Religion und Wissenschaft

Gibt es für deine Ausführungen über die Medizinhistorie und den Verfall der Theaterkultur irgend etwas, das diese Deutungen stützt, eine Publikation, die das stützt, was du hier als Tatsachenbehauptung aufstellst? Ich frage, weil mich interessiert ob da die eigene oder fremde Phantasie am Werke waren.
Nein, da war weder meine noch fremde Fantasie am Werk, das hat sich Tertullian ganz allein ausgedacht. :D
Im Übrigen habe ich in meinem Beitrag auf einen Artikel in Wikipedia verlinkt (De Spectaculis), in dem es u.a. einen Link gibt auf einen Artikel in der Bibliothek der Kirchenväter, in dem es z.B. gleich am Anfang heißt – Zitat:

„1. Der Besuch der heidnischen Schauspiele ist mit dem Christentum unverträglich.
(…)
4. Der Christ widersagt den Schauspielen eigentlich schon im Taufgelübde.“


Das sind Überschriften der Kapitel und gleichzeitig Verweise darauf. Es gibt 30 Kapitel.

Noch eine Bemerkung dazu: Mir wird von dir und anderen vorgeworfen, ich bringe keine Belege, aber wenn ich welche wie oben bringe, werden sie ignoriert bzw. so getan, als hätte ich wieder keine gebracht. Ein bisschen Zeit sollte man schon investieren und zumidest die verlinkten Dokumente lesen.

Im Bezug auf Historie der Medizin gibt es bei Amazon eine bis zur Seite 26 gehende Leseprobe des besagten Buches von Colin Slater – man muss halt den Autor oder den Titel („Die Geschichte der Anatomie“, Haupt-Verlag) eingeben.

Das glaubst du doch wohl selber nicht, dass der keine Ahnung von Anatomie gehabt haben soll! Die antiken Ärzte hatten sogar umfassende Kenntnisse der Anatomie. Galen studierte u. a. in Alexandria und er ging, nach dem Wikiartikel zu Galen nach Alexandria, weil nur dort die Vivisektion und Experimente an Leichen zugelassen waren.
Als Galen in Alexandria war, gab es da keine Sektionen mehr, geschweige Vivisektion, die es dort niemals gab – außer natürlich bei Tertullian, um das Sezieren der Leichen zu diskreditieren.

Galen hatte dort nur noch Bücher der beiden oben erwähnten Anatomen Herophilos und Erasistratos, die zu dem Zeitpunkt schon ca. 300 Jahre tot waren, in der alexandrinischen Bibliothek studieren können. Galen hat selbst keine Sektionen durchgeführt, was er über den Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers wusste, wusste er nur aus Büchern und Sektionen von Tieren. Und aus Wundbehandlungen von Gladiatoren. Das kann eigenhändige Sezieren nicht ersetzen, deshalb ist Anatomie im Medizinstudium heute Pflicht – trotz hervorragender Abbildungen in Büchern.

Zur Illustration, wie sehr Galen irrte, hier ein weiteres Zitat aus dem Artikel der Süddeutschen:

Vesalius entdeckte mehr als 200 grobe Fehler in der seit der Antike geltenden Anatomie Galens und räumte mit etlichen Mythen auf: Anders als Galen behauptet hatte, endet der Gallengang nicht im Magen (sondern im Zwölffingerdarm), bestand die Leber nicht aus fünf Lappen, sondern aus zwei großen und zwei kleinen. Zudem ist die Gebärmutter nicht gehörnt, um nur einige der Irrtümer Galens zu nennen. Doch statt Galens Lehrgebäude angesichts so vieler Fehler grundsätzlich infrage zu stellen, korrigierte Vesal den antiken Meister lediglich. Zu groß war die Ehrfurcht vor dem Mann, der seit fast eineinhalb Jahrtausenden das Denken und Handeln der Medizin bestimmt hatte.

Die antike Medizin wusste noch nichts vom Blutkreislauf ...
Ja, in der Antike wusste man von Blutkreislauf nichts. Erasistratos war zwar kurz davor, aber er starb, ohne wirklich dahinterzukommen. Danach gab es keine Sektionen mehr, weil die herrschende Lehrmeinung war, man brauche das nicht. 300 Jahre später kam Galen, sah zwar die Ergebnisse von Erasistratos über den Blutkreislauf, zog aber keine eigenen Schlüsse daraus – seine Viersäftelehre ward geboren. Sie herrschte bis ins Hochmittelalter (und darüber hinaus), als im Jahr 1240 Kaiser Friedrich II. das Medizinstudium regelte – Zitat:

Der Lehrplan bestand aus:
• 3 Jahre Logik,
• 5 Jahre der Medizin (einschließlich der Chirurgie und der Anatomie einschließlich der Autopsie menschlicher Körper),
• 1-jährige Praxis bei einem Arzt


Man beachte: Chirurgie und Anatomie gehörten zum Medizinstudium. Friedrich war unabhängig von Kirche und Papst, deshalb konnte er das verfügen. Aber nach seinem Tod kam offensichtlich wieder die Trennung in Ärzte, auch Buchärzte genannt, und Wundheiler/Bader, die bis ins 19. Jahrhunderte dauerte.

Wenn das keine Verblendung war – hier Ärzte, die ihr Wissen aus Büchern hatten, dort Praktiker, die den Aufbau des menschlichen Körpers halbwegs kannten und entsprechend behandeln konnten –, dann weiß ich nicht, was Verblendung ist.

Selbstverständlich sahen Buchärzte auf die Chirurgen von oben herab. Als ob ihr mangelhaftes "Wissen", das vor anderthalb Jahrtausenden entstand (weil man es damals nicht besser wusste), besser wäre als handfestes Wissen, das auf eigener Praxis beruhte.
 
Ich meinte die Lehrmeinung der Historiker.
Ich weiß. Aber in allen Berufssparten und auch in der Wissenschaft gibt es Lehrmeinungen, die sich sehr langsam neuen Erkenntnissen anpassen. Dies gilt besonders in der Medizin, wie Werner Bartens, selbst ein Mediziner, zugibt – Zitat aus dem Artikel der Süddeutschen:

Doch die Medizin war und ist eine konservative Disziplin – es dauert, bis sich Neues durchsetzt.

Erledigt ist das Thema, wenn klar ist, dass Colin Slater eine in den Geschichtswissenschaften akzeptierte (weil belegte) Lehrmeinung vertritt.

Oder es ist erledigt, wenn Colin Slater zwar abweichend zur vorherrschenden Meinung steht, aber bessere Argumente (bspw. neue Erkenntnisse) vorbringt.
Ob Slater bessere Argumente hat, weiß ich nicht, dafür müsste ich weiter recherchieren. Er hat auf jeden Fall 150 Bücher gewälzt und das Ergebnis davon ist nun das Buch, über das die zwei Rezensenten so urteilten – Zitat:

Das Ergebnis ist eine Reihe teils eindrucksvoller Bildzeugnisse, mit denen der Text jedoch kaum Schritt halten kann.

