Ich hab versucht, das, was ich über die Schlacht von Marathon weiss, zu einem möglichen Ablauf der Ereignisse zusammen zu fassen. Außer Wikipedia zur Auffrischung der Erinnerung hab ich mich dabei auf mein Gedächtnis verlassen (also was ich so darüber gelesen habe, dabei war ich nicht... ), aber die entscheidenden Teile dürften von Delbrück stammen.
Gibt es Lücken? Andere Deutungen? Widersprüche zu sonstigen Quellen (neben Herodot)? Kritik ist erwünscht!
Die Perser landen bei Marathon, begleitet von Ex-Tyrann Hippias, in der Hoffnung, dort von seinen Anhängern unterstützt zu werden.
Die Athener entscheiden sich zur offenen Feldschlacht; ua weil bei einer Belagerung die Gefahr besteht, dass pers. Sympathisanten in der Stadt diesen helfen, evtl die Tore öffnen oä.
Plataiai schließt sich Athen an und schickt Truppen. Ein Hilfeersuchen an Sparta wird positiv beschieden, aber die Spartaner müssen erst ein Fest zu Ende feiern, und dann nach Attika marschieren => Es wird dauern, aber die Zeit spielt damit für die Athener, da die Perser Erfolge brauchen, bevor die Spartaner eintreffen
Das Hoplitenheer Athens und Plataiais zieht nach Marathon und bezieht Position, um sowohl den direkten Weg über die Berge nach Athen zu versperren, als auch die Küstenstraße zu bedrohen, die in einem Bogen ebenfalls nach Athen führt. Die Perser müssen also erst die Griechen vertreiben oder besiegen, um nicht im Marsch von diesen angegriffen zu werden.
Die Perser sind an „Kerntruppen“, echten Kombattanten, zahlmäßig nicht oder kaum überlegen. Daher besteht nicht die Möglichkeit, dass Heer zu teilen, und mit einer Häfte nach Athen vorzustoßen, während der Rest das griechische Heer beschäftigt.
Bei den Persern sind dies überwiegend Bogenschützen mit leichter Rüstung und Schilden, evtl kurzen Speeren, die meisten zu Fuß, ein paar hundert (max) beritten. Die Perser verfügen über eine große Zahl Ruderer & Seeleute, die an Land aber keinen oder nur einen geringen Kampfwert besitzen (mangelnde Ausrüstung und Ausbildung; Herkunft meist aus den Städten, die die Schiffe stellen, also Griechen und Phönizier).
Bei den Griechen sind die Kerntruppen Hopliten. Daneben werden sie von etwa ebenso vielen Helfern begleitet, die in der Schlacht teilweise als Leichtbewaffnete eingesetzt werden können, die Speere oder Schleudern einsetzen, oder notfalls Steine werfen; kein großer Kampfwert.
Die Perser schlagen ein Lager an der Küste auf, befestigen dies in den ersten Tagen notdürftig, und schicken die Reiterei oder Teile davon aus, um Vorräte zu aquirieren. Die Hoffnung, dass sich ihnen pers. Sympathisanten unter den Athenern anschließen, erfüllt sich kaum bis gar nicht.
Die Griechen lagern in einem Tal in einem Olivenhain nahe einem Herakles-Heiligtum. Dieses Tal öffnet sich zur Ebene von Marathon hin, die Küstenstraße verläuft nicht weit davon entfernt, der direkte Weg nach Athen durch das Tal hindurch. Sie verengen in den ersten Tagen den Taleingang durch Hindernisse (va gegen die Reiterei), um es mit der Phalanx ganz absperren zu können. Gleichzeitig besetzen sie die flankierenden Hügel mit leichtbewaffneten Spähern, um reagieren zu können, wenn die Perser ein Umgehungsmanöver starten. Evtl erweitern sie die Hindernisse in die Ebene hinein, um auch bei einem Angriff aus dem Tal heraus zumindest auf der ersten Wegstrecke Flankendeckung zu haben.
Die ersten Tage nach der Landung geschieht nicht viel. Die Athener befestigen ihre Stellung, reagieren evtl auf Manöver der Perser, und warten auf die Spartaner. Die Perser erwarten ebenfalls noch Verstärkung (Anhänger des Hippias), plündern mit ihrer Reiterei evtl die Höfe der Umgebung, demonstrieren vielleicht ihre Macht, indem sie vor der griechischen Stellung aufmarschieren, und hoffen vermutlich, dass die Athener es sich anders überlegen und abziehen.
Dann entschließen sich die Perser zum Angriff, ehe die Spartaner eintreffen und sich die Lage zu ihren Ungunsten verändert. Sie marschieren mit ihren Bogenschützen, die Reiterei auf die Flanken verteilt, über die Ebene auf die griechische Stellung zu. Ihr Ziel ist es, die Athener im Taleingang fest zu nageln und solange mit Pfeilen zu überschütten, bis die keine Lust mehr haben. Sollten die Griechen angreifen, sollen die Reiter ihnen in die Flanke fallen.
