W ... wie Wellengang, Waterkant - Wangerooge

dekumatland

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Militärische Geschichte Wangerooges – Wikipedia zeigt den Ausbau der Insel Wangerooge als Teil des Atlantikwalls im Zweiten Weltkrieg. Diese Übersicht ist zum Vergleich der WW1-Festung Wangerooge (1908-18) interessant, wie sich noch zeigen wird.

Besucht man heute Wangerooge, so findet man auf der Insel auffallend viele wassergefüllte Krater: sie stammen vom Luftangriff auf Wangerooge am 25. April 1945 – Wikipedia Ansonsten findet man im Ort das zentrale Cafe Pudding (auf einem ehemaligen Bunker), den http://teestube-wangerooge.de/daten/Bunker.pdf sowie etwas seitab noch zwei versteckte Kleinbunker. In den Dünen westlich des Orts dann ein paar große Sprengtrümmer der Batterie Jade-Ost. Dann hat man die vorhandenen unbeseitigten Relikte der Atlantikwall-Anlagen der Insel gesehen.
Und man hat dabei nichts, absolut nichts von der Festung 1908-18 erblickt.

...gut, man ist nach der Ankunft mit der Inselbahn gefahren Wangerooger Inselbahn – Wikipedia und die hatte in der wilhelminischen Festungszeit einige Erweiterungen erhalten.

Zurück zur Festung Wangerooge - oder besser Place de Wilhelmshaven: einer sehr weitläufigen Festungszone, zu welcher die Inseln Langeoog, Spiekeroog, Wangerooge (als Hauptinsel) und Oldoog (heute Minsener Oog) zählten. Hier ein Übersichtsplan:
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(rot und gelb markiert die Festungsanlagen, allerdings nur von Wilhelmshaven und Wangerooge - und Pardon, dass das so unscharf ist: ich musste es radikal verkleinern, um es hier hochladen zu dürfen...)

Wangerooge als Festung letzter Ausbaustand 1918:

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Ganz offensichtlich wurden Ende der 30er Jahre die vorhandenen Festungsstrukturen (Bahnlinien, Batteriestellungen aus armiertem Beton mit allen zusätzlichen Militärbauten wie Munitions-, Mannschafts-, Beobachtungs-, MG-, Scheinwerfer-, Kommandostandbunkern und sonstigen Bunkern) übernommen. Sicherlich verstärkt und mit zusätzlichen Bauten (Schartenstände) versehen: die typischen Dellen in Betonfassaden zur Tarnung (Batterie Jade-Ost) wie im Wikipedia Artikel. Das lag, wie auch bei Borkum, daran, dass Wangerooge ja der gesamte Festungsbereich Wilhelmshaven, nicht entfesttigt werden musste. Die Forts, Zwischenwerke, Batterien um Wilhelmshaven wurden weiter genutzt, teils weiter ausgebaut im "Atlantikwall" (Batterie Schillig ist gut dokumentiert). Und wie oben nachschaubar Wangerooge auch.

Dass sich auf Wangerooge nicht so viel Fortifikationen wie auf Borkum befinden können, liegt daran, dass Borkum einfach viel größer ist.

Nachfolgend noch ein paar Pläne/Zeichnungen, sie zeigen exemplarisch, was für "Bunker" in der späten Kaiserzeit auf Wangerooge errichtet worden waren:
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die Pläne (und sehr viele mehr!!!) finden sich im Dossier Recensement Place de Wilhelmshaven (1927), darin enthalten Place de Wangeroog (sic) zum freien Download im UN Archiv Geneva
 
Noch ein Nachtrag zu den Wangerooge Plänen
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Die "Batterie Langeoog" befindet (besser: befand) sich auf der Insel Langeoog, siehe L wie Langeoog Faden.
 
@MichaG schönen Dank für den Hinweis. Die Seite "Festungswerke Cuxhaven" kenne ich. Dort finden sich keine anderen oder weiteren Quellen und Literatur über den Festungsbau bis 1918 auf den deutschen Nordseeinseln, als die mir schon bekannten.
Die wichtigste und vollständigste Quelle sind die zahlreichen Dossiers der interalliierten Militärkommission 1918-27, die im UN Archiv Genf gelagert sind und die man frei downloaden kann.
 