Was nun Galen anlangt, @Scorpio hat darauf eine meiner Ansicht nach zutreffende Erwiderung angeboten. Die anatomischen Kenntnisse waren gar nicht mal gering …
Wie ich oben zeigen konnte, waren anatomischen Kenntnisse Galens gering, sonst hätte Vesalius (1514–1564) nicht mehr als 200 grobe Fehler bei ihm finden können. Dazwischen liegen 1300 Jahre, sprich bis Vesalius gab es so gut wie keinen Fortschritt in der Anatomie. Und selbst als das klar wurde, hielt sich die Lehrmeinung immer noch an Galen und seiner Viersäftelehre. Das änderte sich auch nicht, als William Harvey (1578-1657) den Blutkreislauf so beschrieb, wie wir ihn heute kennen – Zitat aus dem Artikel der SZ:

Doch Harvey wurde fast ein Jahrhundert lang verkannt und verlacht.

Ich meine gelesen zu haben, dass in Salerno bis ins Hochmittelalter Sektionen vorgenommen worden seien. Dann gab es wohl ein Intermezzo mit Schweinen, dessen anatomische Ähnlichkeit seinerzeit schon bekannt war und u.a. den Hof des zweiten Friedrichs mit Rom in Konflikt brachte.
Ja, die anatomische Ähnlichekeit mit Tieren war bekannt. Aber da kam die Autorität der Bibel ins Spiel: Es war für die Kirche schlicht unvorstellbar, dass Gott den Menschen nach den gleichen Prinzipien schuf wie Tiere.

Daher meine Frage, wie umfassend dieses Verbot war, wo es galt und wie es durchgesetzt wurde.
Ob das Sezieren von Leichen explizit verboten war, oder ob es ein stillschweigendes Übereinkommen in der Ärzteschaft gab, das vermag ich nicht zu entscheiden. Aber allein die Reaktion der Kirche auf die Praxis in Schulen von Salerno und der Universität von Neapel (ohne die päpstliche Bulle gegründet) zeigt uns, dass sie in dieser Sache ein gewichtiges Wort hatte.

Außerdem gibt es noch ein Indiz: Padua war eine kaiserliche Stadt, wo im 13. Jahrhundert Pietro d’Abano lehrte, ein Mediziner und Philosoph, der wohl 20 Jahre in Konstantinopel verbrachte, sich dort die griechische und arabische Sprache aneignete und Werke von Aristoteles und Galen erwarb. Inquisition verurteilte ihn als Häretiker, d.h. sein Leichnam oder sein Bild wurden verbrannt, weil er vor dem Urteil in Engelsburg in Rom starb.

Später gehörte Padua zu Republik Venedig, die sich von Päpsten wenig bis nichts hatte sagen lassen. Das hatte Folgen für die dortige Universität – Zitat (Fettschreibung durch mich):

„In dieser Zeit reüssierte die Universität Padua zum führenden Zentrum in der Medizin, insbesondere im 16. Jahrhundert gingen von Padua die Anfänge des klinischen Unterrichts aus[4] und die Universität war „das wichtigste Forschungszentrum für menschliche Anatomie“.[5] Es lehrten dort Vesalius, Montanus, Falloppius und Fabrizio. Viele ausländische Studenten kamen in dieser Zeit zum Medizinstudium nach Padua. Darunter auch William Harvey, Pieter van Foreest (Petrus Forestus, 1522–1597) und Geraert de Bondt (Bontius, 1536–99), die ersten Medizinprofessoren in Leiden sowie Thomas Linacre (Gründer des Royal College of Physicians of London) und John Caius, Gründer des Caius College, Cambridge.“
(...)
1517 wurde die Universität strukturell einer Neuordnung unterzogen. Der venezianische Senat ersetzte den Bürgerrat der Trattatori, der bis dahin die Hochschule überwacht hatte, durch die Riformatori dello Studio di Padova, die sich aus drei, alle zwei Jahre unter den angesehensten Experten in öffentlichen Fragen gewählten Patriziern zusammensetzten. Der Rat sorgte für eine Loslösung von der Stadt und ließ der Universität eine zentrale Rolle im Staat Venedig zukommen. Man ging gegenüber den Studenten mit größter Toleranz vor, so auch in Religionsfragen und räumte den Dozenten die größtmögliche Lehrfreiheit ein, sodass die Universität mit Recht das verpflichtende Motto Universa universis Patavina libertas führen konnte.


Fortsetzung folgt morgen.
 
Später gehörte Padua zu Republik Venedig, die sich von Päpsten wenig bis nichts hatte sagen lassen.
Saperlot: trotz rigider wissenschaftsfeindlicher allmächtiger und alles kontrollierender Päpste gab es solche Freiräume???? ...sehe ich da ein wortgewaltiges kirchenkritisches Gedankengebäude wanken?... ;) :rolleyes:;)
Nebenbei:
Im 12. Jahrhundert wurden die Universitäten in Paris und Oxford zum europäischen Zentrum der wissenschaftlichen Aktivitäten. Robert Grosseteste (1168–1253) und sein Schüler Roger Bacon (1214–1292) entwarfen ein neues Wissenschaftsparadigma. Nicht die Berufung auf kirchliche oder antike Autoritäten, sondern das Experiment sollte die Bewertung der Korrektheit maßgeblich bestimmen. Papst Clemens IV. forderte Roger Bacon im Jahre 1266 auf, ihm seine Ansichten und Vorschläge zur Behebung der Missstände in der Wissenschaft mitzuteilen. Bacon verfasste als Antwort mehrere Bücher, darunter sein Opus Maius. Bacon wies auf die Bedeutung der Mathematik als Schlüssel zur Wissenschaft hin; er befasste sich insbesondere mit der Geometrie angewendet auf die Optik.
 
Nein, da war weder meine noch fremde Fantasie am Werk, das hat sich Tertullian ganz allein ausgedacht. :D
Im Übrigen habe ich in meinem Beitrag auf einen Artikel in Wikipedia verlinkt (De Spectaculis), in dem es u.a. einen Link gibt auf einen Artikel in der Bibliothek der Kirchenväter, in dem es z.B. gleich am Anfang heißt – Zitat:

„1. Der Besuch der heidnischen Schauspiele ist mit dem Christentum unverträglich.
(…)
4. Der Christ widersagt den Schauspielen eigentlich schon im Taufgelübde.“


Das sind Überschriften der Kapitel und gleichzeitig Verweise darauf. Es gibt 30 Kapitel.

Noch eine Bemerkung dazu: Mir wird von dir und anderen vorgeworfen, ich bringe keine Belege, aber wenn ich welche wie oben bringe, werden sie ignoriert bzw. so getan, als hätte ich wieder keine gebracht. Ein bisschen Zeit sollte man schon investieren und zumidest die verlinkten Dokumente lesen.

Im Bezug auf Historie der Medizin gibt es bei Amazon eine bis zur Seite 26 gehende Leseprobe des besagten Buches von Colin Slater – man muss halt den Autor oder den Titel („Die Geschichte der Anatomie“, Haupt-Verlag) eingeben.


Als Galen in Alexandria war, gab es da keine Sektionen mehr, geschweige Vivisektion, die es dort niemals gab – außer natürlich bei Tertullian, um das Sezieren der Leichen zu diskreditieren.

Galen hatte dort nur noch Bücher der beiden oben erwähnten Anatomen Herophilos und Erasistratos, die zu dem Zeitpunkt schon ca. 300 Jahre tot waren, in der alexandrinischen Bibliothek studieren können. Galen hat selbst keine Sektionen durchgeführt, was er über den Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers wusste, wusste er nur aus Büchern und Sektionen von Tieren. Und aus Wundbehandlungen von Gladiatoren. Das kann eigenhändige Sezieren nicht ersetzen, deshalb ist Anatomie im Medizinstudium heute Pflicht – trotz hervorragender Abbildungen in Büchern.

