Acemoglu und Robinson behandeln iW Ägypten als "Sonderfall", weisen für den Nahen und Mittleren Osten stets auf die Kombination osmanischen und europäischen Kolonialismus und den "Wettbewerb" derselbigen (bis 1914) hin, die die Entwicklung von "Institutionen" (iS ihrer "institutional growth"-Hypothese) beeinträchtigt haben
Ich hab es jetzt noch mal nachgeschlagen. Acemoglu/Robinson behandeln das Osmanische Reich nur am Rande, wie oben schon gesagt, aber immerhin.
Auf die Schnelle:
- das Osmanische Reich nahm im Nahen Osten die Rolle des Kolonialisten ein
- die Strukturen des OR wurden auf die Kolonien übertragen
- diese Strukturen waren "extraktiv"
- konkret: kein Privateigentum an Grund und Boden, Steuersystem in der Hand von Pächtern, in Folge immense Steuerraten, keine funktionierende Polizeigewalt und damit verbunden Bandenunwesen (ruhig als OK vorstellen)
, Handel unter staatlicher Kontrolle, keine Basis für Unternehmertum im westlichen Sinne
Nach Acemoglu/Robinson ist das OS ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Staat nicht funktionieren kann
Dazu kam die Unterdrückung von Innovation
- der Druckerpresse
- der Innovationen der industriellen Revolution wie Dampfmaschinen, Maschinen überhaupt
Kurz: Acemoglu/Robinson behaupten, dass absolutistische Herrscher durch die Unterdrückung von Innovation ihre Herrschaft mittelfristig gegen den Zeitgeist stabilisieren können und das auch tun. Aber mit langfristig katastrophalen Folgen. Das Osmanische Reich war dafür ein Musterbeispiel.
Die Strukturen des OS haben sich auch tief in die Gene der Nachfolgestaaten eingegraben. Von Arabien bis zum Balkan. Und natürlich auch in die Gene der Randstaaten wie z.B. Marokko oder Tunesien.
So gesehen, kann man die Misere der arabischen Welt auch auf das Osmanische Reich zurückführen.
Oben wurde angeführt, dass die weltwirtschaftliche Entwicklung an der arabischen Welt vorbei ging. Stimmt natürlich, Drift vom Mittelmeerraum Richtung Atlantik belegt ja auch Ian Morris in "Wer regiert die Welt?".
Aber der Suezkanal ist ein Beleg dafür, dass Institutionen gegen Geografie ankämpfen können. Die staatlichen und Finanzinstitutionen (Banken, Kapitalgesellschaften) hat das Osmanische Reich aber aus o.a. Gründen nie entwickelt. Und den arabischen Nachfolgestaaten fehlten deswegen alle Voraussetzungen, mit den gut aufgestellten europäischen Staaten und Unternehmen mitzuhalten.
Mein persönliches Fazit: Acemoglu/Robinson liefern einen verwertbaren institutionellen Erklärungsansatz. Ober er allein ausreicht, die arabische Unfähigkeit zu erklären, muss weiter erörtert werden.
Ich hab mich vor allem aus Acemoglu/Robinson, Warum Nationen scheitern, Fischer 2013 158ff und 265ff bedient. Zu Ägypten find ich in meiner Ausgabe nichts