Moin, war klar, in dem "Forum der Wehrmacht " findest Du weitere Hinweise, ebenso in dem Forum "Geschichtsspuren", aber alle diese Links sind dir sicher bereits bekannt.

Ich habe einen sehr persönlichen Bezug zu der Insel "Juist", aber ob ich von dort noch eine Antwort erhalte, man wird sehen....
Ich gehe davon aus, das die Menschen nicht mehr über all das sprechen wollen, sehr verständlich, das meiste ist vergessen, und es ist gut so.

Micha
 
@hatl
Die erste Zeichnung zeigt den Plan der Batterie entlang der Bahnlinie mit ihren 4 betonierten offenen Geschützstellungen (Ringbettungen) und den dazu gehörenden "Bunkern"
Der zweite und dritte zeigen Grundriss und Querschnitt eines sehr massiven (Stahlbeton)"Bunkers", laut Beschriftung das Haupt(munitions)Magazin der Batterie.

Genaueres und noch viel mehr findet sich im Dossier Recensement Place de Wilhelmshaven.
 
Nebenbei, weißt Du, ab wann in Deutschland Stahlbeton für militärische Zwecke verbaut wurde? Ich meine mich zu erinnern, gelesen zu haben, dass die öffentliche Hand bei Projekten wie dem Reichtagsgebäude und bei verschiedenen Brücken sich zunächst weit weniger begeistert von der neuen Technologie zeigte als Architekten und die freie Wirtschaft.
 
@muck erste große Monierbetonwerke in D Ende 19.Jh. (man verwendete die Begriffe "Eisenbeton", "armierter Beton" und "Monierbeton"), wobei seit ca 1850 schon mit armiertem Beton experimentiert wurde. Im Festungsbau wurde ab 1885 (Brisanzkrise) Beton nötig, wobei recht bald infolge von Beschussversuchen für gefährdete oder besonders relevante Anlagen (z.B. Munitionsdepots) armierter Beton üblich wurde; ungefähr ab 1890-1900 (es waren mittlerweile die industriellen Voraussetzungen vorhanden)
Der österreichische Festungsbau sparte am armiertem Beton, was sich bei einigen der Alpenforts als fatal erwies - im dt. Kaiserreich wurde mehr Eisenbeton eingesetzt. (Der Begriff "Stahlbeton" wurde erst in den 20er Jahren gebräuchlich)
Die franz. Dossiers vermerken auf den Nordseeinseln armierten Beton.
 
@hatl in #1 sind zwei Pläne der Insel Wangerooge, auf beiden sind die Militäranlagen farbig nummeriert.
Einen besseren Überblick über eine fest installierte Geschütz"Batterie" gibt es von der roten 2, also der "Batterie Friedrich August":
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(auch diesen Plan musste ich arg verkleinern: der Bildausschnitt auf dem
MacBook war 3,3MB groß, aber das musste auf 1MB bzw etwas drunter verkleinert werden, damit man es hier hochladen darf)
 
@hatl
Die erste Zeichnung zeigt den Plan der Batterie entlang der Bahnlinie mit ihren 4 betonierten offenen Geschützstellungen (Ringbettungen) und den dazu gehörenden "Bunkern"
Der zweite und dritte zeigen Grundriss und Querschnitt eines sehr massiven (Stahlbeton)"Bunkers", laut Beschriftung das Haupt(munitions)Magazin der Batterie.

Genaueres und noch viel mehr findet sich im Dossier Recensement Place de Wilhelmshaven.
nehmen wir mal mal diese Zeichnung: https://geschichtsforum.de/attachments/bildschirmfoto-2024-04-14-um-14-50-39-png.23055/

Im Bunker sind zwei Räume mit Raumhöhe 2,65 m. Eine kleine Barriere trennt die beiden. Nach außen eine Art Kanal oder Röhre.
Und draußen so etwas wie ein Teller. Ich versuch in das Gebäude Menschen rein zu malen und es gelingt mir nicht.
Auf dem Teller draußen steht ein Geschütz?

Die Zeichnungen sind augenscheinlich französischen Ursprungs. Sind das Skizzen des franz. Geheimdienstes?
 
Die Zeichnungen sind augenscheinlich französischen Ursprungs. Sind das Skizzen des franz. Geheimdienstes?
So weit ich das verstanden habe, sind das Skizzen einer französischen oder interalliierten Militärmission, die Deutschlands Festungsanlagen nach dem Krieg systematisch erkundete und erfasste.