Zur Illustration, wie sehr Galen irrte, hier ein weiteres Zitat aus dem Artikel der Süddeutschen:

Wikipedia führt aus, Galen sei extra nach Alexandria zum Studium gegangen, weil dort und nur dort Sektion betrieben wurde.
Wiki ist natürlich auch nicht das Nonplusulttra. Bei der Süddeutschen habe ich gelesen, der Autor habe Geschichte studiert, der Artikel liegt hinter paywall.

Wenn es doch ein Sezierverbot gab-außer in Alexandria- und wenn es zu Galens Zeiten auch fort nicht mehr bestand, dann bestand es doch schon in der Antike. In heidnischer Zeit. Galens Studienjahre das ist die Zeit von Antoninus. Dann gab es das doch schon lange vor der konstantinischen Wende, lange bevor das Christentum unter Theodosius Staatsreligion wurde.


Tertullian starb 220. Vielleicht kann man Tertullian so ein kleines bisschen Skepsis gegen römische Spektakel verstehen- Der dachte vielleicht an Perpetua und Felicitas- Exekution in Carthago- Exekution im Amphitheater von Carthago anlässlich Getas Geburtstagfeier im Jahre 203.
Christenverfolgung unter Nero, Christinnen auf Stiere gebunden, Christen in Tierfelle eingenäht und von Hunden zerfetzt, Christ als Orpheusdarsteller, Flugversuche mit christlichen Dädalos und Ikarus-Darsteller. Festliche Illuminierung in den Gärten des Mäcenas mit menschlichen Fackeln. Christenverfolgung in Lyon z. Z. Marc Aurels- öffentliche -Verbrennung Polykarps in Lugdunum.

Da Christen durchaus als Komparsen an römischen Spectacula beteiligt waren in der Unterhaltungsindustrie, wird man es vielleicht Tertullian nachsehen, wenn seine Begeisterung da etwas gedämpft war.

Auch in Theaterstücken fanden Hinrichtungen statt. Es kam vor, dass wenn in einem Stück ein Räuber gekreuzigt wurde und man dafür einen Verurteilten nahm. Martial berichtet von einem Stück, indem ein Verurteilter von einem kalydonischen Bären zerfleischt wurde
So ganz kapiere ich auch nicht, was Tertullian mit Sektionen am Hut hatte. Der Mann war Jurist, das merkte man seinem Stil an, er argumentierte auch juristisch. Der starb 220 n. Chr. Da hatte er Verfolgungen mitbekommen, und da standen dem Christentum die größten Verfolgungen erst bevor.
Das war fast 100 Jahre vor der Konstantinischen Wende, ca. 180 Jahre bevor das Christentum Staatsreligion wurde. Als Tertullian starb, da war das Christentum schon eine lokale Größe, aber politisch marginalisiert, und verfolgt.

Auch nachdem Theodosius das Christentum zur Staatsreligion machte, blieben viele Kulte noch lange erhalten, und in manchen Provinzen zumal in Rom war das Christentum noch weit davon entfernt, die einzige Religion zu sein. Die christliche Kirche, die war auch nicht allmächtig, sondern vor allem mächtig zerstritten.

Da würde ich dann doch die Wirkmächtigkeit von Kirchenvätern aus dem 2./3. Jahrhundert auch nicht überschätzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Ergebnis ist eine Reihe teils eindrucksvoller Bildzeugnisse, mit denen der Text jedoch kaum Schritt halten kann.
Mein erster Gedanke war: Spricht das jetzt für oder gegen den Autor? :D
Wie ich oben zeigen konnte, waren anatomischen Kenntnisse Galens gering, sonst hätte Vesalius (1514–1564) nicht mehr als 200 grobe Fehler bei ihm finden können.
Verglichen mit Einstein waren auch Newton und Huygens Ignoranten. Die veralteten und irrigen Erkenntnisse früherer Wissenschaftler-Generationen ändern nichts daran, dass sie zu ihrer Zeit "state of the art" waren.
Ja, die anatomische Ähnlichekeit mit Tieren war bekannt. Aber da kam die Autorität der Bibel ins Spiel: Es war für die Kirche schlicht unvorstellbar, dass Gott den Menschen nach den gleichen Prinzipien schuf wie Tiere.
Da kam durchaus nicht nur die Autorität der Bibel ins Spiel, die gleiche Denkweise dominierte in vielen Kulturen und Religionen. Entschuldige, aber hier schwingst Du einfach wieder den anti-klerikalen Vorschlaghammer.

Der Mensch stieß schon früh auf das moralische Dilemma, das sein Umgang mit Tieren bedeutet, weil so eine zu schlachtende Sau genauso panisch schreit und in der gleichen Farbe blutet wie ein Mensch, wenn man ihn absticht, und legte sich eine Weltsicht zurecht, die sein Tun entschuldbar machte.

Dieses Dilemma besteht bis heute und wird heute noch ähnlich gelöst. Noch vor fünfzig Jahren lehrten Universitäten weltweit, ganz ohne religiöse Einflüsse, dass Fische keinen Schmerz empfinden könnten. Dafür gab es keinen plausiblen Grund, abgesehen davon, dass man bei Fischen die Schmerzrezeptoren noch nicht gefunden hatte (wohl aber ihr Vorhandensein im Wege der Analogie vermuten konnte). Diese Ignoranz macht es aber natürlich leichter, zehntausend Lachse auf einmal aus dem Meer zu holen, sie in Kisten zu werfen und ersticken zu lassen.

Prinzipiell könnte der Mensch seinen Umgang mit den Tieren dadurch rechtfertigen, dass er selbst ein Tier ist. Ein Bär geht mit dem Lachs auch nicht schonender um, im Gegenteil. Aber dazu müsste der historische Mensch erst einmal auf die Idee gekommen sein, dass er ebenfalls ein Tier war. Und dass er es nicht tat, ist beileibe nicht das Werk der Bibel, die dürfte ihm allenfalls gesagt haben, was er ohnehin für offensichtlich hielt.

Du willst doch nicht behaupten, dass sich für den ohne die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft gerüsteten Menschen die Parallelen zwischen Mensch und Tier geradezu aufdrängten? Wie hätte z.B. der durchs goldene Prag stolzierende und mit Kommilitonen in drei Sprachen philosophierende Bakkalaureus den Gedanken nicht empört von sich weisen können, dass ihn ganze 5% von einem Schwein unterscheiden, das nicht mal einen lumpigen Dom bauen kann, geschweige denn in drei Sprachen philosophieren?

