Da mein Post zum Treadthema wie die Faust aufs Auge passt, poste ich's mal hier, auch wenn der Threadersteller ein wenig anderes erfragte.
Drauf gekommen bin ich auch durch diesen Thread:
http://www.geschichtsforum.de/f231/...-geist-und-macht-18867/index2.html#post297141
Deshalb hier nun mal eine gute Erläuterung, wie die Araber so schnell expandieren konnten, ob sie die Religion des Islam mit "Feuer und Schwert" verbreiteten, und andere Themen.
Den vollständigen Text des Kapitels im Anhang. Hier nur einige Auszüge aus dem empfehlenswerten Buch:
Rainer Beck (Hrsg.): Streifzüge durch das Mittelalter - ein historisches Lesebuch. München 1991. (Beck’sche Reihe: 380) ISBN 3–406–33135–1
"Prof. Albrecht Noth
(Albrecht Noth, geb. 1937, war Professor für Islamwissenschaft und Arabistik am Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients an der Universität Hamburg.)
Die arabisch-islamische Expansion
(futuh = Eroberung/en)
Als charakteristisch für die arabisch-islamische Expan-
sion sind immer wieder ihre ungewöhnliche Schnellig-
keit ebenso wie ihre anscheinend unaufhaltsame Stetig-
keit hervorgehoben worden. Schon ein kurzer Blick auf
die – übrigens nicht immer ganz sichere – Chronologie
der wichtigsten Resultate muslimischer Eroberungstä-
tigkeit ist allerdings beeindruckend: ..."
"Es ist verständlich, daß man sich immer wieder um
Erklärungsmodelle für diese frappierend schnellen und
weiträumigen Eroberungs-Erfolge der Muslime im er-
sten islamischen Jahrhundert bemüht hat.
Diese Suche
nach den Ursachen
hat m. E. bisher vor allem
zweierlei
ergeben : Zum einen sind
alle Deutungsversuche wenig
überzeugend, die die Rolle des Islam als neue Lebens-
und (in weitestem Sinne) politische Ordnungsform da-
bei minimieren oder als Faktor gar ausklammern wol-
len, zum anderen wird man sich von eher monokausa-
len Erklärungen weg auf die Annahme und in vielem
noch zu leistende Erforschung einer – alles andere als
unkomplizierten –
Polykausalität hin zu bewegen ha-
ben. […]"
"Wenn wir die muslimische Seite der ersten futūh-Er-
folge betrachten, so erscheint zunächst als wesentlicher
Faktor die Tatsache, daß es […] offenbar gelang, tribale
Gruppen in den Randzonen für eine – zunächst wohl
nur als lokal und zeitlich begrenzt gedachte – Zusam-
menarbeit zu gewinnen, für gemeinsame Aktionen also,
deren Ziele nicht genau festgelegt waren, die aber den
miteinander Verbündeten aufgrund der wechselseitigen
Stärkung erfolgversprechend erschienen (und ja auch er-
folgreich waren) und bei denen muslimischerseits das
Bekenntnis der Partner zum Islam nicht unbedingt als
Voraussetzung für die Zusammenarbeit verlangt wur-
de. "
"... lassen bereits in den Anfängen eine Verhaltensweise der Eroberer er-
kennen, die außerordentlich weitreichende Konsequen-
zen haben sollte : ihre Bereitschaft (und Fähigkeit) zum
Kompromiß und Arrangement.
Eine muslimische Öku-
mene – so läßt sich hier schon generalisierend feststel-
len –
ist wesentlich durch Vereinbarungen und Verträge
zustandegekommen und nicht durch eine praktizierte
Missionskriegs-Mentalität."
"... In dieser Situation war es nun von höchster Bedeu-
tung, daß die allmählich vordringenden Muslime von
der eingesessenen Bevölkerung in den Provinzen der
Großreiche durchweg Unterwerfung, nicht aber Konver-
sion zum Islam verlangten ; zwar erging muslimischer-
seits in der Regel eine Aufforderung zur Islam-Annahme
(da‘wa), aber die Konsequenzen einer Ablehnung waren
nun eben nicht muslimische Versuche, einen Religions-
wechsel mit kriegerischen Mitteln zu erzwingen. ..."
"Es entwickelte sich die für die muslimischen Eroberungen
so typische und für ihren Erfolg so entscheidende Ver-
tragspraxis der Eroberer, der bei aller Verschiedenheit
der Abmachungen das einfache Schema zugrundelag :
Die Muslime erhalten Abgaben (eben : ğizya) –
ihre Ver-
tragspartner erhalten Schutz (dimma), dies bei wechsel-
seitiger Abhängigkeit der Konditionen. […]
Die Muslime auf der Basis derartiger Verträge, die
wohl fast durchweg schriftlich fixiert worden sind, als
neue Oberherren zu akzeptieren, fiel großen Teilen
der betroffenen Bevölkerung offensichtlich nicht allzu
schwer, ..."
"... Die ausgehandelten
Abgaben dürften des öfteren
niedriger als die
vordem abzuführenden Steuern gewesen sein; ..."
"
Wesentlicher aber war
die muslimische Schutzgarantie für die freie Religions-
ausübung, eine Garantie, an die sich die Eroberer fast
durchweg strikt hielten, auf Einschränkungen nur dort
insistierten, wo die praktische Ausübung des Fremdkul-
tus der eigenen Religionspraxis störend oder belästigend
in den Weg trat.
Religionsfreiheit hatte aus den eben ge-
nannten Gründen für viele der von der muslimischen
Eroberung betroffenen Untertanen der beiden zentrali-
stischen Großreiche bis dato nicht bestanden, der Herr-
schaftswechsel brachte somit in einem wesentlichen Be-
reich erhebliche Vorteile, ja
die muslimischen Eroberer
wurden mitunter regelrecht als Befreier begrüßt. […]
Die
muslimische Vertragsbereitschaft und Vertrags-
praxis, legitimiert durch prophetische Präzedenz und
göttliche Offenbarung, darf man al
s die entscheidende
Basis betrachten, auf der die futūh überhaupt erst mög-
lich wurden. […]"
"... »Ein Buddha-Tempel ist (ja schließlich) nichts anderes
als die Gotteshäuser der Christen und Juden und die
Feuer-Heiligtümer der Zoroastrier (magűs).« ..."
"... Auch erforder-
te gelegentlicher Vertragsbruch von seiten der unter-
worfenen Nicht-Muslime kriegerische Interventionen.
Doch es konnte eben auch sehr häufig auf den Einsatz
kriegerischer Mittel verzichtet werden, zumal nachdem
die überraschend günstigen Unterwerfungs-Konditio-
nen zunehmend mehr bekannt geworden waren und
sich die Tatsache herumgesprochen hatte, daß sich die
Muslime in der Regel an ihre Vereinbarungen hielten. ..."
Wie gesagt, weitere Ausführungen in dem Text im Anhang hier unten.
Cheers und LG lynxxx.