Man kann dem allerdings auch entgegenhalten, dass es die erste und damals einzigste Demokratie war und es deshalb schwer ist, zu vergleichen. Aus formaler Sicht der Verfassung sind viele noch heute modern-demokratische Elemente wie die Gleichheit des Menschen und die Gewaltenteilung vorhanden.
Allerdings teile ich deine eher flapsige Verwendung von "Schönheitsfehler" oder "Geschichte erfolgreicher Kompromisse" überhaupt nicht. Und du musst aufpassen, dass du den Unabhängigkeitskrieg nicht mit dem Bürgerkrieg vertauscht!
Die Revolution selbst war 1776 beendet. Die alte Macht war gestürzt, die neue an der Macht und verabschiedete seine Verfassung. Der Prozess der Institutionalisierung der Revolution mündete schließlich in den Bürgerkrieg, als die Probleme der Sklaverei und wirtschaftliche Disparitäten zwischen Nord und Süd zu groß wurden.
Die Briten waren am Bürgerkrieg allerdings nicht beteiligt, weshalb auch hier keine Natives zuwandern können.
Den Indianern ist es bis heute nicht egal, dass der Verfassung ein "Schönheitsfehler" unterlief und sie nicht wirklich zum politischen System der USA gehörten! Und einen Genozid als "Schönheitsfehler" zu bezeichnen ist schon sehr vage.
Für mich sieht ein erfolgreicher Kompromiss so aus, dass beide Seiten damit Leben können und sich arrangieren. Erfolgreich ist es allerdings nicht, wenn dies in einen Bürgerkrieg mit mehr als einer Millionen Tote endet. Und viele Verfassungskompromisse waren hinsichtlich der Verfassungswirklichkeit nicht gerade fortschrittlich um sie als "erfolgreich" zu bezeichnen. Die Abwesenheit einer staatlichen Autorität auf dem Land förderte die Lynchjustiz - was uns als der "Wilde Westen" bekannt ist. Und diese "erfolgreiche Kompromisse", was auch viele Zugeständnisse des Nordens an den Süden waren, mündeten in den Bürgerkrieg.
Auch die These, dass ohne dem Dynamo der amerikanischen Revolution wir in der dunklen Höhle leben, halte ich für sehr gewagt. Die industrielle Revolution begann ja in Großbritannien und nicht in den USA. Die industrielle Revolution beförderte eine gesellschaftliche Entwicklung in Europa. Sicherlich waren viele Elemente der amerikanischen Verfassung Vorbild für die freiheitlichen Werte Frankreichs. Aber dass es zur französischen Revolution kam, war keine Erfindung der Amerikaner. Und für viele Europäer war es befremdlich, wie die USA mit den Sklaven umging.
Die
einzige Demokratie waren die USA nicht. Die Schweiz, die Generalstaaten der Niederlande wird man durchaus als Demokratien bezeichnen können, vielleicht auch die Republiken Genua und Venedig.
ich sprach von
einem Bürgerkrieg innerhalb des Unabhängigkeitskrieges zwischen Continentals und Loyalists. Die Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse war mitnichten 1776 abgeschlossen. Die Briten glaubten, dass die südlichen Kolonien am loyalsten zu England stünden, denn GB war der bedeutendste Absatzmarkt für Agrarprodukte wie Reis, Indigo, Tabak. Fehden wie sie Mark Twain in Huckleberry Finn zwischen den Clans der Grangerfords und der Shepherdsons ironisch beschreibt, waren im 18.und 19. Jhd. durchaus verbreitet, der tiefe Süden war sozusagen eine Art Heart of Darkness". Es war kein Zufall, dass Harriet Beecher Stowe die Plantage des fiesesten Sklavenhalters Simon Legree in Uncle Tom´s Cabin dort lokalisiert. ( Um ganz genau zu sein, liegt sie am Red River, und das Gebiet kam erst 1803 durch den Louisiana Purchase an die USA) Aber in Southcarolina herrschten ähnliche Verhältnisse. In dieses Hornissennest stachen die Briten und ihre hessischen Verbündeten im Feldzug von 1778/79 nach Carolina.
