Ich gebe zu, ich habe wohl große Sprünge gemacht.
Und setzt diese Herumspringerei fort.
Natürlich weiß ich, dass alle diese Dinge, in einem gewissen Zusammenhang stehen. Aber! Kann man wirklich behaupten und das tun ja manche Historiker, dass die USA seit der Verkündung der Monroe-Doktrin, eine Art von Kolonialismus gegenüber ihren Nachbarn betreiben? Ich persönlich kann mich dieser Meinung nicht anschließen.
Welche Historiker tun das konkret?
Die USA, waren zu Anfang des 19. Jhd. noch ein blutjunges Land, das noch mit seinem eigenen Aufbau beschäftigt war! Wie hätte da eine aktive Einmischung wohl aussehen sollen? Den USA fehlten hierfür fast jegliche Mittel. Die Aufstellung eines stehenden Heeres und eine Flotte waren alles andere als unumstritten. Wobei die Marine, durch die Zwischenfälle mit den nordafrikanischen Piraten, noch eher akzeptiert wurde. Weil man sich durch deren Ausschaltung, von einer Erpressung frei machen konnte.
Die weltpolitische Situation war 1820 eine andere als 1945. Die Rede zur Lage der Nation vom Dezember 1821 beanspruchte nicht die Souveränität der USA über den Rest des Kontinents. Alaska gehörte damals noch zum Zarenreich, Kanada hat bis heute den britischen König (ungewöhnlich zu schreiben, ich wollte zunächst Königin schreiben) als offizielles Staatsoberhaupt, in Mexiko waren die Dinge noch unklar, ob die Spanier die Kontrolle behalten würden oder nicht. Die Unabhängigkeit der hispanoamerikanischen Staaten vom „Mutterland“ war noch nicht gegeben (Kuba blieb bis 1898 spanische Kolonie), viele hatten sich erst im Rahmen einer Neuordnung im Zuge der napoleonischen Besetzung Spaniens (1808 - 1814) unabhängig gemacht (seit 1812) bzw. steckten - siehe Mexiko - noch im Abnabelungsprozess. Das restaurative Spanien hatte zwischen 1815 und 1820 versucht, die Rechte, die die Verfassung von 1812 den Bürgern geboten hatte (dazu gehörte auch dies Gleichberechtigung von Spaniern und Lateinamerikanern auch über die alten
castas hinaus (das wir in Indien von
Kastenwesen sprechen, liegt daran, dass Portugal zeitweise in Indien Kolonien hatte)), wieder zurückzunehmen und schickte kontinuierlich Soldaten nach Lateinamerika (darunter auch Agustín de Iturbide, der sich kurzzeitig zum Kaiser von Mexiko aufschwang) und Santa Ana, der später - remember the Alamo - in Konflikt mit den USA geriet.
Das dies 1820 aussetzte lag nicht etwa an einem Umdenken Ferdinands, sondern an einem Aufstand von Soldaten, die nicht einsahen, in Hispanoamerika für eine ungerechte Sache weiter verheizt zu werden. Sie setzen die Verfassung von 1812 wieder ein und zwangen Ferdinand sich an diese zu halten. In dieser Situation also versuchte der amerikanisches Präsident die Welt in eine amerikanische und eine europäische Interessenssphäre zu teilen. So wie Europa nicht nur Großbritannien und Spanien waren, so war auch Amerika nicht bloß die USA. Ergo lag im Ursprung der Monroe Doctrine auch nicht der Gedanke, Hegemonialmacht des Doppelkontinents zu sein, sondern die Zurückweisung europäischer Kolonialbestrebungen.
Dass sich die Vorstellungen mit dem Machtzuwachs der USA weiterentwickelten und bereits kurz nach dem amerikanischen Bürgerkrieg die USA sich in die Beziehungen zwischen lateinamerikanischen und europäischen Staaten einmischten, liegt zunächst einmal nicht an Monroe und seiner Rede vom Dezember 1821, auch wenn die USA dies mit der Monroe Doctrine rechtfertigten und wir das dementsprechend unter das Lemma Monroe Doctrine einordnen. Aber da sind wir bereits mehr als ein halbes Jahrhundert weiter.
Monroe Doctrine 1821: Europäer haben sich nicht in amerikanische Angekegenheiten einzumischen.
Monroe Doctrine 1891: Die USA sind eine Art Hegemonialmacht über den Doppelkontinent.