Saint-Just schrieb:
Bin mir nicht sicher, aber war die Sowjetunion damals wirklich in allen Kriegskonventionen? Weiß jemand genaueres?
Nach der Revolution wurden alle Verträge, auch die beiden großen Konventionen, unter denen die Unterschrift des Zaren stand, für nichtig erklärt. Die Sowjetunion ist somit
nicht Unterzeichner der Verträge einer geregelten Kriegsführung gewesen.
Allerdings, und das sollte man beachten, ist es irrelevant, ob ein Staat sich verpflichtet hat gewisse Regeln zu achten oder nicht. Wie man am verhalten gegenüber den Taliban, dem Irak, Japan, Korea, Vietnam oder anderen Staaten und Organisationen sieht, wird dies einfach vorausgesetzt.
Ursi: Es steht außer Frage, dass es verständlich bleibt, wenn geschundene und getroffene Menschen "zurücktreten".
Trotzdem bleiben es kriegsverbrechen, wenn Gefangene Soldaten, seien dies Russen in deutscher Gefangenschaft oder Deutsche in russischer Gefangenschaft totgeprügelt werden.
Es ist inakzeptabel, wenn Mitglieder einer Truppengattung, wie der Waffen-SS an Ort und Stelle ihrer Gefangennahme ermordet werden (und dabei geht es so gut wie nie um Erschießung, eher um verbrennen).
Deutsche Offiziere und Soldaten sind zu recht für derartige Verbrechen verurteilt worden, viele sind sogar viel zu gut wegekommen. Warum sollten wir jetzt aber den moralischen Gedanken vorneweg schieben? Es gibt eine Menge Soldaten, die noch gar nicht mündig waren, als Hitler an die Macht kam, die nie gefragt worden sind, ob sie den Krieg wollen. Viele wurden erst gezogen, als dieses Elend schon längst lief. Die haben nur gesehn, was an der Front und daheim ablief. Die wußten teilweise nicht, wer damit angefangen hatte. Ist es deshalb entschuldbar, wenn diese Geiseln erschossen oder Gefangene verhungern ließen? Ich denke nicht.
Ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen, ein Kriegsverbrechen bleibt ein Kriegsverbrechen. Stellen wir dies in Frage, zeigen wir eine Doppelmoral, einen Ausweg aus der Schuldigkeit, ein Schlupfloch für Vergewaltiger, Leichenschänder, Mörder, Kinderschänder, Sadisten...
Andernfalls müßten wir auch fragen: Gegen wen kämpfen wir denn gerade?
Und dann kommen Antworten wie: Ah, die Amerikaner, haben die nicht am Wounded Knee einen ganzen Stamm ausgelöscht und die Leichen verscharrt?
Erstens ist mir nicht bekannt, dass die Bombardierung von Städten mit großem strategischen Wert und reichen Ressourcen an Produktionsmitteln und Menschen ein Kriegsverbrechen sein soll; und zweitens hatten die Deutschen das ja wohl mehr als verdient:
Die Bombardierung von Coventry, bei der ein Großteil dieser Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde, ist heute noch als ein Verbrechen verurteilt. Ebenso spürt man in Berichten sehr oft den Zorn über die Bombardierung von London, Amsterdam sollte man lieber gar nicht erwähnen. In allen Fällen könnte man nach deiner Argumentation von Produktionsmitteln und Menschen von einer Berechtigung sprechen... Diese Ansicht ist nicht nur eiskalt sondern auch falsch, genauso wie dein Satz um den "Verdienst". Ein gerade geborener Säugling hat es kaum verdient, dass der Kreissaal über ihm zusammenstürzt.
Das kleine Mädchen auf dem Dorf hat es nicht verdient, von einem Tiefflieger umgemäht zu werden, weil es auf dem Weg zum melken war. Und dies gilt in allen beteiligten Staaten.
Die offizielle Begründung für den Luftkrieg lautet: Brechen der Kriegsbereitschaft in der Bevölkerung.
4 Jahre lang wurde in England und Deutschland eine Stadt nach der anderen in Schutt und Asche gelegt. Ein Damm nach dem anderen gesprengt (vor allem in Holland kostete das viele Zivilisten das Leben). Und nirgendwo half dies den Krieg zu verkürzen.
Selbst die A Bomben waren unnötig und ein reiner, nie dagewesener Massenmord. Japan hatte schon längst Friedensbestrebungen verzeichnet, aber es ging noch nicht nach dem Willen der Alliierten, nach "Bedingungsloser Kapitulation". Sicher, letztlich gab es dadurch Frieden. Aber hätten sie sich immer noch geweigert keine Bedingungen zu stellen, hätte man dann weitere Städte und Millionen getötet?
Aber ich schweife ab.
Stalin ist und bleibt Kriegsverbrecher. Er und sein Staat sind, wenn man es genauso betrachtet, in einer Sache minder Täter, als Deutschland. Sie haben keinen industriellen Massenmord durchgeführt.
Aber: auch sie haben ihre Nachbarn ohne Grund und Berechtgung attackiert und besetzt, auch bei ihnen gab es Deportationen und "Lagerhaltung", ein großes sterben gewisser Volksgruppen und Widerständlern. Der Stalinismus ist nicht umsonst zu einem der Schrecken geworden, und dies nicht nur in den Ohren des eigenen Volkes.
Die Menschen flüchteten vor den anrückenden Armeen der Sowjetunion millionenfach. Und wer dablieb erlitt nicht selten ein grausiges Schicksal.
Eine Frau durch eine Kompanie zu Tode zu vergewaltigen kann und werde ich niemals als nachvollziehbar oder entschuldbar stehen lassen. Dies ist ein Verbrechen, und par Definition ein Kriegsverbrechen.