Allgemein wird angenommen, dass die Streitwagen des mykenischen Adels vor allem aus Prestigegründen gebaut wurden.
Wenn man der - freilich Jahrhunderte später entstandenen - Darstellung in der Ilias folgt, waren sie dafür auch gar nicht gedacht, sondern nur als fahrbarer Untersatz, um den Adligen auf und über das Schlachtfeld zu transportieren, sowie als Fluchtwagen, falls die Schlacht nicht gut lief.
Ich lese allgemein, dass der Streitwagen in
mykenischer Zeit als Kriegswaffe eingesetzt wurde, nicht nur als Transportmittel.
Erst später, in
archaischer Zeit dienten sie „vor allem als Prestigeobjekt“:
„Ein weiteres Element, das als mykenisch angesehen wird, sind die Streitwagen und ihr Einsatz in der Schlacht (…) Während in mykenischer Zeit mit Steitwagen gekämpft wurde, dienten sie in archaischer Zeit vor allem als Prestigeobjekt und wurden bei Wagenrennen oder Begräbnissen genutzt.“
Medien der Geschichte – Antikes Griechenland und Rom
„Daß der Kampfwagen in jener Epoche in der Tat eine bedeutsame Rolle als Kriegswaffe spielte, steht auf Grund der knossischen und pylischen Linear-B-Kampfwagenverzeichnisse, in denen bis zu 400 Wagen aufgezählt und beschrieben werden, außer Zweifel.“
(Joachim Latacz, Kampfparänese, Kampfdarstellung und Kampfwirklichkeit in der Ilias, bei Kallinos und Tyrtaios, München 1977, S. 216f.)
Auch in der Ilias finden sich Stellen, wo vom Streitwagen aus gekämpft wird. Im achten Gesang schildert Homer sogar zwei gegnerische Streitwagen in voller Fahrt. Diomedes' Wagen wird von Nestor gelenkt, Hektors Wagen von Eniopeus. Diomedes schleudert den Speer, verfehlt aber Hektor und trifft stattdessen den Wagenlenker.
115 Jene dann traten zugleich in das rasche Geschirr Diomedes'.
Nestor fasst' in die Hände die purpurschimmernden Zügel,
Schwang dann die Geißel zum Lauf; und bald erreichten sie Hektor.
Ihm, wie er grad' andrang, entsandte den Speer Diomedes;
Und er verfehlt' ihn zwar; doch dem wagenlenkenden Diener,
120 Jenem Eniopeus, dem Sohn des erhabnen Thebaios,
Als er hielt das Gezäum, durchschoss er die Brust an der Warze;
Und er entsank dem Geschirr, und zurück ihm zuckten die Rosse,
Fliegendes Laufs; ihm aber erlosch der Geist und die Stärke.
Hektors Seele durchdrang der bittere Schmerz um den Lenker;
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