbourg?)" (Colin zitiert nach Hoenerbach).
Der arabische Text hat folgenden Duktus: In der Zunge/Sprache* der Deutschen [sagt man] für [arab. Terminius] [dt. Terminus] und für [arab. Terminus] [dt. Terminus] und für....
Es kommen vor: Brot (porot/purūt), Fleisch (fleš/flāš), Haus (hus), Gatter/Gitter (un-ġ.trā), Fensterladen (un-ladha), Tür (un-tir), Steigbügel (e-štakraf/a-štakraf = Stehgreif), Sporen (e-špor/a-špur), Dolch (arab. Messer) (un-toliš/un-tuliš), Messer (um-masa) und Speer (u-spiyas)
(Variante 1: Transkription Hoenerbach/Variante 2: Transkription El Quijote)
Die doch sehr kurze Wortliste mit nur elf Termini auf fünf Zeilen ist beschränkt sich also auf Militaria, Speisen und Dinge rund ums Haus. Hoenerbach rekonstruiert aus den wenigen Worten einen deutschen Reiter als Gewährsmann des moriskischen Verfassers dieser Zeilen. Er schreibt:
Die Wortliste kann freilich auch auf einem alten, Papier angelegt worden sein, so dass das Papier ursprünglich zu einem Dokument aus dem Jahr 1501 gehörte und dann tpq 1521 mit der Wortliste beschriftet wurde.
Die Frage bleibt dann aber: Hatten die Morisken wirklich die protstantischen Fürstentümer als Ausweichziele im Auge, wie von Hoenerbach vorgeschlagen? Meist sind sie ja in die Gebiete des heutigen Marokko, Tunesien und Algerien gezogen, wo heute noch viele Altstädte "andalusische" Viertel haben.
*Es gibt im Arabischen zwei Worte für Sprache, luġah und lißān**, letzteres bedeutet auch Zunge, dieses Wort wurde hier verwendet.
**korrekte Umschrift lisān, aber wir Deutschen haben ja so ziemlich als einzige in Europa die dumme Angewohnheit -s- weich anstatt scharf zu lesen und aus -z- ein "ts" zu machen. Verdopplung hat wiederum Rückwirkung auf die Bedeutung im Arabischen, daher habe ich mich hier behelfsmäßig für -ß- entscheiden
Das Schriftstück, welches auf der Rückseite das Datum 25. šawwāl 906 (= 13. Mai 1501) trägt, besteht nur aus wenigen (nämlich fünf) Zeilen. In Hoenerbachs Dokumentensammlung ist es als Nr. 56 mit der ÜS Arabisch-deutsches Wörterverzeichnis gelistet. Der französisch veröffentlichende britische Arabist Colin versucht eine dialektale Einordnung der deutschen Worte, die vokalisiert sind, wobei das Problem ja ist, dass das Arabische nur drei Lang- und drei Kurzvokale kennt und daher die Wiedergabe von Vokalen (das Deutsche unterscheidet - auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind - 19 Vokale) in Worten anderer Sprachen eine Schwierigkeit darstellt. Colin also meint, der deutsche Gewährsmann habe Hochdeutsch des 15. Jhdts. gesprochen, in einer niederalemannischen Variante: "provenant du haut-allemand du XVe siècle et, très probablement d'un parler bas-alémanique (région de Strasbourg?)" (Colin zitiert nach Hoenerbach).
Der arabische Text hat folgenden Duktus: In der Zunge/Sprache* der Deutschen [sagt man] für [arab. Terminius] [dt. Terminus] und für [arab. Terminus] [dt. Terminus] und für....
Es kommen vor: Brot (porot/purūt), Fleisch (fleš/flāš), Haus (hus), Gatter/Gitter (un-ġ.trā), Fensterladen (un-ladha), Tür (un-tir), Steigbügel (e-štakraf/a-štakraf = Stehgreif), Sporen (e-špor/a-špur), Dolch (arab. Messer) (un-toliš/un-tuliš), Messer (um-masa) und Speer (u-spiyas)
(Variante 1: Transkription Hoenerbach/Variante 2: Transkription El Quijote)
Die doch sehr kurze Wortliste mit nur elf Termini auf fünf Zeilen ist beschränkt sich also auf Militaria, Speisen und Dinge rund ums Haus. Hoenerbach rekonstruiert aus den wenigen Worten einen deutschen Reiter als Gewährsmann des moriskischen Verfassers dieser Zeilen. Er schreibt:
Die deutsche Sprachübung eines morisco aus der Zeit Karls V. überrascht jedoch eigentlich nicht. Infolge der habsburgischen Herrschaft in Spanien konnten die moriscos leicht auf deutsche Sachen - und entsprechende Wörter - aufmerksam werden. [...] Nach dem Aufkommen des Protestantismus haben die moriscos nachweisbar mit Deutschland sympathisiert; der religiöse Weg der sich ihnen bot, war aus gewissen inneren Übereinstimmungen, vor allem aus dem gemeinsamen Schicksal der Verfolgten heraus, der protestantische [....] Das protestantische Deutschland hat den vertriebenen moriscos als eines ihrer Ausweichziele vorgeschwebt.
Ein kleiner Schönheitsfehler an dieser ganzen Deutung ist jedoch das Datum auf der Rückseite des Dokuments, 1501. Damals lebte noch Isabel die Katholische, die Herrschaft über Spanien lag also fest in der Hand der Reyes Católicos (nach ihrem Tod übernahmen ja der Habsburger Philipp der Schöne und seine Frau Johanna für zwei Jahre die Macht in Kastilien, bis Fernando nach Philipps plötzlichem Tod und dem offensichtlichen Wahnsinn seiner Tochter (Juana la Loca), die über Monate mit dem Leichnam ihres Mannes durchs Land zog, sich die Macht über den Erbteil seiner Frau wieder sichern konnte. Erst nach seinem Tod (1516) konnte sein (ungeliebter) Enkel Karl die Macht in Spanien übernehmen, erst nach Kaiser Maximilians Tods (1519) sind Reiter aus dem süddeutschen Raum in Karls Gefolge zu erwarten und erst nach 1517 (und wahrscheinlich aus moriskischer Sicht auch erst nach dem Reichstag von Worms, also 1521) sind eigentlich Kenntnisse der Reformation bei Morisken erwartbar.
Die Wortliste kann freilich auch auf einem alten, Papier angelegt worden sein, so dass das Papier ursprünglich zu einem Dokument aus dem Jahr 1501 gehörte und dann tpq 1521 mit der Wortliste beschriftet wurde.
Die Frage bleibt dann aber: Hatten die Morisken wirklich die protstantischen Fürstentümer als Ausweichziele im Auge, wie von Hoenerbach vorgeschlagen? Meist sind sie ja in die Gebiete des heutigen Marokko, Tunesien und Algerien gezogen, wo heute noch viele Altstädte "andalusische" Viertel haben.
*Es gibt im Arabischen zwei Worte für Sprache, luġah und lißān**, letzteres bedeutet auch Zunge, dieses Wort wurde hier verwendet.
**korrekte Umschrift lisān, aber wir Deutschen haben ja so ziemlich als einzige in Europa die dumme Angewohnheit -s- weich anstatt scharf zu lesen und aus -z- ein "ts" zu machen. Verdopplung hat wiederum Rückwirkung auf die Bedeutung im Arabischen, daher habe ich mich hier behelfsmäßig für -ß- entscheiden