Biturigos
Aktives Mitglied
Ich habe mich jetzt entschlossen meine Thesen aus dem Thread "Wie weit sind die Kelten nach Norden vorgestoßen?" herauszunehmen und als eigenes Thema zur Diskussion freizugeben, da es eigentlich nicht nur um die Nordgrenze von Lateneeinfluss geht, sondern um eine Definition davon, welche Qualität Latene als Wirtschaftsmodell und Wirtschaftsraum hat.
Ich hoffe auf euer Interesse und eure Kritik.
Mir fällt auf, dass die Diskussion hier immer wieder auf die ethnische Dimension zurückkommt, um sich eine gesellschaftliche Veränderung, die wir in der Kontaktzone im Norden Mitteleuropas spätestens im 3.Jahrhundert BC feststellen, zu erklären - zuletzt die Diskussion der Nordwestblocktheorie.
Ich möchte, um die Diskussion anzuregen, vorschlagen die Latenisierung in einer ökonomischen Dimension zu diskutieren (bin kein Profi, falls wissenschaftlich nicht uptodate, dann sorry).
1.Voraussetzung von differenzierter Arbeitsteilung, Intensivierung des Austauschs und der Difersifikation der Waren ist eine landwirtschaftliche Überschussproduktion. Dies setzt eine funktionierende, gut organisierte Landwirtschaft voraus. Dies könnte ein Grund sein, dass es im Norden in einem Gebiet eine stärkere Latenisierung als in einem anderen Gebiet gegeben hat (in den Niederlanden z.B. in der Rhein/Meuse - Region, aber nicht in der Küstenregion).
2. In Latene setzt eine ausgehend von der neuen Technologie der Erzverhüttung und Eisenproduktion - über die Zwischenstadien Import / Experimentierphase / Herstellung als Luxusartikel für eine schmale Herrschaftsschicht zur protoindustriellen Überschussproduktion für einen breiten (überegionalen) Markt (angenommen 10 - 20 kg Eisen Bedarf pro Hof und Jahr) - eine gezielte, organisierte Bodenprospektion, Ausbau von Produktionsstätten, von Marktbeziehungen und Technologietransfers ein.
Dabei bestehen Subistenzwirtschaften und Eigenbedarfherstellung weiter.
Viele der neuen nördlichen Mittelgebirgs - Ansiedelungen mit Ringwall (Mittellatene 3.Jahrhundert BC) haben Bezüge zu Eisenerzvorkommen (Lahn - Dill, Siegerland, Minden /Wittekindsburg, Marsberg/ Eresburg, Battenberg / Ederbergland). Diese Stufe erreichte das Norddeutsche Tiefland erst in der römischen Eisenzeit.
3. Die Wirtschaftsregion Latene hatte eine Ausstrahlungskraft und Eigendynamik jenseits direkter politischer Herrschaft, und ließ regionale Märkte, kulturelle Eigenformen und lokale Kulturen bestehen, während gleichzeitig eine Normierung und Rationalisierung der Exportproduktion einsetzte, die sich an übergreifenden Marktbedürfnissen (z.B. nach Rohstoffen Metalle, Salz, Holz, Textilien, Geräte) und kulturellen, sozialen und politischen Bedürfnissen (Ess -und Trinksitten, Statussymbole, Moden, Waffen usw) orientierte.
4. Ein Teil der Anziehungskraft von Latene war der ökonomische Erfolg / Aufstiegchancen von Produktionsgemeinschaften, ein anderer die Vertiefung / Demokratisierung des Konsums und der Marktbeteiligung - ein Umbruch zur Hallstattkultur? Von der Produktion spezialisierter Handwerkerkünstler für Eliten zur "vorindustriellen" Produktion von Rasiermessern und Pinzetten für (fast) alle? und die technologische Überlegenheit der Produkte (Mühlen, Wagen, Metall)
5. Latene prägte eine erste mitteleuropäische Geldwirtschaft aus, analog zur Normierung / Rationalisierung vergleichbarer (messbarer) Produkte -
daher erste Gewichte, Masstäbe, Waagen, Münzgewichte.
6. Auch wenn die Durchsetzung im zentralen keltischen Raum begann, vielleicht war das Keltische im Mitteleuropa vergleichbar mit dem Koine - Griechisch im Mittelmeerraum die allgemeine Verkehrssprache in Mitteleuropa (Cäsar ist erstaunt, dass der Suebe Ariovist gallisch /keltisch versteht) - waren verschiedene ethnische Sprachgruppen daran beteiligt und involviert.