Die Sklaverei war nicht der Iniatialfunke für den Sezessionskrieg, aber ohne sie wäre es niemals dazu gekommen. In diesem Punkt hat die Kompromissfähigkeit versagt, das gebe ich zu. Aus humanitärer und abolitionistischer Sicht waren der Fugitive Slave Act und der Missourikompromiss sicher faule Kompromisse, da sie die Sklaverei zu zementieren schienen, und es kam vor, dass freie Schwarze, die niemals Sklaven gewesen waren, in den Nordstaaten von Sklavenjägern entführt wurden. Wer sich weigerte oder (vermeintlichen) Sklaven half, musste rechnen von US-Marshalls verhaftet und mit Geld-oder Gefängnisstrafen rechnen. Kompromisse, um die Union nicht zu zerbrechen, waren sie aber schon, und deren hatte es durchaus viele gegeben zwischen 1840-1861.
Wir sprechen aber nicht vom Sezessionskrieg und der Lage der USA von 1850-1861, sondern von den 13 Kolonien, die sich gerade erst zu einem Bundesstaat formiert hatten. Indianerkriege hatte es natürlich schon vor 1865 gegeben, und manche Stämme wie die Pequod waren ausgestorben. Es ist aber unsinnig, hier von Genozid durch die USA zu sprechen, die hatten gerade mit Mühe und Not den Franzosen und Indianerkrieg hinter sich gebracht, und in dessen Verlauf hatten die indianischen Verbündeten der Franzosen den Kolonien ganz schön eingeheizt. Die Briten hatten ihre liebe Not mit dem Pontiac Aufstand der späten 176oer Jahre. Auch war die Indianerpolitik der verschiedenen Kolonien sehr unterschiedlich. Pennsylvania und New Jersey konnten sich rühmen, keinen Vertrag mit Indian Nations gebrochen zu haben.
Und was die Sklaverei betrifft, wird sich die Empörung der Europäer in Grenzen gehalten haben. Dänemark, die Niederlande, Portugal, Frankreich und Großbritannien waren in den transatlantischen Sklavenhandel involviert. Selbst der Kurfürst von Brandenburg hatte eine Faktorei an der westafrikanischen Küste unterhalten, die er später an die Holländer verkaufte.
Auch muss man sich vor der Vorstellung in acht nehmen, die Zahl der schwarzen Sklaven zur Zeit der Amerikanischen Revolution so hoch einzuschätzen, wie am Vorabend des Sezessionskrieges. Der Tabak- und Reisboom des 17. und frühen 18. Jahrhunderts hatte die Böden in Virginia und den Carolinas ausgelaugt. Am Vorabend der Amerikanischen Revolution überwogen noch Indentured Servants, die ihre Arbeitskraft für einige Jahre anboten, um die Passage abzuarbeiten. Gründungsväter wie Thomas Jefferson hofften, dass sich die Sklaverei in 1-2 Generationen von selbst erledigen würde.
Den größten Boom erlebte sie erst nach der Revolution, als die USA ihr Territorium mehr als verdoppelten durch den Louisiana Purchase. Obwohl Louisiana eigentlich weniger für den Anbau vonZuckerrohr geeignet ist, gelang es Zuckerkönigen ein großes Vermögen zu erwirtschaften. Der Siegeszug von "King Cotton" trat erst durch den Erwerb Louisianas, Alabamas, Arkansas und Missisisippis ein und durch die Erfindung der Cotton Gin, einer Baumwollentkernungsmaschine, die ein Yankee, Eli Whitney erfunden hatte. Dadurch konnte die Produktivität eines Sklaven um das 50% gesteigert werden. Die Profite der Pflanzer wurden in noch mehr Land und mehr Sklaven investiert.
Dass die Bewegung der Aufklärung von Amerika auf Europa ausstrahlte und nicht umgekehrt, habe ich keineswegs behauptet, aber ohne Frankreichs äußerst kostspielige Intervention in den Unabhängigkeitskrieg, wäre es nicht zu einer Finanzkrise Frankreichs, zur Einberufung der Generalstände seit mehr als 100 Jahren und auch nicht zur Französischen Revolution gekommen. Lafayette und Rochambeau haben im Unabhängigkeitskrieg gekämpft, und ihre Erfahrungen aus der Amerikanischen Revolution eingebracht.