Da ich finde, daß das ein immer wieder interessantes Thema ist, es sich hier aber zuletzt ganz schön verzettelt hat, möchte ich doch mal meine Gedanken dazu zusammenfassen.
Inkas und Polynesier:
Ich denke, hier kommt man mit etwas Logik schon weiter.
Aus der Sicht der Inkas: der Kontinent ist groß, Polynesien weit, also werden sie wohl allenfalls ausnahmsweise mal übers Meer gefahren sein. Paßt zu den oben erwähnten Berichten.
Anders herum, wenn die Polynesier die winzige Osterinsel gefunden haben, ist es äußerst wahrscheinlich, daß sie auch ab und zu doppelt so weit nach Osten gefahren sind - und dann konnten sie Amerika ja gar nicht verfehlen. Daß es dafür allenfalls mehrdeutige Indizien gibt, entspricht dem, was zu erwarten wäre angesichts der verschwindend kleinen Zahl der zu vermutenden Reisenden. Und das Argument mit den Kulturpflanzen spricht für sich. Die Polynesier dürften auch sowohl Fähigkeit wie Motivation zur Rückreise gehabt haben. Für regelmäßige Kontakte dagegen war die Entfernung wohl doch zu groß, weil sie es ja auch nicht nötig hatten.
Verschiedene Einwanderungswellen im pazifischen Norden:
Das ist sehr wahrscheinlich. Die Beringstraße ist dabei ein kleineres Hindernis als der weite Weg durch unwirtliche Gegenden bis dahin.
Zur atlantischen Seite:
"Verschwörungstheorie" ist ein exzessiv gebrauchtes Modewort geworden, als wenn jeder ernstzunehmende Mensch davon ausgehen müßte, daß alle anderen ihr Wissen jederzeit vollständig und wahrheitsgemäß weitergeben. Das ist natürlich genauso unsinnig, als wenn man alles mit Heimlichkeiten und systematischen Lügen erklären wollte.
Wenn alle paar Generationen mal jemand von Irland aus bis Amerika verschlagen wird und auch den Weg zurück findet, dürfte sich das so in der Überlieferung wiederspiegeln wie etwa Bredans Seereise. Man vergleiche Alexander und den mittelalterlichen Roman dazu.
Im Vergleich dazu war das mit den Wikingern und Vinland schon eine richtige ordentliche Entdeckung, zumindest der Nordostecke von Amerika, mit schriftlichen Aufzeichnungen und archäologischen Funden. Perfekt, besser kann man es sich kaum wünschen. Richtig wurde schon bemerkt, daß das im Mittelalter viele nicht weiter interessiert hat. Den Menschen war klar, daß sie die Welt nur teilweise kannten. Das Innere Afrikas z.B. wurde erst im 19.Jh. systematisch erforscht, obwohl man seit je her wußte, daß da noch Land ist, das sogar relativ leicht erreichbar war.
Der Waliser Medoc von 1170 wurde meines Wissens als politisch motivierte Lüge des 16. Jh. nachgewiesen. Immerhin, in England wollte man also sagen, wir sind schon längst da drüben gewesen.
Kolumbus soll vor seiner ersten Reise in Nordwesteuropa gewesen sein. Was immer er dort erfahren haben kann, erklärt schwerlich seine Reiseroute in Richtung Südwest.
Dagegen paßt die Reise von Pining, Pothorst und Corte-Real von 1473 sehr wohl zu den alten Nachrichten über Vinland etc. Freilich weiß man nicht, wie weit sie gekommen sind. Aber ohne Vorwissen anzunehmen, bliebe die Caboto-Fahrt von 1497 ein Rätsel, oder Zufall. Ganz logisch erscheint sie dagegen als Reaktion darauf, daß Kolumbus alle entdeckten Länder für Spanien in Beschlag nahm. Dann mußte man ältere verheimlichte Entdeckungen schleunigst "amtlich" machen. Fünf Jahre sind eine realistische Frist für so eine Aktion.
Bleibt noch der Aspekt, daß Kolumbus als Genuese in ganz analoger Konkurrenz zum Venetianer Caboto stand wie Spanien zu England. Und Genuesen wie Venezianern kann man schon einiges an Geschäftsgeheimnissen unterstellen. Vielleicht finden sich ja eines Tages noch irgendwelche alten Akten, wie auch zur Fahrt von 1473.
Fischer dagegen brauchten damals noch keine Buchführung. Historisch sicher ist, daß sie sehr bald nach der offiziellen Entdeckung sich angewöhnten, vor Neufundlund zu fischen. Die bekannten Indizien dafür, daß sie den Platz schon vorher kannten, scheinen mir plausibel. Immmerhin war die Navigation, ob für Basken oder Bretonen, auch Iren, recht einfach: auf dem offenen Meer brauchte man sich nur in Ost-West-Richtung zu halten.
(Überhaupt habe ich mich eines Tages gewundert, warum gerade die eine Insel Neufundland heißt, wenn doch offiziell die ganze Gegend neu gefunden wurde. Vielleicht meint man "von neuem gefunden", also wieder gefunden? - ok, dann kommt die Frage, warum heißt es nicht New Scotland sondern Nova Scotia? Sonst wurde dort doch nichts lateinisch benannt? Damit wären wir bei den Templern, und das würde zu lang für heute. Deshalb abschließend nur noch eine weitere Namensfrage: Warum Rhode Island = Insel Rhodos für eine englische Kolonie? Weiß dazu vielleicht jemand etwas? Außer daß Rhodos bis 1522 Hauptstützpunkt der Johanniter war und Rhode Island 1638 gegründet, aber schon 1524 entdeckt und <wahrscheinlich> benannt wurde?)