Der Hass gegen die Juden existierte schon lange bevor es die NSDAP gab, die NSDAP konnte darauf einfach aufbauen und den Hass, den leider ohnehin schon viele Menschen damals hegten, noch weiter schüren.
Die NSDAP wusste genau, wie sie ihre Hetzreden gestalten musste, um die Menschen noch hasserfüllter und ängstlicher und fanatischer zu machen.
Dass viele Menschen damals ernsthaft glaubten, es drohe die Gefahr einer jüdischen Weltherrschaft, das erscheint heute einfach nur absurd und unvorstellbar, allerdings wird in der heutigen Zeit von Nazis mit Warnungen vor einer "Islamisierung" die gleiche Angst, nur gegen eine andere Religion geschürt.
Die Wurzeln für den von der NSDAP weiter geschürten Judenhass liegen leider sehr tief, der war bei Teilen der Bevölkerung wohl schon lange vorhanden gewesen.
Ein Historiker, der die Dinge vom Ende her betrachtet, der wird natürlich Traditionslinien entdecken, und der wird auch zum Schluss kommen, dass es kein Zufall war, dass der Holocaust in Deutschland stattfand.
Anhänger des historischen Materialismus werden vielleicht sogar einen "Nationalcharakter" der Deutschen annehmen, und es wurden ja auch vereinzelt Thesen geäußert, als sei die ganze deutsche Geschichte nur die Vorgeschichte des NS, als sei die ganze Geschichte ein Katarakt, der in Auschwitz endete und enden musste.
Ein Europäer, vielleicht ein Jude, den man im Jahre 1900 oder 1905 gefragt hätte, in welchem europäischen Staat sich Pogrome, Judenmorde, eine Bartholomäusnacht von noch nie gekannten Ausmaßen, sich ereignen könnte, der hätte wohl auf Deutschland nicht getippt, dem wäre da etwas anderes in den Sinn gekommen. Der hätte sofort an Russland gedacht: Pogrome in Odessa, in Bialystok. In der damals polnischen Ukraine kam es im 17. Jahrhundert zu einem Kosakenaufstand und zu nie gekannten Pogromen, von denen vorsichtige Schätzungen von mehr als 100.000 Menschen- eine grauenhafte Zahl, mehr, als in ganz Europa in gut 500 Jahren dem Hexenwahn zum Opfer fielen. Der hätte einen besorgten Blick nach Frankreich geworfen, wo im Zuge der Dreyfus-Affäre der Antisemitismus ein ganzes Land spaltete. Der hätte an Länder wie Serbien, Bulgarien und Rumänien gedacht, der hätte einen besorgten Blick auf die Donaumonarchie geworfen, und wenn er in Deutschland lebte, hätte er auch dort genug Grund zur Sorge finden können. Der sogenannte Bäderantisemitismus (dank an
@dekumatland, der in einer anderen Diskussion darauf verwies), der hätte im Offizierskorps reichlich Antisemiten getroffen, aber der hätte sich in Deutschland und GB, in Belgien, den Niederlanden und Skandinavien wohl am sichersten gefühlt, und der hätte deutschen Antisemiten nicht zugetraut, dass sie mal Juden wie nach dem Telefonbuch umbringen würden. Es gab durchaus geistreiche, witzige Antisemiten. Heinrich Heine, der ja in vielem sehr hellsichtig war. Der den Deutschen einen Weltenbrand zutraute, aber er konnte zu seiner Zeit noch wahrheitsgemäß sagen, dass in deutschen Gefängnissen wenigstens noch keiner verhungerte.
Natürlich gab es in Deutschland Antisemitismus wie in ganz Europa, er war aber in Westeuropa schwächer ausgeprägt, als in Osteuropa, wo allerdings auch weit größere Zahlen an orthodoxen Juden. Seit 1871 hatten Juden in Deutschland volle Bürgerrechte, und seit ihnen die Universitäten offenstanden, gab es in den freien Berufen viele Juden, und Juden hatten seit mehr als 500 Jahren in Deutschland gelebt, die Aufklärung, die Haskala wurde auch von den Juden getragen, die Aufklärung wurde auch zur bis dahin größten Belastung für die mosaische Religion. Die deutschen Juden waren in der Regel große Patrioten, selbst Lästermäuler wie Heinrich Heine, der aus Deutschland ins Exil vertrieben wurde, bekannte ja seine Liebe zu Deutschland, vor allem zur deutschen Sprache. Die deutsche Sprache war ein gemeinsames Medium nicht nur der deutschen Juden. Warum schrieb ein Tscheche wie Kafka oder ein Galizier wie Joseph Roth in deutscher Sprache.
