Ich habe mich im Forum schon zu anderer Zeit über einen beamteten Historiker aus Baden-Württemberg aufgeregt. Dieser hatte die Behauptung in einem landeseigenen Medium aufgestellt, das Zentrum hätte der KPD zur Macht verhelfen müssen und sei wegen der fehlenden Ausführung daher an Hitlers Aufstieg Schuld.
Also zunächst mal möchte ich doch für mich reklamieren, dass ich hier ausdrücklich davon geschrieben hatte das man der KPD ein Integrationsangebot hätte machen können.
Davon ihr die politische Macht auszuliefern und das politische System zu stürzen, war von meiner Seite nicht die Rede.
Solche Vorstellungen sind dann schön, weil niemand diese in der Realität verprobt hat. Was wären denn gewesen, wenn die demokratischen Parteien genau so sparsam geschaut hätten, wie in der Realität Franz von Papen nach seiner Erfahrung mit Hitler 1933? In Ergebnis hätte dann in Berlin Stalin und seine Schurken regiert. Dann wären wohl die Züge nach Sibirien wohl 12 Jahre früher gerollt.
Verzeihung, ich habe keine Vorstellungen geäußert, die darauf hinausliefen, dass man die KPD an die Macht hätte bringen sollen.
Ich habe bemerkt, dass man der KPD weit weniger Integrationsangebote gemacht hat, als der politischen Rechten und dass man relativ wenig Wert darauf gelegt hat zu versuchen diese so weit umzudrehen, zu spalten oder zu beeinflussen, dass sie sich irgendwie in das System zeitweilig hätte einbeziehen lassen.
Der DNVP hatte man dieses Angebot gemacht, ohne ihr dabei die politische Macht auszuliefern und sie hat es mindestens zeitweise angenommen. Hindenburg hatte versucht Hitler mit Regierungsbetiligung zu ködern, v. Schleicher hatte versucht durch Kooperation mit dem Strasser-Flügel die NSDAP zu spalten.
Analog hätte man durchaus auch mit der KPD verfahren können und zu versuchen mit ein paar symbolsichen Zugeständnissen, die das Demokratische System nicht gefährdeten (und das hätte eine andere Erinnerungspolitik oder eine potentielle Fürstenenteignung nicht getan), die moskau-skeptischen Kräfte in der partei ans Ruder zu bringen und ggf. eine Toleranz einer eigenen Regierung durch die KPD zu erreichen, womit jeder Versuch über präsidale Verordnungen und eingesetzte Kanzler ohne Rückendeckung im parlament zu regieren glatt verfassungswidrig gewesen wäre.
Mehr nicht.
Man hätte einen Kriegshelden aus dem I. Weltkrieg finden müssen, der im Schulterschluss mit den verbliebenden Parteien der Republik den Kampf gegen KPD und NSDAP aufgenommen hätte.
Wer hätte das sein sollen?
- Hindenburg war für einen konsequenten Kampf gegen die NSDAP nicht zu haben, außerdem zu alt um alles auf diese karte setzen zu können.
- Ludendorff war noch wesentlich näher am Gedankengut der Nazis drann und außerdem, da mittlerweile vollkommen in rechtsesoterischen Unfug verrant auch nicht mehr vorzeigbar.
- Moltke war bereits während des Krieges verstorben.
- Falkenhayn war nicht mehr am Leben.
- Seeckt allenfalls ein unsicherer Kantonist, der nie konsequent gegen rechts kämpfen würde, wie er als Chef des Truppenamtes bewiesen hatte.
- Lüttwitz ein Putschist
- Scheer 1928 verstorben
- Mackensen jemand dessen Verhältnniss zur NSDAP allenfalls indifferent war und von dem man einen konsequenten Kampf nicht erwarten konnte
etc.
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Wer hätte das sein sollen? Wolfram Pyta hat in seiner Hindenburg-Biographie hinsichtlich potentieller Nachfolger Hindenburgs ähnliche Gedankengänge geäußert und ist zu dem Schluss gekommen, dass die wahrscheinlich einzige Figur, die Hindenburg in seiner Rolle hätte ersetzen können, wahrscheinlich Admiral Scheer gewesen wäre, den man als "Sieger von Skagerak" ähnlich populär hätte verkaufen können, wie Hindenburg als den "Helden von Tannenberg" und "Retter Ostpreußens".
Aber Scheer war verstorben und offen gesagt, ob dass der Mann gewesen wäre, der konsequent gegen die Nazis gekämpft hätte, da würde ich auch ein fragezeichen drann machen.
