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Die Denazification/Entnazifizierung lag in den Händen von Spruchkammern, das waren Zusammensetzungen von Nichtbelasteten, Gewerkschaftern, Sozialdemokraten etc. welche darüber zu befinden hatten, inwieweit jemand in das Regime und seine Verbrechen involviert war. Daran hingen dann sowohl öffentliche Jobs, als auch Renten und dergleichen. Eine tatsächliche Denazification oder Entnazifizierung, also eine Umerziehung, um den Leuten den Nazi auszutreiben, war damit nicht verbunden, auch wenn das Wort ein wenig danach klingt.Die damalige "Entnazfizierung" durch die englische Militärregierung, das war wohl eher eine Art "Feigenblatt", nicht mehr.
Die Experten brauchst du nicht in Anführungszeichen zu setzen. Die Alliierten wollten vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Blockkonfrontation ihre Verantwortung für die deutsche Verwaltung zurückschrauben, das für die öffentliche Ordnung verantwortliche Besatzungsheer sollte verkleinert und schließlich aufgelöst werden; dazu musste man zwangsläufig auf Deutsche zurückgreifen, die auch vor der Kapitulation in der Exekutive tätig gewesen waren, denn es gab einfach nicht genug Exilanten, um einen Staat zu "machen".Man brauchte die lokalen und die regionalen "Experten" überall, in der Verwaltung, in der Organisation, und nicht zuletzt in der Polizei.
Was deuten die Anführungszeichen hier an? Der Begriff hat keine nationalsozialistische Konnotation. In vielen historischen deutschen Teilstaaten entstanden die ersten Polizeien aus der Gendarmerie. In Altbayern ist Gendarm bis heute ein spaßhafter Begriff für einen Polizisten."Gendarm", diese Bezeichnung wurde gerne weiterhin benutzt.
Wieso? In den unmittelbaren Nachkriegsjahren gab es in Deutschland eine organisierte Schwarzmarktkriminalität, die mitunter auch gewaltbereit war. Warum hätte die deutsche Polizei nicht bewaffnet sein sollen?Interessant auch, daß die wenigen Polizisten nach der deutschen Kapitulation wieder Faustfeuerwaffen tragen durften, und das sehr schnell.
Nichts für ungut, aber … Mich verwundert ein wenig das Pathos, das Du in praktisch jeden Deiner Beiträge mengst. Ich sehe auch nicht den Zusammenhang zwischen Deiner Schilderung der 1970er Jahre und dem letzten Satz. Woraus schließt Du, "wir" wollten "dahin" zurück?Aber Fakt war und ist, diese Täter lebten hier in Deutschland, Satt und zufrieden, und oft sehr erfolgreich
Alte Verbindungen spielten eine Rolle, die "Juden" nahm man aussenvor. Noch in meinen Kinderjahren war der "Joed" ein gebrauchlicher Begriff in unserer Familie..
Die erfolgreichen Juden wurden beneidet, man hängte ihnen fragliche Geschäfte an, noch in den 1970er Jahren.
Freundinnen aus jüdischen Familien waren "tabu", wie meine geliebte Freundin Christiane, die einen typisch jüdiischen Nachnamen hatte.
Ich werde den Nachnamen nicht nennen, da dieser Nachname heute schon ein Problem wäre.
Wo sind wir hier in Deutschland angekommen, was wird aus uns, mit unserer grauenhaften Vergangenheit, für die unsere Urgroßväter und Großväter veranantwortlich waren, wollen wir dahin zurück?
Micha
Guten Tag,
in einer Diskussion neulich im Bekanntenkreis über Eichmann kam die Frage auf, ob es im Nachkriegsdeutschland Rachemorde/-aktionen durch verfolgete Deutsche oder Juden (neben den Mossad-Aktionen) an Nazis gab? Gibt es da Infos zu irgendwo?
Die Organisation Nakam vergiftete Brot, das an ein Internierungslager, in dem SS-Leute einsaßen, geliefert wurde, das führte zu Krankheiten, aber zu keinem bekannten Toten.
In Greven (nördlich von Münster) im Kommunalarchiv gibt es die Ausgaben einer Zeitung, welche polnische DPs, Ex-Zwangsarbeiter, 1945/6 herausgaben (auf Polnisch, eben eine Zeitung von polnischen DPs für polnische DPs). Es heißt, dass die Polen Wachen organisierten, welche die Bauernhöfe rund um Greven vor Plünderungen durch andere DPs schützten.Vielleicht sollte man hier spontane Racheaktionen in der Nachkriegszeit durch befreite Zwangsarbeiter, von denen die meisten aus Osteuropa, insbesondere aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion, stammten, auch erwähnen. Ich hatte irgendwo gelesen, dass diese an ihren Peinigern in der Landwirtschaft Rache nahmen. Ob es dabei zu Toten kam oder es bei Plünderungen oder Mißhandlungen blieb, ist mir nicht bekannt. An einigen Bauernhöfen wurden dann in kyrillscher Schrift auf Russisch (?) durch die befreiten Zwangsarbeiter Hinweise angebracht, wenn es sich um jemanden handelte, der seine Zwangsarbeiter schikanierte. Aber auch Hinweise auf "gute Bauern" wurden angebracht. Quelle kann ich spontan nicht angeben. Das war nur aus der Erinnerung, was ich irgendwann gelesen habe.