Dazu brauchte es die Bibel nicht, jeder heidnische Semgalle hätte Dich dafür ausgelacht, wenn Du ihm erzählt hättest, er sei mit den Schweinen verwandt. Oder, was wahrscheinlicher ist, es als tödliche Beleidigung aufgefasst und Dir einen Satz heißer Ohren verpasst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es kam vor, dass Leichen verurteilter Krimineller in die Anatomie geliefert wurden. Klagen über Störung der Totenruhe, massive Grabschändung, das muss aber schon ein Phänomen gewesen sei, späte Nachahmer sind Dr. Robinson, Injun Joe und Muff Potter aus Mark Twains Tom Sawjer, die nachts losziehen, um Tote auszubuddeln- das war ein Problem, und das mal anzusprechen da war die Kirche sogar in der Pflicht etwas zu tun.
Da haben aber auch die Universitäten in Edinburgh und Glasgow beide Augen fest zugedrückt. Die Kirchen hingegen haben Friedhofswärter angestellt, welche insbesondere frische Gräber bewachen sollten. William Hare und Burke (wie die zwei Uwes - Mundlos und Böhnhardt - zwei Williams) haben, nachdem sie auf Friedhöfen keine Leichen mehr stehlen konnten, ihr Geschäftsmodell geändert, und selber Leichen produziert. Nach William Burke als Burking bezeichnet. Hare betrieb eine billige Absteige in Edinburgh und Reisende, die dort abstiegen, wurden oft erst betrunken gemacht und dann durch Burke erstickt. Da der eigentliche Mörder Burke war und Hare als Kronzeuge aussagte, landete Burke auf den Seziertischen, die er selber zuvor fleißig befüllt hatte, während sein Komplize Hare sogar um eine Gefängnisstrafe herumkam.
Die Geschäftspraxis von Hare und Burke flog auf, als einem Studenten auffiel, dass die Leiche, die er auf dem Seziertisch vor sich liegen hatte, eine Prostituierte war, die er wenige Stunden zuvor noch quicklebendig erlebt hatte.
 
Der Mensch stieß schon früh auf das moralische Dilemma, das sein Umgang mit Tieren bedeutet, weil so eine zu schlachtende Sau genauso panisch schreit und in der gleichen Farbe blutet wie ein Mensch, wenn man ihn absticht, und legte sich eine Weltsicht zurecht, die sein Tun entschuldbar machte.

Dieses Dilemma besteht bis heute und wird heute noch ähnlich gelöst. Noch vor fünfzig Jahren lehrten Universitäten weltweit, ganz ohne religiöse Einflüsse, dass Fische keinen Schmerz empfinden könnten. Dafür gab es keinen plausiblen Grund, abgesehen davon, dass man bei Fischen die Schmerzrezeptoren noch nicht gefunden hatte (wohl aber ihr Vorhandensein im Wege der Analogie vermuten konnte). Diese Ignoranz macht es aber natürlich leichter, zehntausend Lachse auf einmal aus dem Meer zu holen, sie in Kisten zu werfen und ersticken zu lassen.

Prinzipiell könnte der Mensch seinen Umgang mit den Tieren dadurch rechtfertigen, dass er selbst ein Tier ist. Ein Bär geht mit dem Lachs auch nicht schonender um, im Gegenteil. Aber dazu müsste der historische Mensch erst einmal auf die Idee gekommen sein, dass er ebenfalls ein Tier war. Und dass er es nicht tat, ist beileibe nicht das Werk der Bibel, die dürfte ihm allenfalls gesagt haben, was er ohnehin für offensichtlich hielt.
Harari schreibt in einem seiner populären Bücher (Sapiens oder Homo Deus vermutlich) über den Übergang von Animismus zum Götterglauben und setzt diesen in die Übergangszeit vom Mesolithikum zum Neolithikum, besonders aber in Zusammenhang vom Übergang von der Jagd zur Tierzucht.
Als der Mensch noch Jäger und Sammler war, war er nach dieser Darstellung auf Augenhöhe mit den Tieren, bat den Geist des Tieres, sein Leben zu opfern und bedankte sich beim Geist des Tieres, dass es sein Leben für die meschliche Sippe geopfert habe. Mit der Einpferchung und Selektion von Tieren hingegen kamen Superiorität bzw. Inferiorität ins Spiel und der Animismus sei zurückgegangen wohingegen sich die Beziehung Tier (inferior) zu Mensch (superior) in einer neuen Beziehung zwischen Mensch und einem neuen Götterpanoptikum spiegelte
Das ist natürlich so kaum beweisbar (gleichwohl aber finden wir Animismus in Gesellschaften, die jagen und sammeln bis heute), aber von Harari, wie ich finde, sehr überzeugend dargelegt.
 
Das scheint mir eine sehr romantisierende Sichtweise, wenn ich ehrlich bin. Ich meine, was passiert hier auf der psychologischen Ebene:
Als der Mensch noch Jäger und Sammler war, war er nach dieser Darstellung auf Augenhöhe mit den Tieren, bat den Geist des Tieres, sein Leben zu opfern und bedankte sich beim Geist des Tieres, dass es sein Leben für die meschliche Sippe geopfert habe
?
Letztlich stellte sich auch der Jäger und Sammler a priori über das Tier, das keine Kapazität hat, seine Opferbereitschaft zu verkünden. Im Gegenteil, Flucht und Gegenwehr sollten eigentlich auch dem Urmenschen klargemacht haben, dass das gejagte Tier keineswegs sein Leben opfern wollte. Unterbewusst mögen solche Riten auch nur der Beruhigung des Gewissens gedient haben.
 
Das scheint mir eine sehr romantisierende Sichtweise, wenn ich ehrlich bin. Ich meine, was passiert hier auf der psychologischen Ebene:?
Letztlich stellte sich auch der Jäger und Sammler a priori über das Tier, das keine Kapazität hat, seine Opferbereitschaft zu verkünden. Im Gegenteil, Flucht und Gegenwehr sollten eigentlich auch dem Urmenschen klargemacht haben, dass das gejagte Tier keineswegs sein Leben opfern wollte. Unterbewusst mögen solche Riten auch nur der Beruhigung des Gewissens gedient haben.
Sicher. Nichtsdestotrotz scheint in Jäger- und Sammlergesellschaften auffällig oft eine animistische Weltauffassung vorzuherrschen (was v.a. ethnologisch bei rezenten Gesellschaften nachzuweisen ist, bei allen methodischen Schwächen, dies auf frühere Jahrtausende zu übertragen), wohingegen bei Ackerbau und Viehzucht betreibenen Gesellschaften uns ein Götterpanoptikum mit personalisierten Göttern mit einem bestimmten Aufgabenspektrum und einer darum herum gestrickten Mythologie (die durchaus widersprüchlich sein kann) entgegen tritt. Die archäologischen Nachweise für den Animismus sind natürlich spärlich, aber in endpaläolithschen (Solutréen) und und mesolithischen (Magdalénien) Höhlenmalereien oder im endmesolithischen/frühneolithischen Göbekli Tepe mag man dafür Belege sehen; beim heidnischen Götterpanoptikum wird es leichter, zunächst mit Figuren und Bildsprachen, die sich teils über jahrtausende bis in die griechisch-römische Antike tradieren und ab der Bronzezeit und verstärkt ab der Eisenzeit bis ins FrühMA dann auch dank schriftlicher Überlieferung (frühorientalische Epen, ägyptische religiöse Literatur, griechisch-römische Mythologie, nordische Mythologie).
 
Siehst du, dass nenne ich Diskussion! Da werden Autoren genannt, da werden Publikationen genannt, da wird argumentativ auf Gegenthesen eingegangen und da wird ein Argument untermauert.
Da kann man sich informieren, wer der verlinkte Autor ist, da kann man eruieren, was der für Bücher geschrieben hat, und auch jeder, der diesen Thread liest oder sich beteiligt kann sich ein Bild machen, welche These plausibel klingt. Auch wer eine konträre These vertritt, muss auf deine Argumente eingehen, sich damit auseinandersetzen und man muss sich auch mehr Mühe bei der Argumentation geben- und eine solche Diskussion macht auch mehr Spaß, als wenn man gegen Tatsachenbehauptungen argumentieren muss. Es wird auch mit viel weniger Verbissenheit und Polemik diskutiert.


Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass die These und die Argumentationskette nicht zutreffend ist.

