Dion
Aktives Mitglied
Habe mir diesen Faden, den ich bisher übersehen habe, nun durchgelesen:
Und Schwarzafrikaner wurden lange Jahre als Menschen betrachtet, die man versklaven durfte. Das ist die ganze Erklärung. Heute nennt man das rassistisch, klar.
Dieser Vergleich ist absurd, weil schwarzafrikanische Häuptlinge und Könige freiwillig beim Sklavenhandel mitgemacht haben.Ich bin der Meinung die "Kernaussage" dass "die Schwarzafrikaner am Sklavenhandel auch mitgemacht haben und daher eine Mitschuld am transatlantischen Sklavenhandel tragen, ist nicht nur äußerst zynisch und latent rassistisch, sondern genauso absurd und perfide, als würde man behaupten, dass "die Juden" mitschuldig an der Shoah sind, da nachgewiesenermaßen Judenräte gezwungen wurden, an der Organisation von Deportationen mitzuwirken.
Ja, Einschränkungen dieser Art zeigen, dass man schon immer zwischen „sklavenwürdigen“ und „sklavenunwürdigen“ Menschen unterschied: Also zwischen Menschen, die man versklaven durfte, und Menschen, die man das nicht antun durfte.Für uns heute mag das schockierend sein, doch galt Sklaverei bis weit ins Zeitalter der Aufklärung hinein fast weltweit als eine mehr oder weniger "normale" Institution.
Ironischerweise kann man dies gerade anhand der wenigen Einschränkungen nachvollziehen, denen die Sklaverei vorher unterworfen war. So verbot Genghis Khan den Mongolen die Versklavung von Mongolen, nicht aber von Angehörigen anderer Völker. Ähnliche Regelungen finden sich in Christentum, Islam und in vielen Kulturen. Sie zeigen, dass Sklaverei nicht als ein Grundübel galt, dem keiner unterworfen sein sollte.
Und Schwarzafrikaner wurden lange Jahre als Menschen betrachtet, die man versklaven durfte. Das ist die ganze Erklärung. Heute nennt man das rassistisch, klar.
Es ist wirklich ein Jammer, dass sich diesem Thema nur die Extremrechten widmen und es propagandistisch nutzen. Die Mehrheitsgesellschaft hat mangels eigener Forschung dem so gut wie nichts entgegenzusetzen; für sie verbleibt nur die Rolle der beleidigten Leberwurst, spricht sie weigert sich darüber zu sprechen oder bringt unsägliche Vergleiche wie oben Scorpio.Im heutigen gesellschaftlichen Klima wird es kaum noch möglich sein, die eigentlich unbestreitbare Mitwirkung von Teilen der afrikanischen Bevölkerung im Einzugsbereich europäischer Expansionsbestrebungen an der Versklavung von Afrikanern objektiv zu untersuchen. (Ein unterschätzter Gesichtspunkt: Diese Mitwirkung wurde natürlich v.a. von den lokalen Eliten geleistet bzw. gelenkt.)
Das liest sich schon anders, @Scorpio, als dein Beitrag vom 1. August 2021 oben. Aber das Problem bleibt, dass die Mehrheitsgesellschaft eben die moralischen Faktoren geltend macht – aus heutiger Sicht. Wie soll da ein ernsthafter Dialog stattfinden?Warum sollte die Beteiligung von Afrikanern wissenschaftlich nicht unterersucht werden können. Das tut man doch längst. Ich hätte auch kein Problem damit, hier im Forum darüber zu diskutieren, welche Rolle etwa die Ashanti im transatlantischen Handel spielten. Dann aber bitte auf Basis von historischen Quellen, dann interessieren mich vor allem soziale, wirtschaftliche und ethnologische Faktoren, weniger moralische.
Das ist wahr, aber gerade deswegen muss man sich des Themas annehmen, weil es man sonst den extremen Rechten überlässt.Die Frage nach der Schuld der Afrikaner am Sklavenhandel ist jedenfalls ein gefährlicher Topos, da er bereits als Vorwand zur Kolonisierung verwendet wurde oder auch zur Schuldumkehr.