Die Griechen haben diesen Zug erwartet. Sie planen tatsächlich, die Perser anzugreifen, sobald diese in Pfeilschuss-Reichweite sind und der Beschuss beginnt. Um einem Flankenangriff der Reiterei nicht völlig wehrlos ausgesetzt zu sein verstärken sie ihre Flügel auf Kosten des Zentrums, das nur noch wenige Reihen tief ist.
Sobald die erste Salve der Perser in der Luft ist, beginnen die Athener & Plataier ihren Angriff. Im langsamen Laufschritt trotten sie über die Ebene, um die 100 bis 150 Meter zu den Persern möglichst schnell zu überwinden.
Der Flankenangriff der pers. Reiter bleibt erfolgslos. Ich gehe davon aus, dass diese von vorne herein nicht besonders zahlreich waren, und sie evtl durch die Bodenverhältnisse oder griechische Verhaue an der Entfaltung gehindert wurden. Sie konnten den Griechen durch Beschuss keine genügend großen Verluste beibringen, um diese zu stoppen, waren zu wenige und zu schlecht für den Nahkampf ausgerüstet, um einen Charge wagen zu können, und hatten die verstärkten Flanken der Griechen vor sich. Sie spielen in der weiteren Schlacht keine Rolle mehr, und werden deswegen von Herodot nicht weiter erwähnt.
Der Beschuss der griechischen Front durch die Perser zu Fuß reicht aus, dass ausgedünnte Zentrum zum stehen zu bringen. Hier zerreisst die Phalanx, der Angriff scheitert. Den verstärkten Flanken aber gelingt es, nachdem die Reiter abgeschlagen sind, bis zur pers. Hauptarmee zu gelangen, und da die Perser den Hopliten im Nahkampf nicht gewachsen sind werden beide pers. Flanken verlustreich in die Flucht geschlagen.
Dann wenden sich die Flanken nach innen, um das bisher siegreiche pers. Zentrum anzugreifen. Die Perser beginnen auch hier schon, sich zurück zu ziehen, da sie von beiden Seiten bedroht keine Chance haben. Die Griechen stoßen nach, und aus dem pers. Rückzug wird auch hier eine wilde Flucht. Einige Perser fliehen in die Marschen im Nordosten (linke Flanke der Griechen), andere zu ihrem Lager und zu den Schiffen (rechte Flanke). Dort kommt es zum Kampf (der attische Polemarch fällt hier), und die Griechen geben es bald auf, der Masse der Perser hier weiter zuzusetzen. So kann sich die pers. Flotte mit dem Großteil der Besatzungen und einem Teil des geschlagenen Heeres auf See retten. Schwere Verluste hat vor allem das pers. Feldheer erlitten.
Soweit meine Vorstellung, wie es sich abgespielt haben kann. Aus ein Wikipedia ein paar Fragen, die bei Herodot offen bleiben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Marathon#Herodot
Was war während der Schlacht mit der Reiterei?
siehe dort
Wie konnten sich die Perser so schnell wieder einschiffen? Wieso machten die Athener so wenig Beute (nur 7 Schiffe)?
Neben dem Feldheer, dass sich zumindest teilweise Richtung Lager/Schiffe zurück zieht, sind hier tausende Ruderer und Seeleute der Flotte. Diese mögen keinen großen militärischen Wert gehabt haben, aber eine solche Masse anzugreifen, die nirgends hin ausweichen oder fliehen kann, ist ein Vabanquespiel. Nachdem die Griechen hier ihren Polemarchen verlieren, stellen sie den Angriff ein, um weitere eigene Verluste zu verhindern. Erst als der Großteil der Flotte schon auf See war greifn sie noch einmal an und erbeuteten sieben Schiffe. Hätten die Griechen, wie die Perser, zahlreiche Bogenschützen gehabt, wäre das für die Perser verheerend gewesen, da die Griechen sie dann die ganze Zeit über hätten beschießen können, aber die hatten sie halt nicht.
Dazu kommt, dass Herodot an manchen Stellen seines Berichtes eindeutig Falsches wiedergibt. Das bekannteste Beispiel ist der 8-Stadien-Lauf (ca. 1,5 km), den die athenischen und Plataier
Hopliten in schnellem Lauf zurückgelegt haben sollen.
Delbrücks Deutung: Die acht Stadien sind die Entfernung zwischen Taleingang und dem Grabhügel mitten in der Ebene, wo der letzte Zusammenstoß zwischen Griechen und pers. Zentrum statt fand.