Deine These war ja-korrigiere mich, wenn ich falsch liege- in etwa folgende:

1. In der Medizin fand über Jahrhunderte kaum Fortschritt statt, die Wissenschaft war sehr konservativ und zu wenig bereit, Lehrmeinungen antiker Autoritäten (Galen, Aristoteles, Plinius u. a.) durch eigene empirische Versuche zu überprüfen.

2. Diese Wissenschaftsfeindlichkeit ist vor allem auf den Dogmatismus der Kirche zurückzuführen. Sektionsverbote basieren vor allem auf den Schriften Tertullians.

3. Galen besaß nur geringe anatomische Kenntnisse, seine Viersäftelehre war Humbug, und durch ihr Festhalten an antiken Lehrmeinungen hat die Kirche wissenschaftlichen Fortschritt blockiert.

4. Die Blockade und Verhinderung wissenschaftlichen Fortschritts war vor allem auf das Sektionsverbot der Kirche zurückzuführen. Dort wo die Kirche etwas zu sagen hatte, war Finsternis.

Der ersten These würde ich durchaus beipflichten, zumindest teilweise. Autoritätsgläubig war die Wissenschaft durchaus. Die mittelalterliche Scholastik war sehr starr, und Autoritäten wurden vielfach zu wenig durch empirische Versuche überprüft. Mit völlig unsinnigen Aderlässen gemäß der Viersäftelehre hat man manchen Patienten regelrecht umgebracht (George Washington) Aderlässe und Abführmittel gemäß der Humoralpathologie hat vielfach Dehydrierung verschärft.

Die antike bis neuzeitliche Medizin war vielen Krankheiten gegenüber hilflos. Klassiker der Antike genossen große Autorität.

So richtig überzeugt mich ein antikes Sektionsverbot nicht. Es wird auch bei Wiki keine Angabe gemacht, wann, von wem, warum Sektionen verboten waren. Wenn das aber stimmt, wenn nur in Alexandria seziert werden durfte und wenn zu Galens Studienzeiten schon nicht mehr-

Dann gab es Sektionsverbote ja schon in der Antike, dann war das ja etwas, das man kaum Galen, Tertullian und "der Kirche" vorwerfen kann. Damals (um 160) war die Kirche verfolgt, das Christentum eine Minderheit.

2. Wissenschaftsfeindlichkeit: Wie bereits erwähnt gehörten Ärzte, Professoren, Studenten zur Kirche. Man wird wohl im ganzen Mittelalter keinen oder kaum einen "Wissenschaftler", keinen Doktor, Magister und Studenten finden, der nicht im Verständnis des Mittelalters ein "Kleriker" war, der die niederen oder höheren Weihen besaß und besitzen musste. Da gab es tatsächlich ein Sezierverbot. Die durften keine Leichen öffnen, kein Blut vergießen.

Daraus folgte aber nicht, dass deswegen keine Sektionen stattfanden, dass damit Fortschritt blockiert wurde. Die holten sich einfach einen Bader oder Wundarzt, der das für sie übernahm. Dass Ärzte Wundärzte hinzuzogen, damit die Handgriffe übernahmen, die Ärzte nicht durchführen durften, das lässt sich für verschiedene Städte im Reich wie Frankfurt belegen. Sektionen lassen sich auch das definitiv im Mittelalter belegen für Universitäten wie Salerno. Bei Uni-Städten wie Marburg oder Göttingen weiß ich definitiv, dass verurteilte Kriminelle an anatomische Institute übergeben wurden. Gut, Göttingen wurde erst 1733 und Marburg während der Reformation gegründet.- das ist nun wirklich nicht mehr Mittelalter und Marburg war die erste protestantische Universität.

Ich halte es aber für plausibel, dass so etwas auch in anderen Uni-Städten wie Padua, Bologna, Prag, Heidelberg oder Wien vorkam.

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-Wenn es Sektionsverbote bereits in der Antike gab, wenn zu Galens Zeiten in Alexandria schon nicht mehr seziert wurde- wie will man denn dann die These begründen, dass "die Kirche" das begründet hat.

- Galen von Pergamon war Gladiatorenarzt, ob er Leichen seziert hat, wissen wir nicht- aber wer oder was hätte ihn in dieser Position hindern sollen, es trotzdem zu tun.

- Der wird gewusst haben wo Herz, Leber und Lunge lagen. Der wird an der Farbe des Blutes erkannt haben, ob die Lunge getroffen ist, und wenn der Darm perforiert war, dann hätte er auch nicht viel mehr tun können, als Vesalius- er konnte dem Verletzten etwas Opium gegen die Schmerzen geben, er konnte versuchen eine Wunde zu reinigen, und wenn bestimmte Organe getroffen waren- dann starb der Patient am Blutverlust oder er bekam den Wundbrand oder Bauchfellentzündung- und dann konnte der Arzt nur noch beten und ein Kreuz eintragen- und mehr hätte Vesalius auch nicht tun können.

Vesalius hätte allerdings reinen Alkohol zur Desinfektion gehabt, während Galen höchstens seine Instrumente in Wasser oder Wein abkochen konnte.

- Wie will man die Argumentationskette aufrecht erhalten, wenn zumindest im Mittelalter nachweisbar ist, dass es zwar Sektionsverbote gab, dass das aber mit Wissenschaftsfeindlichkeit nichts zu tun hatte, dass es mit den Vorgaben verbunden war, die eben mit dem Status von Ärzten zu tun hatten, mit den niederen oder höheren Weihen. Die aber hielten nicht von Sektionen ab:

-Die mittelalterlichen Ärzte besaßen Anatomiekenntnisse, Sektionen fanden ja statt. Die haben einfach einen Wundarzt den Schnitt, die Leichenöffnung machen lassen. Das ist auch dokumentiert. Dokumentiert für Salerno, dokumentiert für Städte im Reich, wo Wundärzte für Eingriffe konsultiert wurden. Für Unistädte lassen sich auch definitiv Abgabe von Leichen an anatomische Sammlungen nachweisen.

Die Argumentationskette: Die allmächtige Kirche verhinderte Sektionen, sie blockierte wissenschaftlichen Fortschritte, Sektionsverbote sind dafür verantwortlich, hätten mittelalterliche Ärzte sezieren können, wäre der Blutkreislauf, Samenzellen, Viren und Bakterien, die Bedeutung von Hygiene schon viel früher entdeckt worden.

Sehe ich so nicht, denn Sektionen sie konnten ja stattfinden, sie haben stattgefunden (Salerno). Das Verbot der Leichenöffnung, des Blutvergießens ist eben auf die Weihen zurückzuführen und es konnte leicht unterlaufen werden und wurde unterlaufen.
 
Mich würde z.B. interessieren, ob das Verbot sich auch auf Menschen erstreckte, denen nach kirchlichem Dogma keine Auferstehung zuteilwerden konnte, also primär Moslems und Heiden*?
Da bin ich überfragt.

Eines jedoch sticht ins Auge: Die Begründung, warum Hexen verbrannt werden mussten, war auch: Es sollte nichts von ihnen übrigbleiben, um deren Auferstehung zu verhindern, dann dafür würde der ganze Leib gebraucht. Dieses Denken könnte die Kirche veranlasst haben, Obduktionen wie auch die Bestattung von Einzelteilen der Herrscher in verschiedenen Ort zu verbieten.