7. Dies heißt nicht, dass es nicht auch eine militärische / politische Expansion von politischen Gruppen zum Beispiel in den Norden gegeben hat - welche Rolle sie gespielt hat, bei nachweisbarer Bevölkerungs und Kulturkontinuität (Grabsitten, Hausbauweisen, Technische Traditionen), bleibt offen.
Ich hoffe auf euer Interesse und eure Kritik.
Mir fällt auf, dass die Diskussion hier immer wieder auf die ethnische Dimension zurückkommt, um sich eine gesellschaftliche Veränderung, die wir in der Kontaktzone im Norden Mitteleuropas spätestens im 3.Jahrhundert BC feststellen, zu erklären - zuletzt die Diskussion der Nordwestblocktheorie.
Ich möchte, um die Diskussion anzuregen, vorschlagen die Latenisierung in einer ökonomischen Dimension zu diskutieren (bin kein Profi, falls wissenschaftlich nicht uptodate, dann sorry).
1.Voraussetzung von differenzierter Arbeitsteilung, Intensivierung des Austauschs und der Difersifikation der Waren ist eine landwirtschaftliche Überschussproduktion. Dies setzt eine funktionierende, gut organisierte Landwirtschaft voraus. Dies könnte ein Grund sein, dass es im Norden in einem Gebiet eine stärkere Latenisierung als in einem anderen Gebiet gegeben hat (in den Niederlanden z.B. in der Rhein/Meuse - Region, aber nicht in der Küstenregion).
2. In Latene setzt eine ausgehend von der neuen Technologie der Erzverhüttung und Eisenproduktion - über die Zwischenstadien Import / Experimentierphase / Herstellung als Luxusartikel für eine schmale Herrschaftsschicht zur protoindustriellen Überschussproduktion für einen breiten (überegionalen) Markt (angenommen 10 - 20 kg Eisen Bedarf pro Hof und Jahr) - eine gezielte, organisierte Bodenprospektion, Ausbau von Produktionsstätten, von Marktbeziehungen und Technologietransfers ein.
Dabei bestehen Subistenzwirtschaften und Eigenbedarfherstellung weiter.
Viele der neuen nördlichen Mittelgebirgs - Ansiedelungen mit Ringwall (Mittellatene 3.Jahrhundert BC) haben Bezüge zu Eisenerzvorkommen (Lahn - Dill, Siegerland, Minden /Wittekindsburg, Marsberg/ Eresburg, Battenberg / Ederbergland). Diese Stufe erreichte das Norddeutsche Tiefland erst in der römischen Eisenzeit.
3. Die Wirtschaftsregion Latene hatte eine Ausstrahlungskraft und Eigendynamik jenseits direkter politischer Herrschaft, und ließ regionale Märkte, kulturelle Eigenformen und lokale Kulturen bestehen, während gleichzeitig eine Normierung und Rationalisierung der Exportproduktion einsetzte, die sich an übergreifenden Marktbedürfnissen (z.B. nach Rohstoffen Metalle, Salz, Holz, Textilien, Geräte) und kulturellen, sozialen und politischen Bedürfnissen (Ess -und Trinksitten, Statussymbole, Moden, Waffen usw) orientierte.
4. Ein Teil der Anziehungskraft von Latene war der ökonomische Erfolg / Aufstiegchancen von Produktionsgemeinschaften, ein anderer die Vertiefung / Demokratisierung des Konsums und der Marktbeteiligung - ein Umbruch zur Hallstattkultur? Von der Produktion spezialisierter Handwerkerkünstler für Eliten zur "vorindustriellen" Produktion von Rasiermessern und Pinzetten für (fast) alle? und die technologische Überlegenheit der Produkte (Mühlen, Wagen, Metall)
5. Latene prägte eine erste mitteleuropäische Geldwirtschaft aus, analog zur Normierung / Rationalisierung vergleichbarer (messbarer) Produkte -
daher erste Gewichte, Masstäbe, Waagen, Münzgewichte.
6. Auch wenn die Durchsetzung im zentralen keltischen Raum begann, vielleicht war das Keltische im Mitteleuropa vergleichbar mit dem Koine - Griechisch im Mittelmeerraum die allgemeine Verkehrssprache in Mitteleuropa (Cäsar ist erstaunt, dass der Suebe Ariovist gallisch /keltisch versteht) - waren verschiedene ethnische Sprachgruppen daran beteiligt und involviert.
7. Dies heißt nicht, dass es nicht auch eine militärische / politische Expansion von politischen Gruppen zum Beispiel in den Norden gegeben hat - welche Rolle sie gespielt hat, bei nachweisbarer Bevölkerungs und Kulturkontinuität (Grabsitten, Hausbauweisen, Technische Traditionen), bleibt offen.
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