Das trifft ziemlich genau die Vorstellung, die in meinem Hirn vom Moment der Erfindung der Schrift herumspukt. (Ich muss anmerken, dass ich schon zu Schulzeiten wegen meiner Vorliebe, geschichtliche Ereignisse auf profane Ursachen und insbesondere große Taten von historischen Persönlichkeiten auf ebenso profane Beweggründe zurückzuführen, bei meinen Geschichtslehrern ein eher durchwachsenes Ansehen hatte
feif:)
Der Disput drehte sich, denke ich, hier auch eher um ein ganz unscheinbares Detail:
Dass Schrift erfunden wurde, um Informationen zu archivieren, ist wohl Konsens. (zu was auch sonst?)
Dass sie sicherlich schon bald adaptiert wurde, um zu lehren, wenngleich auch lange Zeit nur innerhalb einer Bevölkerungsschicht, die sich durch die Fähigkeit, diese Schrift zu lesen, als eine Elite auszeichnete, ist wohl ebenfalls anzunehmen.
Dass die durch die Schrift erworbene Fähigkeit, komplexes Wissen zu tradieren, der Menscheit generell zum Wohle nutzte, ist sicherlich auch unstrittig.
Strittig bleibt eben nur, ob der Erfinder der Schrift dieses Allgemeinwohl auch im Sinn hatte, als er die Zeichen erfand.
Das ist schlichtweg weder zu bejahen noch zu verneinen, dazu müssten wir ihn fragen, was aus biologischen Gründen nicht mehr möglich ist.
Um nun diese unbeantwortbare Frage wenigstens einigermaßen diskussionsfähig zu machen, wurden an der ursprünglichen Frage bereits Änderungen vorgenommen:
1.
Es ist nicht mehr vom Wohle "aller", sondern nur noch vom Wohle "vieler" die Rede.
2.
Die Definition von "Wissen" wurde, mehr oder weniger stillschweigend, bereits auf "Wissen" im weiteren Sinne von "bewusst archivierten Informationen" erweitert. Das ist bedeutsamer als es klingt, denn dadurch fallen auch weniger lehrwürdige Informationen darunter, deren Kenntnis für die Nachwelt nicht von solch großer Bedeutung ist, wie wir das mit dem "Menschheitswissen" sonst gerne in Verbindung bringen.
Aus der Frage wurde also so etwas wie
"Ab wann hat der Mensch die Archivierung von Informationen [durch das Medium Schrift] als Vorteil für mehr Menschen als nur sein individuelles, persönliches Umfeld begriffen?"
Damit ist die Frage zwar meines Erachtens immer noch nicht wirklich beantwortbar, aber zumidnest kann man jetzt vernünftig spekulieren.
Bisweilen gab es im Laufe der Diskussion Tendenzen, den Vorteil noch weiter einzuschränken, auf den Schreiber und den/die dedizierten Empfänger selbst, also mehr oder weniger zwei+ Personen.
Damit würde aus der Frage jedoch ein
"Ab wann hat der einzelne Mensch die Archivierung von Informationen [durch das Medium der Schrift] als Vorteil für sich selbst begriffen?"
Das wäre aber sinnlos, denn nun ist die Frage nicht mehr diksutierbar, sondern ganz klar mit "sofort, sonst hätte er die Schrift ja nicht erfunden" zu benatworten.
Genauso halte ich die Erweiterung des Begriffes "Schrift" für unangebracht im Sinne der Eingangsfrage, denn diese würde dann zu
"Ab wann hat der einzelne Mensch die Archivierung von Informationen als Vorteil für sich selbst begriffen?"
und damit noch banaler. Die Antwort wäre automatisch auch hier wieder: "sobald er auf die Idee kam, das zu tun.", also mit dem allerersten Zeichen, das je irgendwo gemacht wurde.
Die Diskussion hat sich wohl nicht zuletzt daher etwas in die Richtung verlagert:
"Wo könnte man denn eigentlich die Grenze zwischen dem Machen von Zeichen und der Erfindung einer "Schrift" sehen?"
Nun, ich bin weder Sprachforscher noch Historiker, aber ich würde sagen ungefähr da, wo Zeichen gezielt abstrahiert wurden.
Das Ritzen von Kerben in einen Knochen, um zu zeigen, wieviele Mammuts man gesehen hat, zähle ich nicht als Geburtsstunde der Schrift. Noch nicht mal als Vorläufer.
Das Malen von Bisons an Höhlenwände ebenfalls nicht.
In dem Moment, wo man, sagen wir, den Begriff "Liebe" mit einem gemalten Herzen ausdrückte, wird es interessant.