Ob es letztes Jahr richtig von mir gewesen war den Begriff des "bagetellisierens" von dir
@dekumatland zu übernehmen, sei mal dahingestellt.
Verallgemeinerungen sind eigentlich nicht mein Part.
Tatsächlich habe ich damals aber einfach so behauptet, dass zwischen den Menschenopfern in Westafrika und der Sklaverei ein großer Zusammenhang besteht. Da bin ich mir aber jetzt gar nicht mehr so sicher. Ich habe wahrscheinlich unreflektiert Klischees wiedergegeben.
Sicherlich gab es in westafrikanischen Königreich Benin und auch in Dahomey eine Art Opferkult, die eng mit dem Herrscherkult verbunden war. Hierbei wurde mitunter auch hunderte Menschen geopfert. Bei diesen Menschenopfern handelte es sich aber nicht nur um Sklaven. Der Hintergrund ist komplizierter. Selbst wenn im Königreich Benin oder Dahomey hunderte Sklaven geopfert worden sein sollten, bleibt die Frage, ob das wirklich schlimmer war als das
Massaker auf der Zong oder die brutalen Bestrafungsmethoden in den amerikanischen Kolonien. Schaut man sich die Gemälde und Holzstiche von Sklavenbestrafungen in Amerika an, sieht das nicht weniger martialisch als ein Voodoo-Ritual aus. Das Abschlachten wird ja nicht dadurch besser, dass es nichts mit Voodoo zu tun hat.
Die Plantagensklaverei und die
chattel slavery, die in der Neuzeit unter europäischen Einfluss zuerst in auf verschiedenen Inseln vor der Küste Afrikas und später in Amerika entstanden ist, hat neue Maßstäbe an Grausamkeit gesetzt. Entscheidende Faktoren für die Entwicklung dieser besonderen Grausamkeit waren die Idee der absoluten Gewinnmaximierung und der Rassismus. Beides spielte in Afrika keine Rolle.
Es bestand schon früh der Konsens, dass der atlantische Sklavenhandel die größte Grausamkeit in dieser Wirtschafsform dargestellt hat. Was den Sklaven auf den amerikanischen Plantagen angetan wurde, galt es weniger grausam, als das, was ihnen auf den Schiffen angetan wurde. Der atlantische Sklavenhandel wurde deshalb zuerst verboten.
Im 19. Jahrhundert wurde behauptet, dass es sich bei den westafrikanischen Königreichen wie Benin und Dahomey um Despotien und reine Palastwirtschaften handelte und dass fast alle Bewohner des Landes Sklaven seien.
So einfach kann es aber nicht gewesen sein. Betrifft es Europa wird fein säuberlich zwischen den verschiedenen Formen der Unfreiheit unterschieden. In Europa gab es natürlich Leibeigene, Knecht, Hörige usw. In Afrika wollte man aber nur Sklaverei erkennen. Phänomene wie Militärsklaven oder hochrangige Sklaven und Konkubinen im Hofstaat afrikanischer Könige zeigen, dass ihre Rolle der Sklaven eine deutlich andere war als im kolonialen Amerika.
Teilweise wurde nach dem Ende atlantischen Sklavenhandels versucht in diesen Königreichen eine export-orientiere Plantagenökonomie mit Ölpalmen aufzubauen. Das war dann schon eher mit dem europäisch-amerikanischen System zu vergleichen.
Die Recherchen von Sigismund Köllle in Freetown zeigen, dass die Afrikaner in Westafrika durch Kriegsgefangenschaft, Kidnapping und Verurteilungen in die Sklaverei geraten sind. Sie wurden anders als in Amerika nicht Geburt zu Sklaven. Organisierte Sklavenzucht wie in den USA gab es daher auch nicht.
Der beste Grund für eine Bagatellisierung der westafrikanischen Sklaverei ist jedoch die Belanglosigkeit der Sklavenbefreiung im 19. Jahrhundert. Unter abolitionistischen Vorwand hatten europäische Großmächte den Kontinent unter sich aufgeteilt. Als Briten, Franzosen, Deutsche und Belgier ins Hinterland vordrangen, fanden sie jedoch nichts vor allem Menschen, die in Subsistenzwirtschaft lebten. Es wurde einen Hüttensteuer und Kopfsteuer eingeführt, um die Eroberung zu refinanzieren. Da die Ureinwohner kein Geld haben, wurde eine Arbeitspflicht eingeführt. Hierzu wurde die Prügelstrafe eingeführt. Die befreiten Afrikaner sollten gefälligst in Plantagen arbeiten und so
cash crops für Europa produzieren. Tolle Freiheit.