Welcher populäre Kriegsheld hätte zur Verfügung gestanden, auf den man als Bollwerk der Demokratie gegen die NSDAP hätte bauen können?
Die meisten der höheren Offiziere kamen aus dem monarchischen Millieu und standenn der Republik mindestens genau so reserviert gegenüber wie den Nazis, ein guter Teil hatte sich durch Betieiliungen am Kapp-Lüttwitz oder am Hitlerputsch (mindestens durch wohlwollendes Igorieren) kompromittiert, außerdem sollte man die außenpolitische Wirkung nicht außer Acht lassen, immerhin galt fast die gesamte deutsche Generalität des Weltkrieges in Westeuropa als geächtete und gesuchte Kriegsverbrecher und in Deutschland auf solche Persönlichkeeiten und die Reichswehr gestützt eine Regierung auzubauen, die mehr oder weniger in Richtung Militärjunta gegangenn wäre, hätte in Paris (wo schon Hindenburg nur schwer verdaulich war) sämtliche Alarmglocken losgehen lassen und möglicherweise zu einer frazösischen Intervention geführt.
Die eigentliche Aufgabe hätte die Reichswehr zu stemmen gehabt. Denn der Kampf gegen die Straßenkämpfer von NSDAP und KPD wäre eine Herkulesaufgabe gewesen.
Wenn die Mannschaften der Reichswehr überhaupt bereit gewese wären gegen die NSDAP und ihre Organisationen vorzugehen.
Als Kapp-Lüttwitz putschten, ließ die Reichswehr sie gewähren, auch als Hitler putschte hielt die Reichswehr in Bayern weitgehend still, zumal Lossow mit machte und über Röhm die Reichswehr ohnehin mit der NSDAP dort zum Teil verbandelt war.
Notfalls hätte man geheim - bei einer drohenden Niederlage der Reichswehr - die Versailler Siegermächte (Frankreich und GB) zum Eingreifen auffordern müssen.
Die hätten einer Militärjunta der alten preußischen Militärs, die sie für den Weltkrieg verantwortlich machten, mit Sicherheit sehr viel skeptischer gegenüber gestanden, als jeder extremen, aber letztendlich zivilen politischen Bwegung in Deutschland, außer vielleicht den Kommunisten, aber die waren offensichtlich weit entfernt vor jeder realen Chance der Machtübernahme.
Falls es geklappt hätte, wären KPD und NSDAP verboten worden und dann hätte man die dringende Reform der Länder angehen müssen.
Die hätte man, wennn man gewollt hätte auch so verbieten können, ging 1923 ja auch und die politischen Terrorakte beider Seiten zu Beginn der 1930er Jahre hätten das sicherlich rechtgertigen können.
Allem voran die Zerschlagung von Preußen um mehr stabile Länder auf föderaler Ebenen zu haben.
Verzeihung, aber wo war Preußen denn besonders instabil? Die demokratische Regierung konnte sich hier doch verhältnismäßig lange halten, die politischen Problemregionen abseits des Besatzungsgebietes in der Weimarer Republik waren vor allem Bayern, wo man die Hand über die NSDAP hielt, Sachsen und Thüringen, wo man mindestens 1923 weiter auf die kommunisten zugegangen war, als man es vernünftiger Weise hätte tun dürfen.
Aber das waren regionalspezifische Ausprägungen, die sich mit einer Zerschlagung Preußens nicht hätten beheben lassen.
Sicherlich hätte man Preußen verkleinern können (Weststaat im Rheinland, wie das Adenauer vorschwebte, möglicherweise Ausgliederung Westfalens, Abtrennung Hannovers und der 1867 annektierten hessischen Gebiete), aber ich denke nicht dass das Probleme hervorgerufen hätte.
Nur wer wäre als Reichskanzler in Frage gekommen, der die demokratischen Parteien hinter sich versammelt und die Reichswehr überzeugt hätte? Mir fällt da niemand geeignetes ein.
Das wäre auch gar nicht möglich gewesen.
Die Reichswehr in die politischen Auseinandersetzungen mit hinein zu ziehen hätte, wenn sich diese darauf eingelassen hätte bedeutet die Organe des Staates einzusetzen um gewalttätig gegen die politische Parteien vorzugehen.
Die Mitglieder, Funktionäre und Wähler der demokratischenn Parteien hätten sich darüber möglicherweise gefreut, gleichzeitig aber auch die Frage stelle müssen, wohin das führt, wenn man derlei einreißen ließe und ob sie dann die nächsten wären und das auf eine Militärdiktatur hinausläuft.
Dafür hätten sie sich wahrscheinlich naturgemäß wenig erwärmen können.