Was sie allerdings nicht daran hinderten, selbst Reliquienhandel zu betreiben, was dazu führte, dass ein Körper in alle Himmelsrichtungen verteilt wurde; manchmal in mehrfachen Ausführung. :D

Was ist mit Selbstmördern? Mit ungetauft gestorbenen Kindern?
Diesen allen wurde die Bestattung auf dem sog. Gottesacker verweigert – sie mussten außerhalb und ohne Priesterbegleitung begraben werden. Diese Praxis wurde erst vom II. Vatikanum in den 1960er Jahren abgeschafft.

Der Kirche ging es vornehmlich um die Wahrung ihrer Autorität, Wissenschaftler und sogar abweichende Theologen konnten durchaus gegen den Sinngehalt kirchlicher Verbote zuwiderhandeln, wenn sie nur nicht die kirchliche Autorität herausforderten. Radikale Ideen und häretische Lehren konnten etwa in Dialogen durchaus diskutiert werden, solange der Autor nur nicht ausdrücklich Position für sie bezog. Es ist und bleibt ein Mythos, dass die Kirche per se wissenschaftsfeindlich gewesen sei, tatsächlich gehörte sie zu den größten Förderinnen der Wissenschaft.
Das ist kein Mythos, denn im Bestreben ihre Autorität zu wahren, behinderte sie Wissenschaften. Das sagst du oben selbst.

Der Index der verbotenen Bücher und die Inquisitionsprozesse gegen Wissenschaftler, in denen diese ihren Thesen abschwören mussten, um nicht auf dem Scheiterhaufen zu landen, legen Zeugnis davon ab.

Man ist diesem Forum geneigt, den Index als wenig wirksam zu betrachten, aber damals konnten selbst Drucker/Verleger um einen Kopf kürzer gemacht werden, wenn sie ein verbotenes Buch druckten. Das erzeugte Angst und förderte Duckmäusertum, dem heutigen Regime Putins nicht unähnlich.

Es sollte eben nur eine systemtreue Wissenschaft sein.
Eine systemtreue Wissenschaft ist nicht frei - ich habe schon oben geschrieben: Die Universität von Padua konnte im 16. Jahrhundert zum Ruhm gelangen, weil sie frei von religiösen Fesseln war.

Wenn es doch ein Sezierverbot gab-außer in Alexandria- und wenn es zu Galens Zeiten auch fort nicht mehr bestand, dann bestand es doch schon in der Antike. In heidnischer Zeit.
Es gab kein Verbot des Sezierens in der heidnischen Zeit – nur die herrschende Meinung war: Man brauche das nicht. Davon habe ich bereits in dem Beitrag geschrieben, denn du auch zitiert hast.

Tertullian starb 220. Vielleicht kann man Tertullian so ein kleines bisschen Skepsis gegen römische Spektakel verstehen-
Nur ein bisschen Skepsis? Du beliebst zu scherzen. Tertullian lehnt Schauspiel grundlegend ab – u.a. weil, Zitat: „Der Christ widersagt den Schauspielen eigentlich schon im Taufgelübde.“

Mein erster Gedanke war: Spricht das jetzt für oder gegen den Autor? :D
Das spricht eher gegen den Autor.

Da kam durchaus nicht nur die Autorität der Bibel ins Spiel, die gleiche Denkweise dominierte in vielen Kulturen und Religionen. Entschuldige, aber hier schwingst Du einfach wieder den anti-klerikalen Vorschlaghammer.
Klar dachten andere ähnlich, aber in China z.B. ging die Medizin trotzdem in eine völlig andere Richtung als in Europa. Und was in Europa geschah, war also spezifisch europäisch/christlich, geschaffen auf griechisch-jüdischer Basis: Das Alte Testament, das jüdisch ist, und die griechischen Denker, bestimmten das (geistige) Leben in Europa.

Dieses Dilemma besteht bis heute und wird heute noch ähnlich gelöst. Noch vor fünfzig Jahren lehrten Universitäten weltweit, ganz ohne religiöse Einflüsse, dass Fische keinen Schmerz empfinden könnten. Dafür gab es keinen plausiblen Grund, abgesehen davon, dass man bei Fischen die Schmerzrezeptoren noch nicht gefunden hatte (wohl aber ihr Vorhandensein im Wege der Analogie vermuten konnte).
Ja, die Geschichte der Wissenschaften könnte man auch als eine Geschichte der Irrtümer beschreiben. Trotzdem ging und geht es immer weiter, weil man sich durch die Aussagen der Bibel und der alten Griechen nicht mehr habe aufhalten lassen.

Dass die anfangs florierende Wissenschaft in islamischen Ländern nach ein paar Jahrhunderten quasi zum Stillstand kam und sich davon bis heute nicht wieder erholte, ist die Schuld der Strengreligiösen, die damals die Führung übernahmen. Deren Devise ist: Widerspricht ein Text dem Koran, dann ist er gotteslästerlich und daher zu verbieten. Stimmt aber mit den Koran überein, dann ist er entbehrlich, denn was er sagt, steht schon im Koran.

Prinzipiell könnte der Mensch seinen Umgang mit den Tieren dadurch rechtfertigen, dass er selbst ein Tier ist. Ein Bär geht mit dem Lachs auch nicht schonender um, im Gegenteil. Aber dazu müsste der historische Mensch erst einmal auf die Idee gekommen sein, dass er ebenfalls ein Tier war. Und dass er es nicht tat, ist beileibe nicht das Werk der Bibel, die dürfte ihm allenfalls gesagt haben, was er ohnehin für offensichtlich hielt.
Nein, du selbst hast gesagt, dass damals diejenigen (z.B. Galen), die Tiere obduzieren konnten, weil das erlaubt war, schon die Ähnlichkeiten zwischen Schweinen und Menschen gesehen haben, aber dies nicht in Bezug auf Menschen verwenden konnten, weil das aus religiösen Gründen nicht sein durfte.

Dass es da so etwas wie ein Verbot seitens der Kirche gab, zeigt auch dieses Zitat (habe ich schon oben aus dem Artikel der Süddeutschen zitiert):

Ein junger Mann wühlt im Gedärm eines Leichnams herum, der Meister sitzt dabei und verweist auf das Lehrbuch: Dieses Bild schmückt die 1316 vollendete „Anathomia corporis humani“ von Mondino dei Luzzi. Das Werk gilt als erstes modernes Anatomie-Buch. Medizingeschichte hatte Mondino jedoch bereits im Jahr zuvor geschrieben: Da hatte er an der Universität von Bologna mit Erlaubnis der Kirche erstmals öffentlich eine Leiche seziert.

Die Kirche hat also die Macht gehabt, eine Sektion zu erlauben oder nicht zu erlauben.

Da haben aber auch die Universitäten in Edinburgh und Glasgow beide Augen fest zugedrückt. Die Kirchen hingegen haben Friedhofswärter angestellt, welche insbesondere frische Gräber bewachen sollten.
Das war aber erst nachdem die Obduktionen so etwas wie öffentliche Schau-Ereignisse geworden waren. Diese wurden nicht nur von Studenten besucht, die übrigens weiter hinter Platz nehmen mussten, denn die vorderen Plätze wurden für Honoratioren der Stadt und sonstigen wichtigen Personen reserviert. Da spielte auch die Schaulust auf die tabuisierte Nacktheit, Sex und Tod eine Rolle.