Die deutschen Fortifikationen spielten ja durchaus im Hinblick auf den Versailler Vertrag eine Rolle, der in einigen Teilen Deutschlands Verbote von Neuanlangen oder Veränderungen (Ausbauten) festschrieb oder den Rückbau und das Schleifen bestehender Festungen verlangte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zeichnungen sind augenscheinlich französischen Ursprungs. Sind das Skizzen des franz. Geheimdienstes?
@hatl so ein wenig wundert mich deine Frage, da du doch die Quellen kennst (siehe https://www.geschichtsforum.de/thema/vorher-nachher.61975/post-890629 ;) ) und da ich mehrfach in den "Festungsfäden" auf diese hingewiesen habe.

Die im UN Archiv gelagerten Dossiers zu den Festungen des deutschen Reichs teilen sich in zwei Gruppen: Demantelement (Entfestigungen) und Recensement (Description der weiterhin erlaubten Befestigungen) Eine weitere Gruppe befasst sich mit Rüstungsindustrie (da kenne ich mich nicht aus). Das alles ist im Kontext der Umsetzung der Bestimmungen des Versailler Vertrags.

Bzgl der Entfestigungen (Rheingrenze, Kiel, Helgoland) wurden zusätzlich die Entfestigungsämter (z.B. Köln, Koblenz, Mainz) eingerichtet. Freilich mussten die "Siegermächte" sich einen Überblick über die Fortifikationen und deren Bewaffnung verschaffen. Das geschah in teils konfliktgeladener Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden und Militärbehörden (vereinfacht: die Seite der Entente wollte mehr entfestigen und alles genau wissen, die deutsche Seite wollte mehr erhalten und manches quasi geheim belassen)

Die Untersuchungen der Festungen benötigten einige Jahre von 1919 bis weit in die 20er, 1927 waren die abschließende Akten fertig gestellt - genau die lagern im UN Archiv.

Die Pläne der einzelnen Dossiers sind von den französischen Militärs der Commission interalliee / Souscommission Fortifications auf Grundlage von kaiserreichlichem Planmaterial und Untersuchungen/Vermessungen vor Ort hergestellt worden (die befohlene Zusammenarbeit der deutschen Militärs mit der Kommission war nicht ohne Konflikte, siehe Borkum-Fäden, siehe Entfestigung Mainz)


Im Bunker sind zwei Räume mit Raumhöhe 2,65 m
Schau dir zusätzlich zum Querschnitt auch den Plan darüber an. Der "Bunker" (Hauptmunitionsmagazin der Batterie Graf Spee) hatte drei Magazinräume, davor ein "Korridor" in welchen wie in eine Garage die Festungsbahn hineinfahren konnte (die Gleisanlage ist deutlich eingezeichnet) Auf dem Übersichtsplan der Batterie ist dieser "Bunker" nicht zu sehen, er befand sich ca 2-300m östlich der Batterie.
Ich hatte diesen exemplarisch rausgesucht, um die massive Stärke des Bauwerks zu zeigen: er hat eine enorme Stahlbetondecke.
 
Zu den "Bunkern" im Wangerooge Plan:
Man verwendete den Begriff Bunker noch nicht. Stattdessen hatten die "gesplitteten", im Gelände verteilten Befestigungsbauten ihre Namen bezogen auf ihre Funktion, z.B. Flankenstreiche (abri pour mitrailleuese), Infanterieraum etc

Eine gut erklärende Übersicht, was in Beton gebaut nach der Brisanzkrise üblich war, bietet ::Festungsstadt Cöln:: - www.koelner-festungsbauten.de (freilich könnten die Insel Festungen auf viele Verteidigungsanlagen verzichten auf Grund ihrer Recht sturmfreien Lage (Meer und Watt sind prima "Festungsgräben"))
 
@Shinigami
Germany (1927) - UN Archives Geneva

Sub-sub-series COL61/40 - Germany (1927) bis File COL70/49/2 - Germany betrifft die deutschen Festungen (Recensement und Demantelement), wenn du von dort hoch und runter scrollst, findest du auch die Unterlagen zur Rüstungsindustrie und zur genehmigten Artillerie im Zusammenhang mit der Realisierung der Vorgaben des Versailler Vertrags. Musst halt bissel rumsuchen...
 