Das "Unter den Teppich kehren", das war schon immer eine deutsche Spezialität.
Micha
@zeden
Heute gilt die braune Altlast der frühen republikanischen Jahre oft als spezifisches Phänomen der Bonner Republik und wird als Folge alter Seilschaften abgehandelt, was auch stimmt, aber eben nicht ausschließlich. Auch in der DDR wurde – aus denselben Sachzwängen – auf Personal mit NS-Vergangenheit zurückgegriffen.
Der Anteil der Nazis in der SED war kleiner als in den Parteien in der Bundesrepublik. Und auch der Anteil der Nazis an den Schalthebeln der Macht war in der DDR kleiner als in der Bundesrepublik. Davon wurde schon in diesem Forum geschrieben.Es mag sein, dass in der DDR ein größerer Verfolgungseifer vorhanden war, aber bei dem nicht gerade kleinen Anteil von Alt-Nazis, die in die SED eintraten und in der DDR Karriere machten, hatte die DDR wenig Anlass, auf die BR mit dem Finger zu zeigen.
Hast Du dazu Zahlen? Die SED war immerhin die erste Partei, die sich für Altnazis öffnete.Der Anteil der Nazis in der SED war kleiner als in den Parteien in der Bundesrepublik.
Der Anteil der Nazis in der SED war kleiner als in den Parteien in der Bundesrepublik. Und auch der Anteil der Nazis an den Schalthebeln der Macht war in der DDR kleiner als in der Bundesrepublik. Davon wurde schon in diesem Forum geschrieben.
Insofern konnte die DDR mir Recht auf die Zustände in der Bundesrepublik zeigen.
Ehre, wem die Ehre gebührt. (Röm 13,7)
Muss ich dich wirklich daran erinnern, dass es in der DDR kein 1951 verabschidetes 131er-Gesetz* wie in der Bundesrepublik gab, das auch den ehemaligen Nazis erlaubte, wieder als Beamte zu arbeiten?Die DDR hatte jedes Recht, die Zustände in der VRD zu kritisieren, es war aber diese Kritik verlogen, wenn von einer wirklichen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit überhaupt keine Rede sein konnte in der DDR.
Æh, wenn es ein vergleichbares Gesetz in der DDR nicht gab, müsste es demnach jedem* möglich gewesen sein, eingestellt zu werden, oder nicht?Muss ich dich wirklich daran erinnern, dass es in der DDR kein 1951 verabschidetes 131er-Gesetz* wie in der Bundesrepublik gab, das auch den ehemaligen Nazis erlaubte, wieder als Beamte zu arbeiten?
Dieses Gesetz war einer der Gründe, warum so viele ehemaligen Nazis die DDR Richtung Bundesrepublik verließen, als das noch möglich war.
* Zitat aus der Wikipedia: Das so genannte 131er-Gesetz besagte, dass alle öffentlich Bediensteten, die beim Entnazifizierungsverfahren nicht als Hauptschuldige (Kriegsverbrecher) oder Belastete (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer) eingestuft worden waren, wieder eingestellt werden durften.
Muss ich dich wirklich daran erinnern, dass es in der DDR kein 1951 verabschidetes 131er-Gesetz* wie in der Bundesrepublik gab, das auch den ehemaligen Nazis erlaubte, wieder als Beamte zu arbeiten?
Dieses Gesetz war einer der Gründe, warum so viele ehemaligen Nazis die DDR Richtung Bundesrepublik verließen, als das noch möglich war.
* Zitat aus der Wikipedia: Das so genannte 131er-Gesetz besagte, dass alle öffentlich Bediensteten, die beim Entnazifizierungsverfahren nicht als Hauptschuldige (Kriegsverbrecher) oder Belastete (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer) eingestuft worden waren, wieder eingestellt werden durften.
Ich zweifle die Regelung in der BRD nicht an, nur:Nein - Zitat aus dem oben verlinkten Wikipedia-Artikel:
Nach der Kapitulation von NS-Deutschland und dem Verbot der NSDAP, die nach Abschnitt XI Nr. 38 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20. September 1945 sowie im Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 für endgültig aufgelöst und als illegal erklärt worden war, war den Beamtenverhältnissen des nationalsozialistischen Staates die rechtliche Grundlage entzogen.
Das bedeutet, alle Beamten, die Beamte in NS-Deutschland waren, waren nun keine Beamten mehr. Das galt für ganz Deutschland, d.h. inklusive SBZ.
Das 131er Gesetz regelte nun exklusiv für die Bundesrepublik, wer wieder Beamter werden konnte. Aufgrund dieses Gesetzes konnten sogar SS- und Gestapoleute Polizeibeamte werden. Auch NS-Staatsanwälte und -Richter wurden wieder Staatsanwälte und Richter. Entsprechend urteilten sie in Streitfällen auch zu Gunsten ihrer ehemaligen Kameraden.
Das haben wir alles schon diskutiert, ich weiß nicht, warum an diesen Dingen nun gezweifelt wird.
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