Es war wie immer, wenn etwas lange tabuisiert war: Es gibt bei der Freigabe erstmal einen Run – wie der von Ostdeutschen nach der Wende auf Sex-Shops. :D

Letztlich stellte sich auch der Jäger und Sammler a priori über das Tier, das keine Kapazität hat, seine Opferbereitschaft zu verkünden. Im Gegenteil, Flucht und Gegenwehr sollten eigentlich auch dem Urmenschen klargemacht haben, dass das gejagte Tier keineswegs sein Leben opfern wollte. Unterbewusst mögen solche Riten auch nur der Beruhigung des Gewissens gedient haben.
Dazu passend – Zitat:

Ein alter Brauch ist der sog. “letzte Bissen”, d. h. dem erbeuteten Wild wird ein Zweig ins Maul gelegt. Diese Form der Aussöhnung mit dem getöteten Wildtier geht auf Riten von Jägern der Vorzeit und späterer Naturvölker zurück.
 
Da bin ich überfragt.

Eines jedoch sticht ins Auge: Die Begründung, warum Hexen verbrannt werden mussten, war auch: Es sollte nichts von ihnen übrigbleiben, um deren Auferstehung zu verhindern, dann dafür würde der ganze Leib gebraucht. Dieses Denken könnte die Kirche veranlasst haben, Obduktionen wie auch die Bestattung von Einzelteilen der Herrscher in verschiedenen Ort zu verbieten.

Was sie allerdings nicht daran hinderten, selbst Reliquienhandel zu betreiben, was dazu führte, dass ein Körper in alle Himmelsrichtungen verteilt wurde; manchmal in mehrfachen Ausführung. :D

Sorry, aber das ist nun wirklich Blödsinn!

Monotheistische Religionen funktionieren nach der Logik von Wile E. Coyote. Der Kojote stürzt mindestens fünfmal pro Cartoon in den Canyon, er wird in die Luft gesprengt, vom Zug überfahren, er knallt gegen Felswände, aber der Kojote geht niemals kaputt. Alle Zeichentrickgewalt kann ihn nur demütigen- aber nicht zerstören. Der Kojote geht nie kaputt.

Eine (christliche) Seele ist wie der Kojote. Sie geht und geht einfach nicht kaputt, Die Christen die als Komparsen bei Neros Schauspielen mitwirkten, die kamen ja nun auch ziemlich lädiert im Jenseits an, mindestens so lädiert wie ein Djihadist oder Ahmed der tote Terrorist.

Das steht aber einer Auferstehung nicht im Wege. Die machte man Häretikern oder Hexen aber nicht streitig- im Gegenteil- ein Delinquent, der nicht bekennt, der die Sakramente ablehnt, der fährt zur Hölle, und genau das war eine fürchterliche Blamage für die Justiz, für die Seelsorger.

Wenn es darum ging, denen die Auferstehung zu versemmeln, warum erhielt dann jeder Delinquent geistlichen Beistand?
Warum waren Geistliche so versessen darauf, Delinquenten zur Konversion zu bewegen?
Warum konkurrierten die regelrecht um das Seelenheil der Delinquenten.

Dem Delinquenten, dem Häretiker, der Hexe wollte man ja gerade die Auferstehung nicht versemmeln.
Ja, es war ja ein Argument von Inquisitoren dass alle Qualen durch Folter praktisch nichtig sei, verglichen mit den ewigen Qualen der Hölle. Genau denen wollten sie ja die Seelen entreißen. Das mag man für barbarisch halten- was es ja auch war.

Aber gerade die Auferstehung der Seele das wollte man Delinquenten ja gerade nicht streitig machen- es war offenkundig, dass das nun gerade nicht der Fall war, weshalb sonst das ganze Ritual mit dem armen Sünder. Da hätte man sich die Geistlichen auch sparen können. Ein Delinquent, der nicht bereute, der nicht bekannte, der die Sakramente zurückwies- das war eine Blamage für die Justiz, für die Geistlichkeit- und genau das versuchte man mit allen Mitteln zu verhindern.
 
Dnischen Zeit – nur die herrschende Meinung war: Man brauche das nicht. Davon habe ich bereits in dem Beitrag geschrieben, denn du auch zitiert hast.


Nur ein bisschen Skepsis? Du beliebst zu scherzen. Tertullian lehnt Schauspiel grundlegend ab – u.a. weil, Zitat: „Der Christ widersagt den Schauspielen eigentlich schon im Taufgelübde.“


Das spricht eher gegen den Autor.

Tertullian war kein verknöcherter Spießer, das war ein gebildeter Jurist, bewandert in der Literatur, und da ging es auch nicht darum, dass Christen nicht hätten ins Theater gehen dürfen oder sich keine Wagenrennen oder Gladiatorenkämpfe anzusehen.

Wagenrennen waren auch bei Christen sehr beliebt. Durchaus auch Gladiatorenkämpfe. Augustinus berichtet von einem jungen Christ Alypius, der durch Kommilitonen zum Besuch des Amphitheaters überredet wurde und gar nicht genug davon bekommen konnte.

Es haben sich vereinzelt Defections-Täfelchen gefunden. Das war eine Art Voodoo, mit dem man die Fahrer und Pferde der gegnerischen Parteien verfluchte. Darunter auch eines, das von einem christlich-jüdischen Fan stammen musste.
Wagenrennen hielten sich im Byzantinischen Reich bis ins Mittelalter.


Was sind überhaupt Spectacula bei den Römern, was ist denn darunter zu verstehen?

Das sind öffentliche Spiele, das sind Gladiatorenkämpfe (munera) , das sind Wagenrennen ludi circenses und das das sind Scaenae (Theateraufführungen) und da wurde auch nicht unbedingt Sophokles und Aristophanes aufgeführt, sondern mitunter sehr freizügige Körperkultur- Veranstaltungen.

Vor allem aber wurden bei solchen Spectacula Opferhandlungen vollzogen, und da kamen Christen eben in Gewissenskonflikt, und das und nichts anderes ist der Hintergrund, weshalb Tertullian Christen riet, alle solche Veranstaltungen zu meiden-
 
Ich würde an deiner Stelle vorsichtig mit solchen Urteilen sein, denn du missverstehst hier was: Es geht nicht um Auferstehung der Seele, sondern um Auferstehung des Fleisches – siehe Tertullian.

Das läuft so ziemlich auf das gleiche hinaus, Ich sage ja das ist wie bei Wile E. Coyote, der wird vom Zug überfahren, und in der nächsten Szene ist er sofort wieder in einem Stück. Dem fliegt eine Dynamitstange um die Ohren, der Pelz ist versengt, verbrannt, aber ihm wächst sofort ein Neuer,

Und so geht es auch dem Christ. Wenn den die Löwen sich durch die Zähne ziehen, dann muss er im Jenseits auch nicht in Tausend Scheibchen rumlaufen. Aber es ist sozusagen ein spiritueller Leib, der sich im Jenseits dann wieder zusammensetzt.
 
Das läuft so ziemlich auf das gleiche hinaus …
Nein, das läuft nicht auf das gleiche hinaus, denn die Seele ist nicht tot und muss daher auch nicht auferstehen. Es ist der Leib, der tot ist, und auferstehen und sich mit der Seele wieder vereinigen soll.
Jesus ist der erste Auferstandene, und wenn davon in der Bibel berichtet wird, dann wird gesagt: Das Grab war leer, d.h. sein Leib war nicht mehr da - weil auferstanden.