Viele Juden haben im 1. Weltkrieg für Deutschland gekämpft, viele konnte es bis zuletzt nicht glauben.
Die NSDAP war eine radikale Partei, und sie betonte Gewaltbereitschaft, aber um bürgerliche Wähler zu gewinnen, da war eine solche Taktik mitunter nicht erfolgversprechend. Die NSDAP schaffte es, so etwas wie eine Volkspartei zu werden. Das waren nur wenige. Das Zentrum vereinigte eine erstaunlich breit gefächerte Wählerschaft, die Angehörige sehr unterschiedlicher sozialer Schichten vereinte. Da war das verbindende Element eben die Konfession, das Zentrum war die Partei des politischen Katholizismus, in protestantischen Milieus aber völlig bedeutungslos.
Die Sozialdemokraten und das Zentrum, in Bayern die Bayrische Volkspartei waren eigentlich die einzigen Parteien, die Volksparteien waren, die meisten anderen Parteien waren Vertreter von Partikularinteressen. Die Liberalen verloren während der Weltwirtschaftskrise stark, das Zentrum war eine Katholikenpartei.
Das mag vielleicht furchtbar klingen, aber in vielem war die NSDAP anderen voraus:
- sie war eine Volkspartei, und sie hatte sehr spendable bürgerliche Unterstützer. Von Fritz Thyssen, über Krupp und andere Spender hatte die NSDAP eine sehr gut gefüllte Parteikasse und Wahlkampfkasse.
- dass sie über eine sehr schlagkräftige paramilitärische Organisation verfügte.
-dass sie einen sozial breit gefächerte Wählerklientel hatte.
-Dass sie über eine besonders treue Stammwählerschaft verfügte.
-dass sie in Themen schwer festzulegen war, dass sie von allem etwas bot.
Schließlich spielte auch eine Rolle, dass Hitler mit Sicherheit den professionellsten, modernsten Wahlkampf machte. Der hatte ein Flugzeug gestartet,
Das sind alles Faktoren, wodurch die NSDAP und Hitler an Profil und Attraktivität gewannen. Nur mit niederen Instinkten wie Hass kann man keinen Wahlkampf machen.
Nach dem Putschversuch 1923 hatte Hitler von 1930-38 fast nur Erfolge zu verzeichnen. 1929 noch eine Splitterpartei hatte er 1930 die Wahlerfolge bei den Reichstagswahlen verachtfacht, 1932 noch mal verdoppelt. Er hatte den modernsten Wahlkampf geführt. Von Januar 1933 bis Juli hatte er alle Parteien aufgelöst, war Reichskanzler, 1934 auch Reichspräsident und hatte totale Macht erreicht. Er war nun auch Oberbefehlshaber der Armee. 1935 Einführung der allgemeinen Wehrpflicht unter Bruch des Vertrags von Versailles und - nichts passiert!
1936 Remilitarisierung des Rheinlands, Bruch des Vertrags von Locarno- wieder nichts passiert! März 1938 Anschluss Österreichs- und wieder nichts passiert! September 1938 er annektiert das Sudetenland, diesmal mit dem Segen von GB und F. die im Münchner Abkommen Hitler die Hegemonie in Europa absegnen mit der Bedingung das dann mal Schluss sein müsste, Das alles ohne Widerstand, ohne Krieg erreicht. Wenn man die Lage Deutschlands 1918 und 1938 vergleicht so konnte der Kontrast nicht größer sein. Solche Erfolge, die machten Eindruck, und solange man selbst nicht von Maßnahmen des Regimes betroffen war, gab es eben auch Leute, die der Ansicht waren, dass KZs ein vergleichsweise geringer Preis dafür war. In den wilden KZs der SA und dann unter Leitung der SS haben sich unglaubliche, bestialische Grausamkeiten ereignet. Es waren das aber noch keine Mordfabriken, und es kam tatsächlich vor, dass Gefangene nach Wochen oder auch Monaten wieder entlassen wurden.