Die Frage dabei lautet doch zunächst, wieviele Menschen 1941/42 noch versorgt werden mussten, wieviele davon "Leistungsträger" (SoldatIn, ArbeiterIn) waren, also einen direkten Beitrag zur Widerstandsfähigkeit der Sowjetunion leisten konnten, und wieviele davon aus eigener Kraft zu ernähren waren. Dann kann man die Liefermengen auch kontextualisieren.
Mein Ansatz ist ein anderer:
Wir haben ein Vorkriegsniveau der Nahrungsmittel, das zu 80-90% im Land konsumiert wurde (rd. 190 Mio. Menschen). Reserven wurden in vernachlässigbarem Umfang angelegt. Als Randbemerkung dazu der Hinweis, dass eine Gemengelage an Ursachen 8 Jahre zuvor Millionen Tote in russischen und ukrainischen Städten bewirkte (detailiert die Studie von Barbara Falk).
1. Die Bevölkerung in den unbesetzten Teilen beträgt rd. 60% (= 125 Mio.)
2. Der Bedarf an Nahrungsmittel - Index Vorkriegsniveau - beträgt damit 50% der jährlichen Vorkriegs-Nahrungsmittelproduktion.
3. Die wesentlichen Komponenten - Getreide, Gemüse, Fleisch, Kartoffeln, Eier, pflanzliche und tierische Fette - reduzieren sich dagegen auf nur noch 30 - 40% der Vorkriegs-Werte.
4. Damit besteht eine Nahrungsmittel-Lücke von 10/50 bzw. 20%, oder umgerechnet in Höhe des Ernährungsbedarfs für 25 Mio. Menschen, und das über 2 Jahre. Diese kann nur zum Teil aufgefangen werden, insbesondere von der Landbevölkerung, die in Teilen neben der Bewirtschaftung der Großflächen und Viehbetriebe auch die Selbstversorgung steigern kann (und das neben den Arbeitsleistungen in Grenzen darstellen kann). Die Stadtbevölkerung ist auf "Import" angewiesen. (die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sanken 1940-42 von 49,3 auf 24,3 Mio., in der Industrie von 13,8 auf 8,7 Mio., "Beschäftigte" insgesamt inkl. Militär 86,8 auf 54,7)
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auf die Kalorienzufuhr für fast 5 Mio. Menschen konnte nicht verzichtet werden. Man muss das nicht in Hungeropfer umrechnen, für die Relevanz reicht bereits der Hinweis auf ausreichende Ernährung zur Aufrechterhaltung der Kriegsproduktion.
Noch ein Beitrag zur Leistungsfähigkeit der sowjetischen Eisenbahn: Zwischen Juli und November 1941 wurden insgesamt 1.523 Industriewerke nach Osten abstransportiert. Das entsprach einem Gesamtaufkommen von 1,5 Millionen Eisenbahnwagen (vgl. DRZW 4, S. 733).
Wo fehlten die dann? Beim Abfahren der Ernte oder den Rohstoffen oder der Versorgung der nichtverlegten Industrie? Hier muß es einen Zusammenbruch 1941 gegeben haben, was zT den Rückgang bis 1942 erklärt.