Heute habe ich noch ein bisschen weiter recherchiert und kann deshalb etwas ergänzen – Zitat:
... dass damals diejenigen (z.B. Galen), die Tiere obduzieren konnten, weil das erlaubt war, schon die Ähnlichkeiten zwischen Schweinen und Menschen gesehen haben, aber dies nicht in Bezug auf Menschen verwenden konnten, weil das aus religiösen Gründen nicht sein durfte.
Einer der Gründe dafür, dass die experimentell bewiesene Ähnlichkeit der Körper zwischen Schweinen und Menschen nicht verwendet werden durfte, ist diese Stelle in 1 Kor 15,39 des Apostel Paulus – Zitat:

"Nicht alles Fleisch ist das gleiche Fleisch, sondern ein anderes Fleisch haben die Menschen, ein anderes das Vieh, ein anderes die Vögel, ein anderes die Fische."

Wer hätte es im Mittelalter gewagt, dem Apostel zu widersprechen und sagen, etwa im Scorpio-Duktus, das läuft so ziemlich auf das gleiche hinaus?
 
Ich würde an deiner Stelle vorsichtig mit solchen Urteilen sein, denn du missverstehst hier was: Es geht nicht um Auferstehung der Seele, sondern um Auferstehung des Fleisches – siehe Tertullian.

Da lobe ich dich schon mal!

Es ist trotzdem widersinnig, wenn du schreibst, man habe Hexen und Häretiker verbrannt, weil so nichts von ihnen übrigbleibt, um so ihre Auferstehung zu verhindern.

carnis resurectione= die Auferstehung des Fleisches (katholisch) und die Auferstehung der Toten (und das ewige Leben wie es im Glaubensbekenntnis steht) ist semantisch das Gleiche.


Es ist aber, nach christlicher Lehre für die Auferstehung der Toten völlig belanglos, ob der Tote verbrannt, von Löwen gefressen, explodiert, in Säure aufgelöst oder ins Piranha-Becken geschubst wurde. Für die Auferstehung spielt es überhaupt keine Rolle, ob zuvor der Körper völlig zerstört wurde.

Wenn man das geglaubt hätte, dann hätten ja christliche Märtyrer die man verbrannt hat wie Polycarpus, oder die von wilden Tieren gefressen wurden wie Perpetua und Felicitas nicht auferstehen können.
 
Ich würde an deiner Stelle vorsichtig mit solchen Urteilen sein, denn du missverstehst hier was: Es geht nicht um Auferstehung der Seele, sondern um Auferstehung des Fleisches – siehe Tertullian.

Es gab doch sehr viele Märtyrer, deren Leib vollständig zerstört wurde, jedenfalls aus damaliger Sicht? Polykarp wurde beispielsweise verbrannt, andere den Tieren vorgeworfen oder angeblich gar als menschliche Fackeln missbraucht. Eustachius soll den Sizilianischen Bullen sogar körperlich unversehrt überstanden haben, was wohl als Zeichen der Auferstehtung gelten sollte.

Das haben die frühen Christen übrigens nicht erfunden: Im zweiten Makkabäerbuch werden sieben Brüder brutal gefoltert, und als einer von ihnen die Zunge verlieren soll, streckt er sie sofort heraus und bekennt seine Hoffnung, sie vom Himmel zurückzubekommen.

Gibt es denn irgendeinen Hinweis, dass mittelalterliche oder frühneuzeitliche Christen annahmen, durch die Verbrennung eines Menschen Gottes Gericht vorgreifen zu können?

Nachtrag: Ich sehe gerade, dass Scorpio bereits dasselbe geantwortet hat.
 
Zoologie, da hast du insofern recht, konnte ein Problem sein, wenn das in Forschung auch die Evolution des Menschen betrifft, weil das natürlich elementar an der Schöpfungserzählung rüttelt, was für die Kirchen einen Kernkonflit darstellen muss.
Nicht unbedingt.
Geringer ist der "Kernkonflikt" für jene, die weniger einer wörtlichen Auslegung der Bibel zuneigen und zudem ein Deutungsmonopol (statt einer Demokratisierung nach jedermanns Verständnis) beanspruchen:
"Heute, beinahe ein halbes Jahrhundert nach dem Erscheinen der Enzyklika, geben neue Erkenntnisse dazu Anlaß, in der Evolutionstheorie mehr als eine Hypothese zu sehen. Es ist in der Tat bemerkenswert, daß diese Theorie nach einer Reihe von Entdeckungen in unterschiedlichen Wissensgebieten immer mehr von der Forschung akzeptiert wurde. Ein solches unbeabsichtigtes und nicht gesteuertes Übereinstimmen von Forschungsergebnissen stellt schon an sich ein bedeutsames Argument zugunsten dieser Theorien dar."
Johannes Paul II 1996 Johannes Paul II.: Christliches Menschenbild und moderne Evolutionstheorien
Ich hab auch nie einen Widerspruch zur Schöpfungsgeschichte verstanden, der ja bei den Evangelikalen der USA tatsächlich einen Kernkonflikt bildet und Gegenstand eines bizarren Kulturkampfes ist.

Denn wenn es dem Allmächtigen einfiele seiner Schöpfung die Kraft der Evolution einzuhauchen, wer wäre ich gläubiger und demütiger Mensch im Angesicht Gottes, ihm zu sagen: So aber nicht! ?.
Das mag dem Papst einleuchten, doch nicht jedem Christenmenschen scheint dies plausibel.
Insbesondere jenen nicht, die auf wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift bestehen, wie es populär bei den Protestanten.

Ein anderer Gedanke:
Gibt es etwas Abstrakteres als Gott?
Ist Religion eine Schule die durchlaufen werden musste um wissenschaftliches Denken hervorzubringen?
 
Ob das Sezieren von Leichen explizit verboten war, oder ob es ein stillschweigendes Übereinkommen in der Ärzteschaft gab, das vermag ich nicht zu entscheiden.
Es gab kein Sektionsverbot. Das hatten wir schon öfters.

Da bin ich überfragt.

Eines jedoch sticht ins Auge: Die Begründung, warum Hexen verbrannt werden mussten, war auch: Es sollte nichts von ihnen übrigbleiben, um deren Auferstehung zu verhindern, dann dafür würde der ganze Leib gebraucht.

Das ist haarsträubender Blödsinn, auch dieses Thema hatten wir auch schon öfters. Liest Du denn überhaupt nichts von den Diskussionsbeiträgen zu diesem Thema?
Z. B.: Diskussion um das Vorurteil "dunkles Mittelalter"


Ich würde an deiner Stelle vorsichtig mit solchen Urteilen sein, denn du missverstehst hier was: Es geht nicht um Auferstehung der Seele, sondern um Auferstehung des Fleisches – siehe Tertullian.

Da verlinkst Du mal wieder einen Text, den Du - wie könnte es anders sein? - nicht gelesen hast.
Laut Tertullian findet die Auferstehung des Fleisches statt, egal ob der Leichnam verbrannt wurde, von Tieren gefressen, oder was auch immer:

Auch das Fleisch hat während der Zeit seine Verstecke: im Wasser, im Feuer, in den Vögeln, in den wilden Tieren. Wenn es in diese aufgelöst scheint, so ist es gleichsam nur in andere Gefässe übergeleitet. Fehlen ihm sogar die Gefässe und fliesst es auch aus diesen in seine mütterliche Erde aus, dann macht es gleichsam einen Kreislauf durch, so dass aus ihr wieder ein Adam hergestellt wird, der vom Herrn die Worte hören soll: "Siehe, Adam ist wie einer aus uns geworden.
 
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