Zuletzt bearbeitet:
@hatl so ein wenig wundert mich deine Frage, da du doch die Quellen kennst (siehe https://www.geschichtsforum.de/thema/vorher-nachher.61975/post-890629 ;) ) und da ich mehrfach in den "Festungsfäden" auf diese hingewiesen habe.
Stimmt. UN-Archiv. :)
Ich hab mir vorgestellt das seien technische Zeichnungen, die irgendwie den Sinn der Anlage darstellen. So wie man halt als Konstrukteur denkt.

Das Ziel der Bemühungen war die Dokumentation des Aufwands für die Entfernung der Befestigungen.
Eine entsandte Kommission erstellte diese Zeichnungen im Rahmen des Versailler Vertrags.
(Diese flossen in des Völkerbundes Archivbestand, welcher von den UN übernommen wurde.)

Stimmt das so?
 
...du stellst es summarisch in quasi verniedlichter Form dar :) bissel aufwändiger war das ganze schon ;)
Die IMKK teilte sich in drei Unterkommissionen auf:

  • die Unterkommission für Munition, Bewaffnung und Material in Berlin. Diese kontrollierte die Ausführung der Artikel 164–172, 180, 195 §§ 1 und 196 §§ 2 und 3 des Vertrags. Die Leitung hatte ein britischer General inne.
  • die Unterkommission für Stärken, Rekrutierung und militärische Ausbildung in Berlin, geleitet von einem französischen General. Sie überwachte die Ausführung der Bestimmungen der Artikel 159–163 sowie 173–178.
  • die Unterkommission für Befestigungen, aufgeteilt in zwei Bereiche: Festungen, die erhalten bleiben sollten sowie jene, die entfestigt werden mussten. Erste saß ebenfalls in Berlin, letztere in Kiel bzw. Mainz. Sie überwachte die Ausführung der Artikel 180, 195 § 1 und 196 §§ 2 und 3.[3]
Von 1919 bis Anfang 1927 war die Unterkommission für Befestigungen tätig.

Ich hab mir vorgestellt das seien technische Zeichnungen, die irgendwie den Sinn der Anlage darstellen. So wie man halt als Konstrukteur denkt.
Sie stellen den Sinn der Anlagen dar, setzen dabei aber das militärische/fortifikatorische/artilleristische Fachwissen voraus (die Recensement Dossiers sind weder Touri-Guides noch Lehrbücher) ;)
Schaut man sich eines dieser Dossiers an, findet man eine akribische Aufstellung und militärische Deskription des Gesamtensembles und seiner sehr vielen einzelnen Bestandteile, dazu Übersichtspläne und Detailpläne (komplette Festung Wangerooge - einzelne Abschnitte (Batterien) - einzelne Bestandteile der jeweiligen Batterie (A-Räume, I-Räume, kurzum die verschiedenen "Bunker"), dazu komplette Festungs-/Militärbahn und Telefonleitungen (sic)
 
Recensement Place de Wilhelmshaven
Hab ich nicht gefunden.

Danke für den Hinweis auf die Eisenbahnschiene. Ich nehm an das ist in diesem Bild unten quer angedeutet. Es ist eine Draufsicht.
Die Eisenbahn versorgt drei Bunker mit Munitionsvorräten (im Bild von linker Seite) welche in diesen gestapelt werden.
Es krabbelt* ein Soldat, oder mehrere, in die Kammer (7,65m lang, 3,60 breit, 2,65 hoch) übernimmt die Munition die aus dem Wagon von anderen Soldaten entladen und herangeschleppt werden. Die Munition, ich würde vermuten größeren Kalibers, wird in der Kammer gestapelt.
(Im Deutschen "bunkert" man ja sprachlich, während der Ami weit optimistischer Vorrate türmt (stockpiling))
Fordern die Geschütze Munition an dann werden die Magazine nach dem LIFO-Prinzip geleert. (Last In First Out).
Und zwar in den Kanal nach unten links auf der Zeichnung, der wohl zum Geschütz führen muss.
Leider sind in den Schnittzeichnungen keine Schnittverläufe gekennzeichnet.

*geht vielleicht auch durch eine schmale Türe.
 
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