Eben – es gab kein Unrechtsbewusstsein im heutigen Sinn. Deswegen darf man auch nicht mit der heutigen Moral kommen. Man kann Kriegsverbrechen von einst bedauern und meinetwegen auch klagen, dass die Menschheit so lange nicht in der Lage war, Unrecht als Unrecht zu erkennen. Aber Menschen zu verurteilen, die sich zu ihrer Zeit keiner Schuld bewusst waren, das geht zu weit. Sie waren Kinder ihrer Zeit wie wir Kinder unserer Zeit sind, und ob wir heute alles richtig machen, werden nicht wir, sondern unsere Nachkommen beurteilen anhand der Kriterien, die sicher auch wieder anders sein werden als sie heute sind.Es ging um die mittelalterliche Kriegsführung; ich behauptete, der Begriff des Kriegsverbrechens sei in dem Zusammenhang deplatziert. Es gab kein Unrechtsbewusstsein im Wortsinn.
Das ist ganz wichtig: Es gibt immer Menschen, die etwas sagen und vielleicht sogar laut rufen, was sich erst irgendwann später als richtig herausstellt. Aber ebenso gibt es Menschen, die etwas sagen und vielleicht sogar laut rufen, was sich aber später als falsch herausstellt. Erinnert werden aber ggf. nur jene, die schon vor Jahren, Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten richtig lagen, ohne dass sie zu ihrer Zeit so gewürdigt wurden wie heute.Hielten Philosophen, Kleriker, frühe Humanisten dagegen? Sicher. Aber ihre Meinung war nicht verbreitet, sonst hätte sie einen Wandel ausgelöst, wie er im Zuge der Aufklärung dann auch tatsächlich eintrat.
Auch dieser Aussage stimme ich zu.Nein, das ist kein tu quoque, kein Whataboutism. Ich versuchte – vielleicht auf unzulängliche Weise, aber doch immerhin –, jedes Werten an sich aus der Gleichung zu streichen. Denn ich sehe keinen Sinn darin, das Handeln historischer Personen an Maßstäben zu messen, die sie nicht kennen konnten.
Eben – Europäer erweiterten nur das Bestehende mit einer gewissen Professionalität, weil sie erkannten, dass da enorme Gewinne zu erwarten waren. Das war Kapitalismus pur, ohne dass man das als solches erkannte oder auch nur so benannte: Es waren gewaltige Investitionen nötig, aber als das lief, hat man das Vielfache dieser Investitionen wieder bekommen.Sklaverei gab es freilich schon vor Ankunft der Europäer in Afrika.
Ja, das meine ich auch.Ohne die Existenz einer innerafrikanischen Sklaverei hätte der transatlantische Sklavenhandel nicht funktioniert, ohne eine gewisse Organisation hätten die Europäer nicht ab Beginn des 17. Jahrhunderts solche große Zahlen Afrikaner verschiffen können.
Das Recht der Stärkeren ist auch heute nicht ausgestorben – nicht umsonst unterwerfen sich große Staaten wie China, Indien, die Vereinigten Staaten oder Russland nicht dem Internationalen Strafgerichtshof, das für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen zuständig ist.In der europäischen Diplomatiegeschichte gab es eine sogenannte Amity-Line, eine fiktive Linie zwischen den Meridian der Azoren und dem Wendekreis des Krebses.
(…)
Diese Rechtsauffassung führte dazu, dass die Kolonien und die außereuropäischen Gewässer im Zeitalter der Allianzen und Kabinettskriege eine gesonderte Zone blieben, in der die Regeln der europäischen Staatengemeinschaft gar nicht oder nur teilweise gültig waren, wo im Prinzip allein das Recht des Stärkeren anerkannt wurde.
Auch das ist wahr.Der Boom der Plantagenwirtschaft sorgte für enorme Nachfrage an billigen Arbeitskräften. Nach den Gesetzen der Marktwirtschaft wird es immer Kräfte geben, die dafür sorgen, dass eine Nachfrage auch durch ein entsprechendes Angebot befriedigt werden kann. Es wäre so gesehen eher verwunderlich, wenn es keine lokalen Eliten gegeben hätte, die mit den Europäern zusammenarbeiteten.
Ja, siehe die Verfluchung Hams in der Bibel: Er und seine Nachkommen sollten seinen Brüdern dienen. Jedenfalls wurde Hams Sohn Kanaan als Vorfahre der Schwarzen interpretiert und damit erschien die Andersbehandlung der Schwarzen als gerechtfertigt, weil quasi von Gott gewollt. Wir wissen, dass die Bibel für alles Mögliche herhalten muss, und das völlig zurecht, wenn man bedenkt, was da für Grausamkeiten drinstehen, allesamt von Gott angeordnet.Es war ungeheuer lukrativ, und mit der Lukrativität stieg die Versuchung, die Sklaverei als ehrwürdige Institution hinzustellen, sie rassistisch zu rechtfertigen.